Elternratgeber Impfen für Dummies. Daniel Tiefengraber
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Die Quarantäne vor oder nach einer Reise dauert heute zwar keine 40 Tage mehr wie im Mittelalter, ist aber noch immer mit unbequemen Einschränkungen und finanziellen Einbußen verbunden. Impfungen zur Vorbeugung von Krankheiten zahlen sich daher auch gesamtwirtschaftlich aus.
In Westeuropa zählten Infektionserkrankungen wie Durchfall, Lungenentzündung, die Pocken oder Diphtherie noch vor 100 Jahren zu den häufigsten Todesursachen im Kindesalter. Das hat sich seitdem zum Glück deutlich geändert. Medizinische Erkenntnisse und technische Neuentwicklungen haben dazu beigetragen, dass wir relativ unbesorgt leben können. Starb im Jahr 1870 noch einer von vier Säuglingen in Deutschland vor dem ersten Geburtstag, liegt dieser Wert heute bei einem von 300 Lebendgeborenen.
Was die genauen Ursachen zur Verbesserung der Gesundheit waren, ist nicht ganz leicht zu beantworten, denn viele Faktoren haben dazu beigetragen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt folgende Errungenschaften als wesentlich ein:
Sauberes Trinkwasser, Abfall- und Abwasserentsorgung: Insbesondere bei Durchfallerkrankungen und speziell Cholera, Typhus oder Ruhr haben sicherlich die verbesserte Wasserversorgung und die Lebensmittelsicherheit den Hauptteil der Todesfälle verhindert. Viele Erreger werden im Kot ausgeschieden und landen wegen schlechter beziehungsweise fehlender Abwasserentsorgung oder Händehygiene im Mund eines Mitmenschen. Das Szenario leuchtet ein: Wenn ein Cholerainfizierter seinen Durchfall direkt in die öffentliche Trinkwasserversorgung entlässt, verbreitet er den Erreger auf dem schnellsten Weg an alle Nachbarn, die dieses Wasser trinken. Und wenn infizierte Eltern mit ungewaschenen Händen ihr Kind versorgen, wird dieses womöglich auch an Cholera erkranken. Der Großteil der so übertragenen Krankheiten stellt in Europa heute kein Problem mehr da. Bei Reisen in Regionen mit schlechterer Infrastruktur und höherer Infektionsgefahr sind aber zusätzliche Schutzmaßnahmen wie nach Möglichkeit eine Impfung empfehlenswert.
Verbesserte Wohn- und Arbeitsverhältnisse: Das ist sehr offensichtlich – wenn Menschen mit Infekten sich aufgrund der beengten Lebens- oder Arbeitssituation gar nicht aus dem Weg gehen können, ist es fast unmöglich, Infektionsketten zu unterbrechen. Das wurde auch in der COVID-19-Pandemie sehr offensichtlich, bei der sich Leiharbeiter aus Osteuropa, die bei einigen Betrieben in beengten Wohncontainern untergebracht waren, praktisch durchgehend infiziert hatten.Weltweit das wichtigste Beispiel ist die Tuberkulose, eine Lungenerkrankung (übrigens auch eine Zoonose, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden kann), die in sozial schwächeren Schichten der Bevölkerung auch heute noch einen hohen gesundheitlichen Tribut verlangt und zahlreiche Todesfälle verursacht.
Ausreichende und ausgewogene Ernährung: Glücklicherweise müssen heutzutage nur sehr wenige Kinder in Europa Hunger leiden. Eine Unterernährung schwächt die Entwicklung des gesamten Organismus und macht bei vielen Infektionserkrankungen einen schweren Verlauf wahrscheinlicher. Auf der anderen Seite gibt es Hinweise, dass ein deutliches Übergewicht das Immunsystem negativ beeinflusst, dieser Effekt ist aber sicherlich nicht so deutlich ausgeprägt wie beim Nahrungsmangel. Bei einer durchschnittlichen Ernährung ist dagegen ein Vitaminmangel in Europa sehr selten geworden. Wichtige vorbeugende Maßnahmen sind die Verabreichung von Vitamin-K-Tropfen bei der Geburt des Kindes und mitunter eine regelmäßige Vitamin-D-Gabe vor allem im ersten Lebensjahr. Erste Ansprechperson zu einer solchen Nahrungsergänzungstherapie sollte immer Ihr Kinderarzt oder Ihre Kinderärztin sein.
Impfungen: Nicht bei allen Erkrankungen helfen Hygiene- und andere Maßnahmen! So war zum Beispiel bei Poliomyelitis – kurz Polio oder Kinderlähmung genannt – ein Rückgang der Fallzahlen in verschiedensten Ländern immer erst nach Einführung der Impfung zu beobachten. Wenn Sie nach 1955 in Deutschland geboren wurden, sind Sie ziemlich sicher bereits als Kind geimpft worden, denn das war eine der ersten Erkrankungen, bei denen eine flächendeckende Immunisierung der Bevölkerung angestrebt wurde.
Wer war's? Der »Steckbrief« der Täter
Erst durch das Mikroskop, das etwa um das Jahr 1600 erfunden wurde, konnte man kleine Lebewesen erkennen, die uns unter Umständen schwerer zusetzen können als so mancher Säbelzahntiger: die Mikroorganismen. (Viren wurden übrigens erst 300 Jahre später entdeckt!) Seitdem hat die Wissenschaft der Mikrobiologie immer mehr über sie herausgefunden und sich dieses Wissen medizinisch zunutze gemacht, um den Menschen möglichst gut zu schützen. Nur wenige Mikroorganismen aus dieser riesigen Gruppe der Mikroben machen uns krank, einige sind für uns unschädlich, und viele sind für unsere Gesundheit und unser Überleben sogar absolut notwendig, weil zum Beispiel bestimmte Bakterien in unserem Darm Vitamine produzieren, die wir nicht selbst herstellen können.
Es gibt drei große Gruppen von übertragbaren Krankheitserregern:
Viren
Bakterien
Protozoen (Einzeller), Pilze, Würmer und Insekten, die aber in diesem Ratgeber keine Rolle spielen
Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und gelten daher auch nicht wirklich als Lebewesen, sind aber trotzdem wichtiger Teil des Lebens. Sie müssen immer eine fremde Zelle und ihre Produktionsmaschinerie kapern, mit deren Hilfe sie sich überhaupt vermehren können. Die Zelle wird dabei meist geschädigt oder sogar zerstört. Viren lassen sich nur schwer bekämpfen; meist sind nur unterstützende Behandlungen und keine gezielten Therapien vorhanden. Die typischen Antibiotika wirken nicht gegen Viren! Zudem lassen sich Viren insgesamt nur schwer abtöten, weil manchen Strahlung oder Trockenheit wenig ausmachen. Viren sind sehr klein und haben nur wenig Erbinformation wie zum Beispiel das Corona-Virus (Abbildung 1.1).Abbildung 1.1: Das Corona-Virus, Quelle: © Peterschreiber.media / stock.adobe.com
Bakterien haben einen eigenen Stoffwechsel, sie können auch außerhalb des menschlichen Körpers prima überleben und sich vermehren, etwa im Boden, im Wasser, an verschiedenen Oberflächen oder in Tieren. Einige Bakterien produzieren ziemlich aggressive Giftstoffe (Toxine), die im Körper mehr Schaden anrichten als das Bakterium selbst. Fast alle Bakterien lassen sich sehr gut mit Antibiotika behandeln, können aber auch gegen diese Antibiotika resistent (unempfindlich) werden. Bakterien sind sehr viel größer als Viren und haben viel mehr Erbinformation (Abbildung 1.2).