Lost & Dark Places Berlin. Christine Volpert

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Lost & Dark Places Berlin - Christine Volpert

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Bier zu brauen. Auch wenn der Herstellungsprozess aufwendiger als bei obergärigem Bier war und Kühlkeller erforderlich waren, wurden diese vermeintlichen Mühen leicht durch die Vorteile der längeren Haltbarkeit und industriellen Herstellung aufgewogen. Die Nachfrage wuchs und Julius Bötzow produzierte bald mehr Lagerbier als die Konkurrenz.

      Eine Expansion war unausweichlich Mit dem nahe gelegenen Windmühlenberg, einem hügeligen Gelände vor den Toren Berlins, war schnell der ideale Ort für die neue Produktionsstätte gefunden. Hier gab es ausgezeichnetes Grundwasser und ausreichend Platz für die 4000 Quadratmeter großen Gewölbekeller, in denen das Bier kühlen und reifen sollte. 1884 wurde der Grundstein gelegt und bereits ein Jahr später mit der Bierherstellung begonnen.

      Größte Privatbrauerei Norddeutschlands Das Brauereigelände war weitläufig und beeindruckte mit neuester Technik wie Tiefbrunnen, Dampfmaschine und elektrischem Licht. Neben der technischen Ausstattung legte Julius Bötzow aber auch Wert auf ein ansehnliches Äußeres. Die gelb-roten Klinker und vielen Rundbogen verliehen der Brauerei ihr besonderes Antlitz. Der riesige Biergarten mit einem im Rokoko-Stil erbauten Orchesterpavillon bot 6000 Gästen Platz und wurde schon nach kurzer Zeit zu einem beliebten Ausflugsziel. Die Berliner strömten zum Windmühlenberg, der fortan nur noch Bötzow-Berg hieß. Am Ende des 19. Jahrhunderts gehörten Bierkutscher ebenso wie der Duft von Bierwürze zum Berliner Alltag. Die Stadt war mit ihren etwa 130 Brauereien zeitweise sogar der größte Bierproduzent Europas. In diesem Zusammenhang wurde Julius Bötzow 1886 eine besondere Ehre zuteil. Als erster Brauer im Deutschen Reich durfte er sich mit dem Titel »Hoflieferant Seiner Majestät des Königs von Preußen« schmücken. Diese Auszeichnung steigerte den Bekanntheitsgrad verdientermaßen zusätzlich. In den Folgejahren wurde die Brauerei immer wieder um- und ausgebaut, sodass sie zeitweise als größte Brauerei Norddeutschlands galt. Von besonderer Bedeutung waren für die Familie Bötzow aber nicht nur die Firmengebäude, sondern auch der Bau des eigenen Wohnhauses auf dem Areal der Brauerei. Wegen ihrer Größe und der prunkvollen Ausstattung erhielt die im Jahr 1900 fertiggestellte Villa den Namen »Schloss im Norden«. Ob dies der Work-Life-Balance des Schlossherren Julius Bötzow dienlich war, ist nicht überliefert, aber mit seinem Ableben kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs hinterließ er seiner Familie ein florierendes Unternehmen.

      Niedergang der Brauerei Auch wenn der Familienbetrieb technisch nach wie vor auf dem neuesten Stand war, konnte er in den Folgejahren nicht mehr mit den in Aktiengesellschaften (AG) umgewandelten Großbrauereien mithalten. 1927 wurde die Bötzow-Brauerei zwar selbst zur AG und unterstützte mit den Aktienerlösen zahlreiche kulturelle und soziale Projekte innerhalb Berlins, doch die goldenen Zeiten waren nun endgültig vorbei. Während des Zweiten Weltkriegs wurden Großteile des Brauereigeländes zerstört. Der Rokoko-Pavillon, das »Schloss im Norden« und einige Produktionsanlagen fielen den Kriegswirren zum Opfer. Auch wenn die Produktion 1948 wiederaufgenommen und ab 1949 als VEB Bötzow fortgeführt wurde, konnte das nicht die Stilllegung des Betriebs zum Ende desselben Jahres abwenden. Die Anlagen wurden 1950 demontiert und größtenteils von anderen Ostberliner Brauereien übernommen. Die Gebäude der ehemaligen Brauerei dienten nun vor allem als Lagerhallen für Fisch und Genussmittel.

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       Nicht alle Türen führen zum Ziel.

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       Immer gut zu wissen, wo der Notausgang ist.

      Pläne für eine Umgestaltung des Geländes Mit der Wiedervereinigung wuchs die Ungewissheit über die Zukunft des Geländes. Im Jahr 1990 stellte man das Bötzow-Areal unter Denkmalschutz und in den Folgejahren wechselte es mehrfach den Besitzer. Das Grundstück erfuhr verschiedene Zwischennutzungen, bis es Ende 2010 vom Unternehmer Hans Georg Näder erworben wurde. Zusammen mit dem Architekten David Chipperfield, der die Sanierung des Neuen Museums und den Bau der James-Simon-Galerie in Berlin verantwortete, möchte er das Areal für die zukünftige Nutzung umgestalten. Die ursprüngliche Bausubstanz mit ihren großen Freiflächen wird, so der Plan, weitestgehend erhalten bleiben und auch ein Biergarten soll hier wieder entstehen.

       Das besondere Erlebnis

      In der näheren Umgebung, also fußläufig, gelangen Sie zum Kollwitzplatz mit seinem Wochenmarkt, zahlreichen Cafés und Restaurants sowie den vielen kleinen, inhabergeführten Geschäften, die zum Bummeln einladen. Die etwas turbulentere Schönhauser Allee und der Alexanderplatz sind ebenfalls nicht weit entfernt. Sollten Sie es etwas ruhiger mögen, empfiehlt sich ein Spaziergang zum Volkspark Friedrichshain.

      2 Verblasste Strahlkraft

      Kernkraftwerk Rheinsberg

       Was passiert eigentlich mit stillgelegten Kernkraftwerken? In Rheinsberg, im Norden von Brandenburg, kann man sich dies zum Beispiel bei einer Führung ansehen.

      Rheinsberg, Landkreis Ostprignitz-Ruppin, Brandenburg Ort Am Nehmitz See 1, 16831 Rheinsberg GPS 53.1478055, 12.9882277 Anfahrt Mit dem Auto über die B167 bis Gransee, dann weiter auf der L222. In Stechlin links abbiegen auf die Roofenstraße. Dieser Straße folgen Sie ca. 4 km.

      Kraftwerk mit Aussicht Es ist idyllisch gelegen zwischen Großem Stechlinsee und Nehmitzsee, umgeben von Wald und Natur – das ehemalige Kernkraftwerk Rheinsberg. Man würde es vielleicht nicht vermuten, aber hier, hoch oben im Norden von Brandenburg, befindet sich das erste kommerziell genutzte Kernkraftwerk der ehemaligen DDR. Im Mai 1966 wurde es feierlich in Betrieb genommen, der Dauerbetrieb begann dann im Oktober 1966. Angedacht war zunächst eine Laufzeit von 20 Jahren. Nach aufwendigen Rekonstruktionsarbeiten konnte diese dann 1986 um weitere fünf Jahre verlängert werden. Die eigentliche Abschaltung sollte somit 1992 erfolgen. Nach 24 Jahren wurde es wegen anstehender umfangreicher Anpassungen im Zuge nunmehr geltender gesamt-deutscher Gesetzgebung (AtG) bereits 1990 geschlossen und abgewickelt.

      Eines der ersten Versuchs- und Forschungskraftwerke weltweit Hier kam auch der erste Kernreaktor, der von der Sowjetunion exportiert wurde, zum Einsatz. Neben der Stromerzeugung war dieses Kraftwerk auch eine wichtige Forschungs- und Ausbildungsstätte in der DDR. Getreu dem Motto »Vorwärts immer, rückwärts nimmer« wurden in dem VE Kombinat Kernkraftwerke Bruno Leuschner einst Atome gespalten, um die DDR mit Energie zu versorgen. Für die über 600 Mitarbeiter des Betriebs baute man in der Stadt Rheinsberg eine eigene Wohnsiedlung. Bis zum Zeitpunkt seiner Schließung leistete das Kraftwerk etwa 130.000 Betriebsstunden.

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       Die Schaltzentrale des Kernkraftwerks

      Demontage des Reaktors Viele Teile des Kraftwerks sind im Lauf der Jahre demontiert und zerlegt worden. Dies geht bei einem Gebäude dieses Typs jedoch selten problemlos vonstatten. Verschiedene Materialien erfordern unterschiedliche Herangehensweisen. Beton zerschneidet man mit diamantbeschichteten Sägen, Stahl wird mithilfe von Trennschleifern (sog. Flexen) zerlegt. Die Demontage des Reaktorbehälters war hierbei jedoch die eigentliche Mammutaufgabe. Um zunächst den Ausbau der Einbauten zu bewerkstelligen, wurden die Abklingbecken in der Reaktorhalle vollständig mit Wasser geflutet. Über einen Leitstand zwischen Reaktorhalle und Maschinenhaus konnte man dann mittels Kamera und Joystick die Ausbauarbeiten steuern. Für die eigentliche Zerlegung der Reaktoreinbauten unter Wasser wurden spezielle Sägen sowie ein Plasmaschneider verwendet. Die hohe Energiedichte des

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