Einfach segeln. Wilfried Krusekopf
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Die Schiffslänge scheint eine Schraube ohne Ende zu sein. Nur sind die Häfen im Laufe der Zeit nicht mitgewachsen. Zwar wurden in den letzten 30 Jahren zahlreiche neue Marinas angelegt, aber die alten, historisch gewachsenen Häfen – und das sind die wegen ihrer Atmosphäre beliebtesten – platzen dennoch aus allen Nähten. Zudem sind die Liegeplätze in den vor 20 Jahren neu gebauten Marinas heute auch schon wieder zu klein, weil die Yachten inzwischen noch einmal 50 % länger geworden sind. Im Mittelmeer, wo es vielerorts üblich ist, römisch-katholisch anzulegen, also mit dem Heck an die Pier und den Bug gesichert durch den eigenen Anker oder durch eine Mooringleine, ist der Andrang in der Hochsaison in den alten und neuen Häfen inzwischen so groß, dass zum Beispiel in Griechenland mancherorts in zwei Reihen hintereinander römisch-katholisch festgemacht wird. Der daraus resultierende »Ankersalat« ist oft unvermeidlich.
Stress durch Überfüllung: Yachten in zwei Reihen hintereinander römisch-katholisch festgemacht. Programmierter Ankersalat.
In Häfen mit Schwimmstegen wie beispielsweise in Süd-England, am französischen Atlantik oder an der Algarve wurde beim Bau der Breitenabstand zwischen den Fingerstegen in der Regel so gewählt, dass er für zwei »normale« 11-13-m-Yachten voll ausreichte. Macht dort heute aber beispielsweise eine »Flunder« wie die Pogo 12.50 mit 4,5m Breite fest, passt als Nachbarschiff nur noch eine Jolle daneben. In einigen Häfen wird darum die Liegegebühr nicht mehr nach Bootslänge, sondern nach belegter Quadratmeterzahl festgelegt, was sinnvoll erscheint.
In vielen Häfen wurden die Gassen zwischen den Stegen einst in den 80er- und 90er-Jahren so angelegt, dass bei 9-11 m Bootslänge genügend Raum zum Manövrieren blieb. Heute liegen aber 12-14-m-Schiffe an denselben Fingerstegen, sodass in der Gasse zwischen den voll belegten Pontons der Raum zum Manövrieren gefährlich knapp wird. Kollisionen beim An- oder Ablegen sind daher praktisch vorprogrammiert. Nicht zuletzt dann, wenn ein steifer Wind weht und es sich um eine Charteryacht handelt. Denn die Chartercrew ist häufig nicht mit dem Manövrierverhalten der Yacht vertraut. Wie denn auch bei nur ein oder zwei Segelwochen im Jahr?
Die Hafenbetreiber sind sich dieser Probleme bewusst, und es wird inzwischen in vielen Häfen erwartet, dass sich eine einlaufende Yacht über UKW anmeldet, sodass sich die Einparkhilfen-Hafenbarkasse früh genug zum Einsatz klarmachen kann.
Viele der Liegeplätze in alten, historisch gewachsenen und deshalb besonders attraktiven Häfen werden umgebaut und aus kommerziellen Gründen bevorzugt an große Luxusyachten vermietet. Die Restplätze gehen an Einheimische. Für die übrigen Wassersportler wurden außerhalb der Stadt neue künstliche Marinas mit viel Beton und hohen Steinschüttungen angelegt. Aber auch diese Häfen sind meist – nicht nur in der Hochsaison – rappelvoll. Im Mittelmeer in Spanien, Italien und Kroatien konnten es sich deshalb die Hafenbetreiber in den letzten Jahren aufgrund der großen Nachfrage erlauben, die Liegegebühren skrupellos explodieren zu lassen.
In den beliebtesten Häfen der Côte d’Azur und auch auf Korsika sowie vielerorts in Italien ist es inzwischen notwendig und üblich, bereits viele Monate im Voraus die Hafenplätze für den geplanten Sommertörn zu reservieren. Nicht Windrichtung und Wetter oder die spontane Idee, einfach aus Lust einen bestimmten Hafen anzulaufen, entscheiden über den Törnverlauf, sondern die zu Weihnachten wetterunabhängig festgelegten Reservierungen. Kommentar überflüssig …
Fragwürdige Entwicklungen im Yachtbau
Schauen wir uns die in den letzten Jahren für den Großserienbau neu entwickelten Yachten einmal etwas detaillierter an:
Egal ob es sich um die preislich für den Chartermarkt optimierte Yacht aus der Großserienwerft handelt oder um eine auf das Eigner-Segment zugeschnittene skandinavische Hochpreisyacht, die Schiffe zeigen überwiegend folgende Baumerkmale:
Die Rümpfe werden nicht nur immer größer, sondern im Verhältnis zur Länge auch überproportional breiter. »Breit bedeutet sportlich.« So sehen es jedenfalls viele. Denn auffällig breite Schiffe werden in den publikumswirksam vermarkteten Ozeanregatten wie Vendée-Globe, Volvo-Ocean-Race und anderen eingesetzt. Der Grund für die Breite: Die Schiffe sind für Regatten gezeichnet, auf denen Raumschotskurse vorherrschen. Dank ihrer großen Breite kommen die Rümpfe schneller ins Gleiten, insbesondere unter Gennaker. Für den Fahrtensegler wäre dies nur von Vorteil, wenn er ebenfalls überwiegend raumschots segeln würde. Doch ist dies – wie jeder erfahrene Segler weiß – ja leider nicht die Regel.
Warum bauen die Werften dann so breite Rümpfe auch für den Markt der Normalsegler? Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Der erste ist eher irrational, aber verkaufsfördernd: Das Schiff soll Sportlichkeit ausstrahlen und regattaorientiert jung und dynamisch erscheinen. Der zweite Grund ist rationaler: Bei betont breiten Schiffen erstreckt sich die maximale Breite etwa von der Mitte bis zum Heck. Dies ermöglicht es, achtern nicht nur eine, sondern zwei breite Doppelkabinen einzubauen. Und da es auf einer Charteryacht den meisten Crews darum geht, den Pro-Kopf-Preis möglichst gering zu halten, ist es finanziell von Vorteil, wenn auf eine 12-m-Yacht nicht nur zwei, sondern drei Doppelkabinen gebaut werden. Dass aber die sechs Leute an Bord auch sechs Mal Stauraum benötigen, wird von den Verkäufern gern in den Hintergrund geschoben.
Moderne, sportliche Yacht mit extrem breitem Heck.
Viele Werften kombinieren ein breites Achterschiff mit offenen Hecks. Der Heckspiegel wird auf Höhe des Cockpitbodens in der vollen Cockpitbreite einfach weggelassen. Regattatechnisch gesehen ist das sinnvoll, weil es im Heck überflüssiges Gewicht einspart. Außerdem erleichtert diese Bauweise insbesondere den Badesegeln-orientierten Crewmitgliedern den Sprung ins Meer und das Zurückkommen ins Boot, was natürlich in warmen Segelrevieren wie dem Mittelmeer besonders geschätzt wird.
Doch wie sieht diese Bauweise aus der Perspektive des Fahrtenseglers aus? Bei ruhiger See wird der Rudergänger vielleicht die Nähe zum Wasser als sportlichprickelnd empfinden, doch spätestens ab 6 Bft. raumschots verwandelt sich das Vergnügen in Verunsicherung. Und im Passat auf dem Weg in die Karibik ist es so gut wie sicher, dass hin und wieder eine besonders hohe Welle von achtern einsteigen wird und bis in den Niedergang hinunterrollt. Mit anderen Worten: Die Schotten am Niedergang müssen dann trotz der brütenden Hitze fast ständig eingesteckt bleiben.
Der Fahrtensegler braucht zuerst einmal ein bei jedem Wetter sicheres Schiff mit ausgeglichen guten Segeleigenschaften, und zwar auf allen Kursen. Betont breite Rümpfe erkaufen sich die Raumschotsvorteile durch schlechtere Segeleigenschaften hoch am Wind. Sie laufen weniger Höhe, laufen in der Böe schneller aus dem Ruder und setzten am Wind in grober See sehr hart bis brutal mit dem Bug in die Welle ein. Ab 5–6 Bft. hoch am Wind kommt es mit jeder größeren Welle zu nervtötenden Schlägen in den Rumpf, verbunden mit bedrohlichen Vibrationen im Rigg. Warum laufen die in der Ostsee so bekannten Schärenkreuzer so eine unglaubliche Höhe und setzen so weich in die Welle ein? Weil sie schmal sind und der Rumpf im Bug nicht flach, sondern aufgekimmt ist. Allerdings sind sie unter Spi zugegebenermaßen längst nicht so schnell wie eine »breite Flunder«. Der Fahrtensegler sucht allerdings den optimalen Kompromiss (mehr dazu in Kapitel 3). Seit einigen Jahren haben neue Yachten auffallend steile Steven, viele sind vollkommen senkrecht. Der Grund hierfür ist die Tatsache,