Auf alten Kriegspfaden und -steigen durch die Dolomiten. Eugen E. Hüsler
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Obskure Hinterlassenschaft, ausgestellt in Reinhold Messners besuchenswertem »Museum in den Wolken« auf dem Monte Rite (Tour 2)
Standschützen und das AlpenkorpsDie besten Einheiten Österreichs standen fernab der Heimat an der Ostfront, wo sie im ersten Kriegsjahr bereits schwere Verluste erlitten hatten. Als letztes Aufgebot blieben in Tirol nur die Standschützen, deren Tradition bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht und die schon unter Andreas Hofer am Bergisel gegen die Franzosen gekämpft hatten. Überall im Land meldeten sich Freiwillige zur Verteidigung der Heimat. Die Jüngsten waren eigentlich noch Kinder, 15 Jahre alt vielleicht, der älteste Standschütze – über achtzig! – versah seinen Dienst an der Ortlerfront.
Diese bunt zusammengewürfelte Truppe – knapp 40 000 Mann – war militärisch kaum zu organisieren; es fehlte an fast allem, nur an einem nicht: dem unbedingten Willen, das Beste zu geben. Trotzdem hätten die Standschützen dem italienischen Ansturm kaum standhalten können, wären nicht bereits im Mai 1915 Einheiten des Deutschen Alpenkorps an der Dolomitenfront eingetroffen. Das deutsche Kaiserreich befand sich zwar offiziell noch nicht im Krieg mit Italien, doch schätzte man im Generalstab die Gefahr an der neuen Südfront als sehr hoch ein. Bayern – so war die Überlegung – ließ sich am besten in Tirol verteidigen.
Die Standschützen und die Angehörigen des Alpenkorps verstanden sich bestens, ergänzten sich auch: Ortskunde hier, Kriegserfahrung dort. Als die Deutschen im Herbst von regulären Einheiten des k. u. k. Heeres ersetzt wurden, war die Hochgebirgsfront weitgehend stabilisiert.
Dass es zu keinem Durchbruch kam, weder am Kreuzbergpass noch im Hochabtei, hatte aber noch eine andere Ursache: das zögerliche Vorgehen der Italiener. Richtig einsatzfähig war ihre Armee zwar erst ab Juni, doch vor allem überschätzte Cadorna die Feuerkraft der österreichischen Festungen ganz erheblich. Seine Strategie, die Panzerwerke zunächst einmal sturmreif zu schießen, schlug fehl. Am Hochplateau von Vézzena beispielsweise verbluteten im August 1915 über tausend »Fanti« (Infanteristen) bei einem schlecht geplanten Angriff.
Die zwölf IsonzoschlachtenLetztlich blieb die Gebirgsfront, die sich vom Ortler über rund 600 Kilometer bis zu den Karnischen und Julischen Alpen erstreckte, ein Nebenkriegsschauplatz. Die Front »versteinerte« bald, man grub sich buchstäblich ein. Und Cadorna suchte die Entscheidung ohnehin im Hinterland der Adria, am Isonzo (slow. Soča). Hier standen sich die feindlichen Armeen in zwölf Schlachten gegenüber, hier verbluteten Hunderttausende, ehe schließlich die k. u. k. Truppen – verstärkt durch deutsche Einheiten, die Giftgas einsetzten – den zahlenmäßig überlegenen, aber schwer demoralisierten Gegner vernichtend schlugen. Innerhalb weniger Tage wurde die Front vollständig aufgerollt, Cadorna musste sein Hauptquartier in Udine fluchtartig verlassen; 300 000 Italiener gingen in Gefangenschaft, Tausende warfen ihre Waffen einfach weg und desertierten.
Erinnern oder vergessen, bewahren oder verdrängen?
Bergheimat
»Neben unseren Soldaten sind die Andreas-Hofer-Gestalten der eigenartigen Formation der Standschützen bewundernswert in ihrem Ausharren bei schwerster Beschießung. Für die Anforderungen eines modernen Krieges bringen sie nur den persönlichen Mut und das Bewußtsein mit, unmittelbar den eigenen Heimatboden zu verteidigen.«
Ein deutscher Offizier in »Franz Kostners Leben für seine Dolomitenheimat«
Der weiße Tod An der Dolomitenfront kam es während des ersten Kriegsjahres punktuell immer wieder zu heftigen, teilweise auch verlustreichen Kämpfen, so am Monte Piana, dessen Nordkuppe (Monte Piano) deutsche und österreichische Truppen hielten, während sich die Alpini am Südgipfel verschanzt hatten, am Col di Lana, im Raum Kreuzbergpass und rund um das Travenanzestal. Ungewöhnlich früh eintretende heftige Schneefälle erstickten dann fast jede Kampftätigkeit im Hochgebirge. Ein neuer, ernst zu nehmender Gegner betrat die Kriegsbühne: der Winter. Auf beiden Seiten der Front war man nur unzureichend auf die alpinen Gefahren vorbereitet; der Nachschub stockte, Verbindungen wurden unterbrochen, Trägerkolonnen wurden verschüttet. Extrem schlimm war dann der Winter 1916/17, einer der schneereichsten seit Menschengedenken. Tausende von Soldaten verloren ihr Leben durch Lawinenabgänge; so fegten die Schneemassen an der Marmolada im Dezember 1916 ein Barackenlager einfach weg. Rund 300 Soldaten fanden dabei den Tod.
Der Erste Weltkrieg – eine Zeittafel
28. Juni 1914 Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich und seine Gattin werden in Sarajevo Opfer eines Attentats.
28. Juli 1914 Österreich-Ungarn erklärt Serbien den Krieg. Der Erste Weltkrieg beginnt.
5.–13. September 1914 Sieg der Franzosen in der ersten Marne-Schlacht
23. Mai 1915 Italien erklärt der Donaumonarchie den Krieg.
24. Mai 1915 Die Italiener beginnen mit der systematischen Beschießung der k. u. k. Festungswerke auf der Hochebene von Lavarone.
25. Mai 1915 Italienische Truppen marschieren in Cortina d’Ampezzo ein, nachdem sich die Österreicher auf eine weiter nördlich verlaufende Verteidigungslinie zurückgezogen haben.
23. Juni 1915 Erster Angriff der Italiener auf die k. u. k. Stellungen am Isonzo
7. Juni 1915 Die Österreicher besetzen die Nordkuppe des Monte Piana (Monte Piano), um einem möglichen italienischen Durchbruch ins nahe Pustertal zuvorzukommen.
15. Juni 1915 Erste italienische Angriffe auf den Col di Lana
18. Juni 1915 Der strategisch wichtige Hexenstein, den die Alpini kurz zuvor in ihren Besitz gebracht hatten, wird von den Österreichern zurückerobert.
10. November 1915 Cadorna startet die IV. Isonzo-Schlacht. 370 italienische Bataillone mit 1374 Geschützen stehen 155 österreichischen Bataillonen mit 626 Geschützen gegenüber.
16. April 1916 In einer kühnen Attacke vom Elfer herab erobern Alpini die Sentinellascharte.
17. April 1916 Die Italiener zünden am Col di Lana eine 5000-Kilogramm-Mine. Der Gipfel wird