Arbeits- und Tarifrecht. André Mangion

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Arbeits- und Tarifrecht - André Mangion Die Studieninstitute für kommunale Verwaltung in NRW

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an die Regelungsinhalte des TVöD vor.

      Da beide Arbeitsvertragsparteien, also Fritz Flink als Arbeitnehmer und die Stadt S als Arbeitgeber, Mitglied einer Tarifvertragspartei sind, spricht man in diesem Fall von echter Tarifbindung.

      Nun stellen Sie sich bitte vor, Fritz Flink wäre nun eben kein Gewerkschaftsmitglied. Dennoch findet er z. B. auf seinen monatlichen Entgeltabrechnungen Hinweise darauf, dass auf das Arbeitsverhältnis der TVöD Anwendung findet. Auch wird ihm Erholungsurlaub gemäß § 26 TVöD, Arbeitsbefreiung gemäß § 29 TVöD und leistungsorientierte Bezahlung nach § 18 TVöD gewährt. Wie ist das möglich?

      Werfen Sie doch einmal einen Blick auf Ihren eigenen Arbeitsvertrag (sofern Sie sich nicht im Beamtenverhältnis befinden). Dort werden Sie in etwa eine solche Formulierung vorfinden:

      „Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Bereich Verwaltung (TVöD-V) in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung …“

      Eine solche Regelung im Arbeitsvertrag nennt man auch „Unterwerfungsklausel“. Man unterwirft den Arbeitsvertrag den Regeln des Tarifvertrags. Die Arbeitsvertragsparteien können nämlich miteinander vereinbaren, dass ein Tarifvertrag Anwendung findet.

      Diese Form der Tarifbindung bezeichnet man als unechte Tarifbindung.

      Aufgrund einer Unterwerfungsklausel im einzelnen Arbeitsvertrag wird also Tarifbindung erreicht, obwohl der Beschäftigte kein Gewerkschaftsmitglied ist. Er kann somit von Bonusleistungen profitieren, die zum Teil weit über die gesetzlichen Mindestansprüche hinausgehen. Die einschlägigsten Beispiele sind hier sicherlich der gesetzliche Mindestlohn und der Mindesturlaubsanspruch, die z. B. vom TVöD bei Weitem übertroffen werden.

      Doch neben diesen Vorteilen für die Arbeitnehmer kann es auch für die Arbeitgeber vorteilhaft sein, wenn in einem Betrieb oder in einer Verwaltung ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Stellen Sie sich einmal vor, die Verwaltung einer großen Stadt wie Köln, Düsseldorf oder Dortmund mit jeweils mehreren Tausend Beschäftigten müsste einen jeden Arbeitsvertrag mit Blick auf die wöchentliche Arbeitszeit, die individuellen Urlaubsansprüche, die Lohnfortzahlung, das Entgelt oder die Beendigungsmöglichkeiten und Kündigungsfristen einzeln aushandeln und monatlich, nämlich immer zum Abrechnungszeitpunkt des Entgelts, auch noch bearbeiten!

      Der Stellenbedarf im Bereich der Personalverwaltung würde zweifelsohne sprunghaft ansteigen. Darüber hinaus wird die Anwendung eines einheitlichen Tarifvertrags in einem Betrieb oder in einer Verwaltung von vielen Beschäftigten als Beitrag zur Transparenz und Gerechtigkeit empfunden. Dies kann sich positiv auf das Betriebsklima, die Arbeitsmotivation und die Arbeitsergebnisse auswirken.

      Eine dritte Möglichkeit, Tarifbindung zu erreichen, sieht § 5 TVG vor: Danach kann das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter bestimmten Voraussetzungen Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären. Von den aktuell (Stand: 01/2018) 73.000 bekannten Tarifverträgen wurden nur 443 für allgemeinverbindlich erklärt. Falls es Sie interessiert, können Sie die Liste der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (www.bmas.de) nachlesen. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes hat diese Form der Tarifbindung keine Bedeutung.

       Die drei Möglichkeiten der Tarifbindung:

      Betriebs- oder Dienstvereinbarungen stellen auf der Ebene eines Betriebs oder einer Verwaltung eine eigene Rechtsquelle des kollektiven Arbeitsrechts unterhalb eines Tarifvertrags dar (vgl. Kapitel 2.3).

      Wir werden uns an dieser Stelle auf die Regelungen für den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen beschränken. Hier erlaubt § 70 LPVG den Abschluss von Dienstvereinbarungen, „soweit nicht gesetzliche oder tarifliche Regelungen entgegenstehen“.

      Im Gegensatz zum Tarifvertrag wird eine Dienstvereinbarung nicht zwischen Tarifvertragsparteien geschlossen, sondern zwischen dem Personalrat und der Dienststelle.

      Eine solche Dienstvereinbarung gilt begrenzt nur für die Dienststelle, für die sie abgeschlossen worden ist. Innerhalb dieser Dienststelle findet sie jedoch auf alle Arbeitnehmer Anwendung, und zwar unabhängig davon, ob sie Gewerkschaftsmitglieder sind oder nicht. Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass eine Dienstvereinbarung nicht zum inhaltlichen Bestandteil eines Arbeitsvertrags wird, aber quasi von außen darauf einwirkt.

      Dienstvereinbarungen bedürfen gemäß § 70 Abs. 3 LPVG der Schriftform und sind in der Dienststelle auch bekannt zu machen.

       FALL 3.1

       Sind Ihnen Beispiele für Dienstvereinbarungen aus Ihrer eigenen Verwaltung bekannt?

      Die Dienstvereinbarungen mit der größten Bedeutung für die kommunale Praxis sind zweifelsohne diejenigen über die „Gleitende Arbeitszeit“ und die „Leistungsorientierte Bezahlung“. Manchmal werden auch die Regelungen über das Tragen von Dienst- und Schutzkleidung oder die Nutzung von dienstlichen Telekommunikationseinrichtungen in einer Dienstvereinbarung vereinbart.

      Sofern Ihnen die Möglichkeit eröffnet wurde, sollten Sie sich im Intranet Ihrer Verwaltung einmal mit den dort existierenden Dienstvereinbarungen und ihren jeweiligen Regelungsinhalten vertraut machen.

      Es ist immer gut zu wissen, welche Rechte und Pflichten man gegenüber seinem Arbeitgeber hat!

      4BETEILIGUNGSRECHTE UND -PFLICHTEN

      Während wir uns im vorangegangen Kapitel mit der Frage beschäftigt haben, inwieweit die Gewerkschaften als Arbeitnehmervereinigungen und die Arbeitgeber oder deren Verbände auf der überbetrieblichen, branchenweiten Ebene Interessenausgleiche durch den Abschluss von Tarifverträgen herstellen, geht es nun um die Beteiligung der Mitarbeitervertretung auf der betrieblichen Ebene.

      Die Geschichte der betrieblichen Mitbestimmung ist eng mit der Geschichte der Arbeiterbewegung in der Zeit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert verbunden. Eine verfassungsmäßige Garantie der Mitbestimmung enthielt aber erst die Weimarer Reichsverfassung von 1919. In der Zeit des Dritten Reichs wurde dann die betriebliche Mitbestimmung inhaltlich ausgehöhlt und der nationalsozialistischen Ideologie angepasst.

      In der Zeit nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland fand eine quasi zweigleisige Entwicklung statt:

      Auf dem Sektor der Privatwirtschaft findet das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung. Im Bereich des öffentlichen Dienstes finden das Bundespersonalvertretungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze der Länder Anwendung. Die weiteren Ausführungen werden sich auf das Landespersonalvertretungsgesetz des Landes NRW (LPVG NRW) beziehen.

      4.1.1Systematik Des Lpvg

      Von herausgehobener Bedeutung für das Gesamtverständnis des Mitbestimmungsrechts

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