Franz Kafka: Sämtliche Werke. Knowledge house

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Franz Kafka: Sämtliche Werke - Knowledge house

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ich muß doch wissen, wie mir ist“, fuhr Robinson auf, kehrte aber gleich wieder zum Weinen zurück.

      „Du weißt eben nicht, was Dir fehlt, Du solltest irgend eine ordentliche Arbeit für Dich suchen, statt hier den Diener des Delamarche zu machen. Denn soweit ich nach Deinen Erzählungen und nach dem, was ich selbst gesehen habe, urteilen kann, ist das hier kein Dienst, sondern eine Sklaverei. Das kann kein Mensch ertragen, das glaube ich Dir. Du aber denkst, weil Du der Freund des Delamarche bist, darfst Du ihn nicht verlassen. Das ist falsch, wenn er nicht einsieht, was für ein elendes Leben Du führst, so hast Du ihm gegenüber nicht die geringsten Verpflichtungen mehr.“

      „Du glaubst also wirklich, Roßmann, daß ich mich wieder erholen werde, wenn ich das Dienen hier aufgebe.“

      „Gewiß“, sagte Karl.

      „Gewiß?“ fragte nochmals Robinson.

      „Ganz gewiß“, sagte Karl lächelnd.

      „Dann könnte ich ja gleich anfangen, mich zu erholen“, sagte Robinson und sah Karl an.

      „Wieso denn?“ fragte dieser.

      „Nun weil Du doch meine Arbeit hier übernehmen sollst“, antwortete Robinson.

      „Wer hat Dir denn das gesagt?“ fragte Karl.

      „Das ist doch ein alter Plan. Davon wird ja schon seit einigen Tagen gesprochen. Es hat damit angefangen, daß Brunelda mich ausgezankt hat, weil ich die Wohnung nicht genug sauber halte. Natürlich habe ich versprochen, daß ich alles gleich in Ordnung bringen werde. Nun ist das aber sehr schwer. Ich kann z. B. in meinem Zustand nicht überall hinkriechen, um den Staub wegzuwischen, man kann sich schon in der Mitte des Zimmers nicht rühren, wie erst dort zwischen den Möbeln und den Vorräten. Und wenn man alles genau reinigen will, muß man doch auch die Möbel von ihrem Platz wegschieben und das soll ich allein machen? Außerdem müßte das alles ganz leise geschehn, weil doch Brunelda, die ja das Zimmer kaum verläßt nicht gestört werden darf. Ich habe also zwar versprochen, daß ich alles rein machen werde, aber rein gemacht habe ich es tatsächlich nicht. Als Brunelda das bemerkt hat, hat sie zu Delamarche gesagt, daß das nicht so weiter geht und daß man noch eine Hilfskraft wird aufnehmen müssen. ‚Ich will nicht, Delamarche‘, hat sie gesagt, ‚daß Du mir einmal Vorwürfe machst, ich hätte die Wirtschaft nicht gut geführt. Selbst kann ich mich nicht anstrengen, das siehst Du doch ein und Robinson genügt nicht, am Anfang war er so frisch und hat sich überall umgesehn, aber jetzt ist er immerfort müde und sitzt meist in einem Winkel. Aber ein Zimmer mit soviel Gegenständen wie das unsrige, hält sich nicht selbst in Ordnung.‘ Daraufhin hat Delamarche nachgedacht, was sich da tun ließe, denn eine beliebige Person kann man natürlich nicht in einen solchen Haushalt aufnehmen, auch zur Probe nicht, denn man paßt uns ja von allen Seiten auf. Weil ich aber Dein guter Freund bin und von Renell gehört habe, wie Du Dich im Hotel plagen mußt, habe ich Dich in Vorschlag gebracht. Delamarche war gleich einverstanden, trotzdem Du damals gegen ihn Dich so keck benommen hast, und ich habe mich natürlich sehr gefreut, daß ich Dir so nützlich sein konnte. Für Dich ist nämlich diese Stellung wie geschaffen, Du bist jung, stark und geschickt, während ich nichts mehr wert bin. Nur will ich Dir sagen, daß Du noch keineswegs aufgenommen bist, wenn Du Brunelda nicht gefällst, können wir Dich nicht brauchen. Also strenge Dich nur an, daß Du ihr angenehm bist, für das übrige werde ich schon sorgen.“

      „Und was wirst Du machen, wenn ich hier Diener sein werde?“ fragte Karl, er fühlte sich so frei, der erste Schrecken, den ihm die Mitteilungen Robinsons verursacht hatten war vorüber. Delamarche hatte also keine schlimmern Absichten mit ihm, als ihn zum Diener zu machen, – hätte er schlimmere Absichten gehabt, dann hätte sie der plapperhafte Robinson gewiß verraten – wenn es aber so stand, dann getraute sich Karl noch heute Nacht den Abschied durchzuführen. Man kann niemanden zwingen einen Posten anzunehmen. Und während Karl früher genug Sorgen gehabt hatte, ob er nach seiner Entlassung aus dem Hotel genügend bald, um vor Hunger geschützt zu sein, einen passenden und womöglich nicht unansehnlichern Posten bekommen werde, schien ihm jetzt im Vergleich zu dem ihm hier zugedachten Posten, der ihm widerlich war, jeder andere Posten gut genug und selbst die stellungslose Not hätte er diesem Posten vorgezogen. Robinson das aber begreiflich zu machen, versuchte er gar nicht, besonders da Robinson jetzt in jedem Urteil durch die Hoffnung völlig befangen war, von Karl entlastet zu werden.

      „Ich werde also“, sagte Robinson und begleitete die Rede mit behaglichen Handbewegungen – die Elbogen hatte er auf das Geländer aufgestützt – „zunächst Dir alles erklären und die Vorräte zeigen. Du bist gebildet und hast sicher eine schöne Schrift, Du könntest also gleich ein Verzeichnis aller der Sachen machen, die wir da haben. Das hat sich Brunelda schon längst gewünscht. Wenn morgen Vormittag schönes Wetter ist, werden wir Brunelda bitten, daß sie sich auf den Balkon setzt und inzwischen werden wir ruhig und ohne sie zu stören im Zimmer arbeiten können. Denn darauf, Roßmann, mußt Du vor allem Acht geben. Nur nicht Brunelda stören. Sie hört alles, wahrscheinlich hat sie als Sängerin so empfindliche Ohren. Du rollst z. B. das Faß mit Schnaps, das hinter den Kästen steht, heraus, es macht ja Lärm, weil es schwer ist und dort überall verschiedene Sachen herumliegen so daß man es nicht mit einemmal durchrollen kann. Brunelda liegt z. B. ruhig auf dem Kanapee und fängt Fliegen, die sie überhaupt sehr belästigen. Du glaubst also, sie kümmert sich um Dich nicht und rollst Dein Faß weiter. Sie liegt noch immer ruhig. Aber in einem Augenblick, wo Du es gar nicht erwartest und wo Du am wenigsten Lärm machst, setzt sie sich plötzlich aufrecht, schlägt mit beiden Händen auf das Kanapee, daß man sie vor Staub nicht sieht – seit wir hier sind habe ich das Kanapee nicht ausgeklopft, ich kann ja nicht, sie liegt doch immerfort darauf – und fängt schrecklich zu schreien an, wie ein Mann, und schreit so stundenlang. Das Singen haben ihr die Nachbarn verboten, das Schreien aber kann ihr niemand verbieten, sie muß schreien, übrigens geschieht es ja jetzt nur selten, ich und Delamarche sind sehr vorsichtig geworden. Es hat ihr ja auch sehr geschadet. Einmal ist sie ohnmächtig geworden und ich habe – Delamarche war gerade weg – den Studenten von nebenan holen müssen, der hat sie aus einer großen Flasche mit einer Flüssigkeit bespritzt, es hat auch geholfen, aber diese Flüssigkeit hat einen unerträglichen Geruch gehabt, noch jetzt wenn man die Nase zum Kanapee hält, riecht man es. Der Student ist sicher unser Feind, wie alle hier, Du mußt Dich auch vor allen in acht nehmen und Dich mit keinem einlassen.“

      „Du Robinson“, sagte Karl, „das ist aber ein schwerer Dienst. Da hast Du mich für einen schönen Posten empfohlen.“

      „Mach Dir keine Sorgen“, sagte Robinson und schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf um alle möglichen Sorgen Karls abzuwehren, „der Posten hat auch Vorteile wie sie Dir kein anderer Posten bieten kann. Du bist immerfort in der Nähe einer Dame wie Brunelda ist, Du schläfst manchmal mit ihr im gleichen Zimmer, das bringt schon, wie Du Dir denken kannst, verschiedene Annehmlichkeiten mit sich. Du wirst reichlich bezahlt werden, Geld ist in Menge da, ich habe als Freund des Delamarche nichts bekommen, nur wenn ich ausgegangen bin, hat mir Brunelda immer etwas mitgegeben, aber Du wirst natürlich bezahlt werden, wie ein anderer Diener. Du bist ja auch nichts anderes. Das Wichtigste für Dich aber ist, daß ich Dir den Posten sehr erleichtern werde. Zunächst werde ich natürlich nichts machen, damit ich mich erhole, aber wie ich nur ein wenig erholt bin, kannst Du auf mich rechnen. Die eigentliche Bedienung Bruneldas behalte ich überhaupt für mich, also das Frisieren und Anziehn, soweit es nicht Delamarche besorgt. Du wirst Dich nur um das Aufräumen des Zimmers, um Besorgungen und die schwereren häuslichen Arbeiten zu kümmern haben.“

      „Nein Robinson“, sagte Karl, „das alles verlockt mich nicht.“

      „Mach keine Dummheiten Roßmann“, sagte Robinson ganz nahe an Karls Gesicht, „verscherze Dir nicht diese schöne Gelegenheit. Wo bekommst Du denn gleich einen Posten? Wer kennt Dich? Wen kennst Du? Wir, zwei Männer, die schon viel erlebt haben und große Erfahrung

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