Ein Granatapfelhaus. Oscar Wilde
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Ein Granatapfelhaus - Oscar Wilde страница
Über den Autor
Über den Autor
Oscar (Fingal O’Flahertie Wills) Wilde (1854 – 1900) wurde als zweiter Sohn des Arztes William R. W. Wilde und der Dichterin Jane Francesca Elgee in Dublin geboren. Er studierte in Oxford klassische Literatur, zog später nach London und gehörte bald zu den stadtbekannten Dandys. 1884 heiratete er Constance Lloyd, mit der er zwei Söhne hatte.
Die Veröffentlichung seines Romans Das Bildnis des Dorian Gray löste 1890/91 einen Skandal aus. Als Dramatiker gelang ihm 1895 der Durchbruch mit Bunbury, aber noch im selben Jahr wurde er wegen seiner Liebesbeziehung zum jungen Lord Alfred Douglas in einen Prozess mit dessen Vater verwickelt, der ihm zum Verhängnis wurde: Sein Besitz wurde zwangsversteigert und Oscar Wilde zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Am Tag der Entlassung reiste er unter falschem Namen (Sebastian Melmoth) nach Frankreich und kehrte nie wieder nach Großbritannien zurück.
Er starb am 30. November 1900 an den Folgen einer Mittelohrentzündung.
Zum Buch
Zum Buch
»Ein Granatapfelhaus« ist eine im Jahre 1891 erschienene Märchensammlung Oscar Wildes, der mit seinen romantischen Märchen eine Sammlung schuf, die bis heute zu den beliebtesten und gelungensten ihrer Gattung zählen.
Inhalt
Nachwort von Marco Frenschkowski und Tatjana Frenschkowski
Neuere und grundlegende Literatur zu Oscar Wilde
Der junge König
Es war die Nacht vor dem Tag, an dem er gekrönt werden sollte, und der junge König saß allein in seinem schönen Gemach. Seine Höflinge alle hatten mit tiefen Verbeugungen bis zum Fußboden, wie es dem zeremoniösen Brauch der Zeit entsprach, Urlaub von ihm genommen und hatten sich in die große Halle des Palastes zurückgezogen, um ein paar letzte Unterweisungen vom Etikettenmeister zu empfangen; denn es waren etliche unter ihnen, die noch ganz natürliche Manieren hatten, und das ist- ich brauche es kaum zu sagen – bei einem Höfling ein sehr schwerer Verstoß.
Der Knabe – denn er war noch ein Knabe, nicht älter als sechzehn Jahre – war nicht traurig über ihr Fortgehen und hatte sich mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung auf die weichen Kissen seines mit Stickereien gezierten Lagers geworfen. Da lag er nun mit wilden Augen und offenem Mund, wie ein brauner Faun aus den Bergen oder ein junges Tier aus den Wäldern, das von den Jägern vor Kurzem gefangen worden ist.
Und wirklich, Jäger hatten ihn gefunden und waren fast zufällig auf ihn gestoßen, als er, barfüßig und seine Flöte in der Hand, der Herde des armen Ziegenhirten folgte, der ihn aufgezogen und für dessen Sohn er sich immer gehalten hatte. Als Kind der einzigen Tochter des alten Königs aus einer geheimen Ehe mit einem, dessen Stand tief unter ihr war – einem Fremden, sagten einige, der durch den wunderbaren Zauber seines Lautenspiels die Liebe der jungen Prinzessin gewonnen hatte, während andere von einem Künstler aus Rimini sprachen, dem die Prinzessin viel, vielleicht zu viel Ehre erwiesen hatte und der plötzlich sein Werk im Münster unvollendet stehen ließ und aus der Stadt verschwand –, war er, nur eine Woche alt, von der Seite seiner Mutter, während sie schlief, fortgestohlen und einem gemeinen Bauern und seinem Weib in Pflege gegeben worden, die keine eigenen Kinder hatten und in einem entlegenen Teil des Waldes, mehr als einen Tagesritt von der Stadt entfernt, lebten. Kummer oder die Pest, wie der Hofarzt feststellte, oder, wie manche munkelten, ein schnelles italienisches Gift, das ihr in einem Becher Gewürzwein gereicht worden, tötete in der ersten Stunde nach ihrem Erwachen das bleiche Mädchen, das ihn geboren hatte, und als der treue Bote, der das Kind über seinen Sattel gelegt hatte, von seinem müden Gaul stieg und an die rohgezimmerte Tür der Hütte des Ziegenhirten klopfte, da wurde der Leichnam der Prinzessin in ein offenes Grab gelegt, das man auf einem verlassenen Kirchhof hinter den Stadttoren gegraben hatte, und es hieß, dass in diesem Grab noch ein Leichnam lag, der eines jungen Mannes von wundersamer und fremdartiger Schönheit, dessen Hände mit einem Strick auf den Rücken gebunden waren und dessen Brust von vielen roten Wunden durchbohrt war.
Diese Geschichte wenigstens flüsterten die Leute einander zu. Soviel war gewiss, dass der alte König, als er auf seinem Totenbett lag, entweder, weil ihn die Reue über seine große Sünde peinigte, oder nur, weil er wünschte, dass das Königtum bei seiner Linie bliebe, den Knaben hatte holen lassen und ihn in Gegenwart des Großen Rats als seinen Erben anerkannt hatte.
Und es scheint, dass er vom allerersten Augenblick seiner Anerkennung an Zeichen jener seltsamen Leidenschaft für die Schönheit an den Tag gelegt hatte, die auf sein Leben so großen Einfluss üben sollte. Die Männer, die ihn in die Flucht der Gemächer begleiteten, die ausschließlich für seinen Gebrauch bestimmt waren, sprachen oft von dem Schrei der Lust, der sich seinen Lippen entrang, als er das köstliche Gewand und die reichen Kleinodien erblickte, die für ihn zurechtgelegt worden waren, und von dem fast hochmütigen Jubel, mit dem er seine grobe Lederjacke und seinen schlechten Schafpelz zur Seite warf. Er vermisste zwar manchmal die herrliche Freiheit seines Waldlebens und war immer geneigt, auf die langweiligen Hofzeremonien zu schelten, die soviel von seinem Tag wegnahmen; aber der wundervolle Palast – »Joyeuse«, wie man ihn nannte –, als dessen Herrn er sich nun fühlen durfte, schien ihm eine neue Welt zu sein, die zu seinem Entzücken erst geschaffen worden war; und sowie er dem Ratstisch oder dem Audienzsaal entwischen konnte, lief er die große Treppe hinab, mit ihren Löwen aus vergoldeter Bronze und ihren Stufen aus glänzendem Porphyr, und wanderte von Gemach zu Gemach und von Flur zu Flur, gleich einem, der in der Schönheit ein Linderungsmittel gegen das Leid oder eine Art stärkenden Trankes nach schwerem Siechtum suchen will.
Auf diesen Entdeckungsreisen, wie er sie wohl nannte – und wirklich waren es für ihn wahrhafte Wanderungen durch ein Wunderland –, wurde er manchmal von den schlanken, schönlockigen Hofpagen mit ihren fließenden Mänteln und fröhlich flatternden Bändern begleitet; aber öfter