Perry Rhodan 3066: Drangwäsche. Michael Marcus Thurner

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Perry Rhodan 3066: Drangwäsche - Michael Marcus Thurner Perry Rhodan-Erstauflage

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der auf Icho Tolots mörderisches genetisches Erbe zurückging.

      Um dem Zerstörungsdrang, der in Halutern als den Nachfolgern der Bestien steckte, ein Ventil zu geben, unterliefen alle Mitglieder seines Volkes in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen die Drangwäsche. Sie ließen es, wie die Terraner es gerne nannten, mal so richtig krachen.

      Wehe dem, der sich einem Haluter in dieser Lebensphase in den Weg stellte. Während des mehrtägigen Vurhatu war das Planhirn praktisch komplett ausgeschaltet, jegliches logische Denken verbannt, nur kochende Emotionen lenkten die drei Meter großen Wesen dann.

      Aber noch war es nicht so weit.

      »Die Drangwäsche kommt ungeplant«, sagte Tolot und hievte sich vom schweren Untersuchungstisch der Medoabteilung.

      Matho Thoveno, der araische Chefmediker der RAS TSCHUBAI, drehte ihm den Rücken zu. Mit leisem Brummeln suchte er in einer Holobibliothek und fuchtelte dabei mit den Händen, als würde er unsichtbare Geister dirigieren.

      Tolot wartete geduldig. Er kannte die affektierte Art des Medikers.

      »Da ist es«, sagte Thoveno und zog die Buchdatei hervor. »Zwischen den Sternen lauert das wahre Leben. Verfasst von Bré Tsinga, mit Ergänzungen durch ihre Enkelin Anni K. Tsinga. Sechste Neuauflage. Das Standardwerk zur halutischen Drangwäsche.«

      »Ich kenne das Buch in- und auswendig. Es ist hervorragend, aber es bringt uns in diesem Fall nicht weiter. Warum erwischt es mich gerade jetzt, um mindestens zwei Jahre zu früh?«

      Thoveno antwortete nicht. Er blätterte konzentriert in der Datei, murmelte vor sich hin, wischte sich mit seinem roten Kopftuch Schweißtropfen von der hohen Stirn.

      »In der Tat steht nichts darin, was uns weiterhelfen könnte«, sagte er nach einer Weile und schob die Datei in ihren Ordner zurück.

      »Das sagte ich bereits, Matho.«

      »Richtig. Aber wichtig ist, was nicht im Buch steht.«

      »Das bedeutet?«

      »Es gibt Einflüsse, die eine Drangwäsche verzögern oder beschleunigen können, nicht wahr?«

      »Selbstverständlich. Ein Vurhatu tritt nicht periodisch auf. Äußere Bedingungen können sein Einsetzen herauszögern, aber auch beschleunigen.«

      »Eben. In Bré Tsingas Werk werden mögliche Auslöser für diese Beschleunigung genannt. Es geht um besondere Trigger wie eine zu silikathaltige Ernährung über einen längeren Zeitraum. Oder mangelnde Bewegung. Oder bestimmte Reize, die von Haluter zu Haluter unterschiedlich sein können. Bei dem einen sind es besondere Farbkombinationen, bei dem anderen Atmosphärezusammensetzungen. Auch einzelne Keime und Bakterien werden als Grund für den Auslöser der Drangwäsche genannt.«

      »Ich weiß«, grollte Icho Tolot. »Komm auf den Punkt!«

      Matho Thoveno druckte mehrere Kärtchen aus, die Ergebnisse der vielfältigen Untersuchungen an Tolots Körper abbildeten, und betrachtete sie mit einem Stirnrunzeln.

      »Was interessanterweise nicht erwähnt wird«, murmelte er, »sind Strahlenbelastungen, wie sie an Bord eines Raumschiffs nun mal vorkommen.«

      »Ich habe 38,3 Prozent meiner Lebenszeit auf den verschiedensten Raumern verbracht und niemals ein vergleichbares Phänomen beobachtet.«

      »Schiff ist nicht gleich Schiff. Die RAS TSCHUBAI ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Und in einem unterscheidet es sich gravierend von anderen Raumern. Nicht wahr?«

      Tolot verstand. Der Ara bewies wieder einmal, warum er dank seiner Art zu denken in der RAS TSCHUBAI unersetzbar war.

      »Der Hypertransflug ... dass ich daran nicht gedacht habe.«

      »Wahrscheinlich bringt die einsetzende Drangwäsche derartige Nachlässigkeiten mit sich. Aber dafür bin ja ich da. Es gibt tatsächlich statistisch relevante Hinweise, dass der Hypertransflug unterschwellige Effekte auslöst. Sie sind allerdings für sich genommen trotz ihrer nachgewiesenen Relevanz marginal und kaum anmessbar. Aber sie bauen sich nur langsam ab, vermutlich. Ich muss das weiter untersuchen, weil es nicht die ganze Antwort auf dein Problem sein kann.«

      »Drangwäsche ist kein Problem«, korrigierte Tolot. »Sie ist ein Teil meiner Existenz, Teil meines Lebensrhythmus.«

      »Für alle anderen Wesen an Bord ist sie ein Problem. Womöglich hat auch die Nähe zur Vektormaterie in Ancaisin als Brandbeschleuniger gewirkt. Wie auch immer: Die Drangwäsche wird sich nicht vermeiden lassen.« Matho Thoveno blickte ihn aus seinen roten Augen an, das erste Mal seit Beginn der Unterhaltung. »Ich prophezeie dir eine besonders heftige Vurhatu-Phase. Ich werde Kommandant Holonder und anderen Entscheidungsträgern an Bord des Schiffs raten, dich so schnell wie möglich irgendwo abzusetzen. Ich möchte, dass du von Bord der RAS TSCHUBAI verschwindest.«

      4.

      Neuer Auftrag, neues Glück

      Onker Dous Leben hatte den Gipfel der Monotonie erreicht. Monotonie war gut, denn sie bedeutete, dass es an Bord der RAS TSCHUBAI ruhig war. Und Ruhe hieß für ihn weitgehend friktionsfreie Arbeitsschichten.

      Selbstverständlich gab es immer wieder Probleme im Freizeitbereich. Ogygia, das Rekreationsdeck mit dem gewaltig großen Freizeitpark im Zentrum, stand oftmals im Brennpunkt. Wenn Rauschmittel oder Langeweile im Spiel waren – oder wenn wieder mal ein paar Terraner meinten, sich unbedingt mit einem Epsaler anlegen zu müssen.

      »Versucht es bloß nicht!«, warnte Dou das Trio. »Ich müsste euch wegen Widerstands gegen die Interne Sicherheit beim Bordrat melden – und ich müsste euch vielleicht wehtun.«

      »Red nicht so geschwollen daher!«, sagte Mimigo Hantubele, das Großmaul der Truppe. »Gegen drei von uns hast du keine Chance. Also geh uns aus dem Weg, Kleiner.«

      Hantubele war ein notorischer Unruhestifter. Ein begabter Labortechniker zwar, aber mit einem viel zu hohen Aggressionspotenzial. Irgendwie war der Rudyner vor der Abreise der RAS TSCHUBAI bei der Aufnahme neuer Besatzungsmitglieder durchgerutscht. Kein System war perfekt. Selbst die Semitronik ANANSI beging Fehler. Weil man in den Charakter von Individuen nicht hineinschauen konnte.

      »Ihr hattet genug Vurguzz für heute. Zieht euch in die Kabinen zurück und schlaft euren Rausch aus!«

      »Willst uns wohl Vorschriften machen, du abgebrochener Sitzriese?«, höhnte Hantubele, während seine Kumpanen dazu johlten. »Mir reicht's endgültig mit der Bevormundung durch die Interne! Wenn ich einen draufmachen möchte, mache ich einen drauf!«

      »Tu. Es. Nicht«, wiederholte Onker Dou und stellte sich möglichst breitbeinig hin. Die Konfrontation war nicht mehr aufzuhalten.

      »Ich spuck dir auf die Glatze, du Quadratziegel!«, rief Hantubele, ging einen Schritt vor, schnappte nach Dou – und fuhr ins Leere. Der Zweimeterriese stolperte vorwärts und fing seinen Schwung am Stamm einer Buche ab, die in diesem Viertel Ogygias verstärkt vorkamen.

      Hantubeles Begleiter erwachten aus ihrer Starre und stürzten sich ebenfalls auf Dou. Beide würden spätestens am kommenden Tag bereuen, was sie angestellt hatten. Mit dicken Köpfen würden sie zu Kreuze kriechen und sich für ihr Verhalten entschuldigen. In diesem Moment aber waren sie nicht mehr zu bremsen.

      Onker

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