Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika. David Livingstone

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Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika - David Livingstone Edition Erdmann

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David Livingstones Reisen 1841–1873

      Die treuen Diener unter der Führung von Susi und Chuma begruben sein Herz unter einem Baum und balsamierten den Leichnam auf primitive Weise ein. Dann transportierten sie ihn heimlich und unter größten Strapazen zur Küste, eine Tat tiefster Treue, die noch ein letztes Mal bewies, wie beliebt Livingstone bei seinen Leuten gewesen war! Die kleine Karawane erreichte den Indischen Ozean, und ein Schiff brachte den toten Forscher in die Heimat, wo er am 18. April 1874, ein Jahr nach seinem Tod, in der Westminster-Abtei beigesetzt wurde.

      Die folgende Ausgabe bringt den etwas gekürzten Text der ersten deutschen Übersetzung seiner »Missionary Travels and Researches in South Africa« (London 1857) von 1858. Die Kürzungen beschränken sich dabei überwiegend auf nur für die Erscheinungszeit interessante und wesentliche naturkundliche Angaben sowie auf einige theoretische Erörterungen zu den bis dahin ungeklärten geografischen Problemen. Die Substanz des eigentlichen Reiseberichts blieb unangetastet. Berichtigt wurde die Rechtschreibung der alten Ausgabe, beibehalten dagegen die Namenschreibung.

       Heinrich Pleticha

      REISEN UND ENTDECKUNGEN IM SÜDLICHEN AFRIKA

      VON DER KALAHARI ZU DEN VICTORIA-FÄLLEN

      ERSTES KAPITEL

      Die allgemeinen Weisungen, welche ich von den Direktoren der Londoner Missions-Gesellschaft erhielt, veranlassten mich, sobald ich Kuruman und Lattakoo erreichte, welches damals wie noch heutzutage ihre am weitesten vom Kap landeinwärts gelegene Station war, meine Aufmerksamkeit nordwärts zu richten. Ich hielt mich daher nicht länger in Kuruman auf, als für die Rast meiner Zugochsen notwendig war, die von der langen Reise von der Algoa-Bucht her ziemlich abgetrieben waren, brach dann in Begleitung eines anderen Missionars nach dem Bakuena- oder Bakwain-Land auf, und fand Setschele mit seinem Stamm in Schokuane angesiedelt. Kurz darauf kehrten wir wieder nach Kuruman zurück; da jedoch unsere Zwecke durch eine zeitweise Exkursion dieser Art durchaus nicht zu erreichen waren, so nahm ich mir vor, so bald wie möglich einen neuen Streifzug ins Innere anzutreten. Nach einem etwa dreimonatigen Aufenthalt in Kuruman, welches eine Art Hauptstation in diesem Land ist, kehrte ich nach einem Ort zurück, welcher ungefähr fünfzehn englische Meilen südlich von Schokuane liegt und Lepelole (jetzt Litubaruba) hieß. Um mir eine möglichst genaue Kenntnis der Landessprache zu verschaffen, schloss ich mich hier ungefähr ein halbes Jahr lang von allem Umgang mit Europäern ab und verschaffte mir durch diese mir auferlegte schwere Probe eine Einsicht in die Lebens- und Denkweise, die Gesetze und die Sprache jenes Teils der Betschuanas, die man Bakuena nennt – Kenntnisse, welche mir in meinem Verkehr mit denselben von unberechenbarem Vorteile waren.

      Auf dieser zweiten Reise nach Lepelole – welches beiläufig gesagt von einer Höhle dieses Namens so heißt – begann ich Vorbereitungen zu einer Niederlassung und leitete einen Graben zur Bewässerung von Gärten aus einem Strom ab, welcher damals reichlich floss, jetzt aber ganz trocken ist. Als diese Vorbereitungen schon ziemlich weit gediehen waren, wandte ich mich nordwärts, um die Bakaa und Bamangwato sowie die Makalaka zu besuchen, welche zwischen dem 22. und 23. Grad südlicher Breite wohnen. Das Bakaa-Gebirge war vorher von einem Handelsmann besucht worden, der mit allen seinen Leuten dem Fieber erlag. Als ich den nördlichen Teil dieser Basalthügel in der Nähe von Letlotsche umging, war ich nur zehn Tage von dem unteren Teil des Zouga entfernt, welcher auch unter dem Namen Ngami-See bekannt ist; wäre ich also nur auf Entdeckungsreisen ausgegangen, so hätte ich schon damals (1842) jenen See entdecken können. Der größte Teil dieser Reise über Schokuane hinaus wurde zu Fuß gemacht, weil die Zugochsen krank geworden waren. Einige unserer Begleiter, welche erst neuerdings zu uns gestoßen waren und nicht wussten, dass ich einigermaßen mit ihrer Sprache bekannt war, unterhielten sich so, dass ich es hören konnte, über mein Aussehen und meine Kräfte folgendermaßen: »Er ist nicht stark, er ist ganz hager und erscheint nur stämmig, weil er sich in diese Säcke (die Beinkleider) gesteckt hat; es wird ihn bald aufreiben.« Da wallte in mir das hochländische Blut auf und machte mich gleichgültig gegen die Strapazen, sie allesamt mehrere Tage nacheinander in ihrem geschwindesten Schritt zu erhalten, bis ich sie andere und entsprechendere Ansichten über meine Leistungsfähigkeit als Fußwanderer unter sich austauschen hörte.

      Auf dem Rückweg nach Kuruman, als ich mein Gepäck nach der beabsichtigten Niederlassung bringen wollte, traf mich die Nachricht, dass jener Stamm der Bakuena, der sich mir so freundlich erwiesen hatte, durch die Barolongs aus Lelepole vertrieben worden sei, sodass vorerst meine Aussichten auf die Gründung einer Ansiedelei daselbst vereitelt waren. Es war eine jener periodischen Fehden um den Besitz von Hornvieh ausgebrochen, welche seit unvordenklichen Zeiten hier landesüblich zu sein scheinen, und hatte die Beziehungen der Stämme untereinander so sehr umgewandelt, dass ich mich von Neuem aufmachen musste, um mich nach einer passenden Örtlichkeit zu einer Missionsstation umzusehen.

      Da mehrere Leute vom Stamm der Bamangwato mich nach Kuruman begleitet hatten, musste ich sie und ihr Eigentum wieder an ihren Häuptling Sekomi zurückgeben. Dies machte abermals eine Reise zu dem Wohnort dieses Häuptlings nötig, wobei ich zum ersten Mal eine Entfernung von mehreren Hundert englischen Meilen auf Ochsen reitend zurücklegte.

      Zum Rückweg nach Kuruman wählte ich mir das schöne Tal von Mabotsa (25° 14′ südlicher Breite, 26° 30′ östlicher Länge?), weil es der Sitz einer Missionsstation war, und dorthin siedelte ich im Jahr 1843 über. Hier trug sich ein Ereignis zu, bezüglich dessen ich in England häufig befragt worden bin und das ich, ohne die lästigen Fragen von Freunden, lieber für mich behalten hätte, um es einst in meinen alten Tagen meinen Kindern zu erzählen. Die Bakatla des Dorfes Mabotsa wurden sehr von Löwen beunruhigt, welche bei Nacht in die Viehhürden einbrachen und ihnen die Kühe zerrissen, ja sogar am hellen Tag die Herden angriffen. Letzteres war eine solch ungewöhnliche Begebenheit, dass die Leute sich behext wähnten; sie glaubten, wie sie zu sagen pflegten, von einem benachbarten Stamm in die Gewalt der Löwen übergeben worden zu sein. Einmal zogen sie aus, um die Tiere anzugreifen; da sie aber im Vergleich zu den Betschuanas im Allgemeinen bei derartigen Anlässen ein ziemlich feiger Menschenschlag sind, so kehrten sie wieder nach Hause zurück, ohne einen Einzigen erlegt zu haben.

      Nun ist es wohl bekannt, dass, wenn aus einem Rudel Löwen auch nur ein Einziger getötet wird, die übrigen sich den Wink zunutze machen und diesen Teil des Landes meiden. Das nächste Mal nun, als die Herden wieder angegriffen wurden, zog ich mit den Leuten aus, um ihnen Mut einzuflößen, damit sie durch Erlegung eines dieser Räuber sich die übrigen vom Hals schaffen sollten. Wir fanden die Löwen auf einem kleinen Hügel, der etwa eine Viertelmeile lang und mit Bäumen bedeckt war. Wir bildeten einen Kreis von Männern um den Hügel, und die Leute rückten nach und nach dicht zusammen, während sie miteinander den Hügel hinaufstiegen. Ich war noch unten auf der Ebene mit einem eingeborenen Schulmeister namens Mebalwe, einem ausgezeichneten Mann; da sah ich einen der Löwen auf einem Felsstück innerhalb des nun geschlossenen Kreises von Männern sitzen. Mebalwe feuerte auf ihn, noch ehe ich es konnte, und die Kugel traf auf den Felsen, auf welchem das Tier saß. Der Löwe biss nach der getroffenen Stelle, wie ein Hund nach einem Stecken oder Stein schnappt, der nach ihm geschleudert worden ist; dann sprang er davon, brach durch den sich öffnenden Kreis und entwischte unbelästigt. Die Männer scheuten sich, ihn anzugreifen – vermutlich, weil sie an Hexerei glaubten. Als der Kreis wieder geschlossen worden war, gewahrte ich zwei andere Löwen in demselben; allein wir scheuten uns zu feuern, um nicht die Menschen zu treffen, und sie ließen auch diese Tiere ausbrechen. Hätten die Bakatla nach dem dortigen landesüblichen Brauch gehandelt, so wären die Löwen bei ihrem Versuch, die Kette zu durchbrechen, mit Speeren erlegt worden. Wir sahen wohl, dass wir die Leute nicht dazu bringen konnten, einen der Löwen zu töten, und machten uns daher wieder auf den Heimweg nach dem Dorf; als wir aber um das Ende des Hügels herumgingen, sah ich eines dieser Raubtiere wie zuvor auf einem Felsstück sitzen, nur hatte es diesmal einen kleinen Busch vor sich. Da es nur etwa dreißig Schritt

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