Erst Zopf dann Kopf. Merlin T. Salzburg

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Erst Zopf dann Kopf - Merlin T. Salzburg

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Bande, sondern eine Gang.«

      »Gang wie Gangster. Ihr seid also Gangster, super Detektiv-Gangster!« Sabrina lachte gekünstelt.

      »Das verstehst du nicht. Eine Gang ist einfach cool, und o-vier ist eine Gang, weil bei uns eben was geht.«

      »Hört auf zu streiten und kommt wieder an den Tisch!«, kam es aus dem Wohnzimmer.

      »Keine Lust«, rief Tivaro zurück. Er ließ seine Schwester in der Diele stehen, lief die Treppe hinauf und schlug seine Zimmertür mit einem lauten Knall hinter sich zu.

      Erst einmal machte er es sich in seinem Sessel bequem. Neben ihm auf der Ablage lag die Fernbedienung. Tivaro schaltete den Fernseher ein und zappte sich von einer Kochsendung zur anderen. Heute kam natürlich wie immer überall Mist, und die guten Sportkanäle liefen nur im Wohnzimmer.

      Mit Otto war in der letzten Zeit überhaupt nichts richtig anzufangen. Seit er mit seiner Schwester Sabrina zusammen war, verhielt sich Otto manchmal einfach wie der letzte Volldepp. Richtig peinlich fand er das. So was wie Liebe würde ihm natürlich nie passieren. Mit albernen Mädels hatte er absolut nichts am Hut. Tivaro kümmerte sich lieber um die wichtigen Dinge. Und die heutigen Ereignisse am Frankfurter Flughafen waren natürlich wichtig. Das war das doch eindeutig ein neuer Fall für o-vier. Schließlich lag sein Vater jetzt im Krankenhaus, und die Schäger liefen noch immer frei herum. Nur Otto schien das wohl völlig kalt zu lassen. Tivaro ärgerte sich darüber, das sein Protokollführer und bester Freund gerade anscheinend nichts besseres zu tun hatte als mit Sabrinas Puppen zu spielen.

      Schließlich hielt es Tivaro nicht länger aus. Arbeit geht vor, dachte er. Er brannte darauf, endlich den anderen von dem Überfall erzählen. Das konnte nicht warten. Er legte die Fernbedienung zu Seite und wählte Nicos Nummer von seinem Smartphone aus. Doch auch über Whatsapp war er nicht zu erreichen. Tivaro versuchte es mit Jojos Nummer, obwohl er wusste, dass der sein Handy für alles Mögliche, nur nicht zum Telefonieren benutzte. Jojo besaß zwar neuerdings ein iPhone, aber das diente ihm nur als Fernbedienung für seinen CD-Player.

      Zu seiner Überraschung war nur ein paar Sekunden später ein leises Knacken aus dem Handylautsprecher zu hören. »Hi, Tivaro«, meldete sich Jojo daraufhin am anderen Ende der Leitung. Seine Stimme war kaum zu hören, denn im Hintergrund hämmerten laute Techno-Beats.

      »Mach deine Mucke aus und hör zu. Es gibt Neuigkeiten«, begann Tivaro. »Wir treffen uns in einer halben Stunde im Hauptquartier.« Seine ganze Anspannung hatte sich mit einem Mal von ihm gelöst. »Otto ist auch hier, aber gerade noch mit meiner Sister beschäftigt, wenn du verstehst, was ich meine. Und bring unbedingt Nico mit! Ich kann ihn nicht erreichen.«

      »Was ist denn überhaupt los?«, wollte Jojo wissen.

      Doch Tivaro hatte bereits aufgelegt. Er verließ sein Zimmer wieder und lief schnell die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer packte Sabrina noch Geschenke aus. »Oh wie cool ist das denn?«, quietschte sie vergnügt. »Das ganz neue FunnyFarm Game für meine PS.«

      Otto stand wie ein Honigkuchenpferd daneben und freute sich mit ihr. »Oh, sogar mit Ponyhof-Erweiterung«, sagte er und stopfte sich einen Brownie in den Mund.

      »Nur falls es dich interessiert. Wir haben gleich Lagebesprechung. Kommst du mit?«, fragte Tivaro.

      »Ach, fangt doch schon mal ohne mich an. Ich komme später vielleicht nach.«

      »Was?« Tivaro glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Mit einer derartigen Abfuhr hatte er jetzt nicht gerechnet. »Das nächste Mal kriegst du eine Abmahnung!«, schnaubte er nur und verließ wütend das Haus. Sabrina und Otto starrten ihm verdutzt nach.

      Was war Liebe doch für eine Zeitverschwendung!

      Mit dem Bike brauchte Tivaro nicht mal zehn Minuten bis zum Garten. Dass Otto einfach nicht mitkommen wollte, ließ sein Adrenalin ansteigen. Am Bügel bog er in einen schmalen Feldweg ein und raste dann in voller Fahrt bis zur U-Bahnbrücke herab, rauschte darunter hindurch und trat wieder in die Pedale, das es nur so staubte. Kurz danach hielt er vor einem großen Garten, der von dichten Koniferen umzäunt war. Er lehnte sein Trecking-Rad in den Zaun und schloss das Tor auf. Dann schob er sein Rad in den Garten und ließ die Eisengittertür hinter sich zufallen.

      Sobald man den Garten betrat, befand man sich fast wie in einer anderen Welt – ein idyllisches Stück Natur mit Gartenlaube und Grillplatz und einer ausreichend großen Wiese zum Fußballspielen. Ein alter Brunnen mit Wasserpumpe und ein kleiner Bretterverschlag zierten den Eingang. Die große Gartenhütte befand sich weiter hinten inmitten einer Gruppe schattiger Kiefern. Auch ein paar hohe Laubbäume gehörten zum Grundstück ganz am Ende des Gartens. Dort thronte das Hauptquartier von o-vier, ein mächtiges Baumhaus, das gut versteckt hoch oben zwischen den Ästen einer dicken Eiche und einer alten Erle verborgen lag.

      Hier im Hauptquartier hielten die Jungen von o-vier regelmäßig ihre Lagebesprechungen ab. Tivaro war der Chef, Otto der Schriftführer, Nico der Computer-Experte und Jojo war eigentlich für alles gut. Er war Halb-Chinese, und niemand wusste, ob er noch weiter wachsen würde. Er konnte zwar Karate, hatte aber Schiss vor Mücken.

      Im Hauptquartier wurden hauptsächlich Pläne geschmiedet und Fälle diskutiert. Wenn die Gang allerdings nach einem abgeschlossenen Fall richtig feiern wollte, dann war ihre erste Anlaufstelle die Pizzeria Da Angelo in Bonames, die ihrer Meinung nach die besten Pizzen und Pasta-Gerichte im Stadtteil servierte.

      Tivaro kletterte die Strickleiter hoch und stieg ins Hauptquartier. Seit der letzten Erweiterung hatten sie sogar Strom, und das Baumhaus hatte eine neue Etage erhalten. Nico hatte auch die Haustechnik noch einmal mächtig nachgerüstet. Neben Flutlichtlampen bestand er neuerdings auf versteckten Kameras hoch in den Bäumen des Gartens, über die man die Umgebung direkt über einen Laptop-Monitor im Baumhaus beobachten konnte. Sie hatten vor einigen Wochen nämlich zwei Bankräuber im Garten, und solchen Eindringlingen wollte Nico in Zukunft vorbeugen. Ihren Komfort konnte sich die Gang übrigens durchaus leisten: Immerhin erhielten die Detektive für die Aufklärung ihrer ersten beiden Fälle stattliche Belohnungen. Ja, Geldsorgen hatten die Jungen von o-vier wirklich nicht.

      Tivaro saß auf der Eckbank am Tisch und daddelte gedankenverloren an seinem Handy herum. Seit ihrem zweiten Fall waren Otto und Sabrina nun also ein Pärchen. Das konnte schon etwas nerven. Tivaro legte sein Smartphone wieder zur Seite.

      Gerade als er den Laptop mit dem Überwachungssystem startete, kamen vorm Garten zwei Fahrräder mit einem kaum zu überhörenden Bremsakt zum Stehen. Es waren Nico und Jojo. Die Jungen waren Nachbarn, und Jojo hatte Nico tatsächlich abgeholt. Sie schoben ihre Räder durch das Tor und stellten sie neben Tivaros Bike ab. Die Sonne brannte jetzt am frühen Abend immer noch ordentlich vom Himmel, und kaum ein Wölkchen war zu sehen. Ein heißer Wind blies durch die trockenen Felder, brachte aber keine Abkühlung.

      Jojo wischte sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn und rief in Richtung Baumhaus: »Hi, Tivaro, was geht?«

      Tivaro blickte aus einer versteckten Luke des Baumhauses und pfiff auf zwei Fingern in die Richtung seiner Freunde. Kurz darauf erklommen Jojo und Nico das Hauptquartier über die Strickleiter, setzten sich gleich zu Tivaro an den Tisch und begrüßten sich alle mit ihrem gewohnten Handschlag.

      »Gut, dass ihr da seid«, begann Tivaro. »Wir haben einen neuen Fall, Leute.«

      In kurzen Sätzen berichtete Tivaro von den Geschehnissen am Flughafen und fasste dann noch einmal zusammen: »Was wir bis jetzt haben oder besser gesagt nicht haben sind ein geklauter Rucksack und zwei Typen im Overall, die meinen Vater zusammengeschlagen

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