Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika. David Livingstone
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika - David Livingstone страница 8
Allein wie kommt es, dass die Eingeborenen, die doch den Boers an Kopfzahl so ungemein überlegen sind, sich nicht gegen diese erheben und sie vernichten? Der Volksstamm, unter welchem die Boers leben, sind Betschuanen, keine Kaffern, obschon niemand diesen Unterschied jemals von einem Boer erfährt. Die Geschichte kennt nicht ein einziges Beispiel, wo die Betschuanen, nicht einmal diejenigen unter ihnen, welche Feuergewehre besitzen, die Boers oder die Engländer angegriffen hätten. Wenn es ja einmal vorgekommen ist, so ist es nach meiner Überzeugung weder in der Kapkolonie selber, noch über diese hinaus, allgemein bekannt geworden. Die Betschuanen haben sich verteidigt, wenn sie angegriffen wurden, wie wir es bei Setschele gesehen haben; allein auf einen Angriffskrieg gegen die Europäer haben sie sich niemals eingelassen. Mit den Kaffern allerdings verhält es sich anders, und der Unterschied ist den Grenzboers stets so augenfällig gewesen, dass seit dem Zeitpunkt, da sie mit dem Gebrauch der Schießgewehre vertraut sind, auch nicht ein einziger Boer je versucht hat, sich im Kaffernland niederzulassen oder als Feind ihnen im Feld gegenüberzutreten. Die Boers haben allgemein eine sehr entschiedene Abneigung gegen jede Kriegführung mit weittragenden Feuerwaffen an den Tag gelegt; daher gehen sie ihnen lieber aus dem Weg und machen sich an die sanfteren, mehr verweichlichten Betschuanen und haben es den Engländern überlassen, ihre Händel mit den Kaffern auszumachen und die Kriegskosten mit englischem Gold zu bezahlen.
Die Bakuena zu Kolobeng hatten den Anblick verschiedener, in Sklaverei geknechteter Stämme unmittelbar vor ihren Augen – die Bakatla, die Batlokua, die Bahukeng, die Bamosetla und zwei andere Bakuenastämme seufzten alle unter dem Druck unvergüteter Zwangsarbeit. Dieses Übel hätte sich aber nicht als ein so großes erwiesen, wenn nicht die jungen Männer dieser Stämme – um Vieh zu erhalten, das für sie das einzige Mittel ist, um unter ihrem Volk zu Ansehen und Einfluss zu gelangen – die Gewohnheit gehabt hätten, ihre Heimat zu verlassen, um, wie die Schnitter aus Irland und dem schottischen Hochland, sich Arbeit in der Kapkolonie zu verschaffen. Wenn sie nämlich hier drei bis vier Jahre gearbeitet hatten, wo man sie meist zum Bau von steinernen Deichen und Dämmen für die holländischen Landwirte verwendet, so waren sie herzlich froh, wenn sie nach Ablauf dieser Zeit mit ebenso vielen Kühen in ihre Heimat zurückkehren konnten. Stellten sie sich dann einem ihrer Häuptlinge vor, so galten sie fortan in ihrem Stamm als ganz angesehene Männer. Diese freiwilligen Arbeiter standen bei den Holländern unter dem Namen Mantatees in großem Ansehen. Man bezahlte sie durchschnittlich mit einem Schilling pro Tag und einem großen Laib Brot für je sechs Mann. Eine Menge solcher Arbeiter, die mich früher etwa 1200 Meilen landeinwärts vom Kap gesehen hatten, erkannten mich mit einem lauten Freudengelächter, als ich bei Roggefelt und Bokkefelt, wenige Tagereisen von Kapstadt entfernt, wo sie im Freien arbeiteten, bei ihnen vorüberkam. Ich unterhielt mich mit ihnen und den Ältesten der holländischen Kirche, für welche sie arbeiteten, und fand, dass dieses System für beide Teile vollständig befriedigend war. Ich glaube nicht, dass es in der ganzen Gegend des Caschan- oder Magaliesberges auch nur einen einzigen Boer gibt, welcher in Abrede stellt, dass, weil diese Arbeit der Kolonie zunutze kommt, man sich ein Gesetz daraus machte, diese Arbeiter ihres sauer verdienten Viehs zu berauben, wofür sie den einleuchtenden Grund aufstellen: »Wenn diese Burschen arbeiten wollen, so sollen sie für uns arbeiten«, obschon sie sich prahlend rühmen, dass dieselben in diesem Fall keinen Lohn erhalten würden.
Wo nur immer ein Missionar wohnt, dahin kommen sicherlich auch Händler. Sie hängen gegenseitig voneinander ab, und der eine unterstützt den anderen in seiner Arbeit; allein die Erfahrung zeigt, dass die beiden Beschäftigungen nicht gut in derselben Person vereinigt werden können. Eine derartige Vereinigung würde zwar moralisch kein Unrecht sein, denn nichts wäre billiger und apostolischer zugleich, als dass derjenige Mann, welcher seine Zeit der geistlichen Wohlfahrt eines Volkes widmet, auch einige weltliche Vorteile aus einem redlichen Handelsverkehr ziehen könnte, welchen die ausschließlich auf ihre eigene Bereicherung abzielenden Händler in ihrer Bescheidenheit als nur ihnen allein zukommend betrachten. Allein wenn es auch recht und billig ist, dass Missionare Handel treiben, so macht es doch das gegenwärtige System der Missionen ganz untunlich, dass sie ihre Zeit auf diese Beschäftigung verwenden. Keiner von all den Missionaren, mit welchen ich jemals in Berührung kam, trieb Handel; und während die Händler, die wir in das Land einführten und daselbst in sicheren Schutz nahmen, reich wurden, sind die Missionare ohne Ausnahme arm geblieben und auch arm gestorben. Die Jesuiten – in Afrika wenigstens – waren zu ihrer Zeit klüger als wir; sie bildeten große einflussreiche Gemeinschaften und legten es darauf an, die Fähigkeiten eines jeden Bruders auf diejenige Bahn zu lenken, welche für ihn die passendste zu sein schien. So durfte der eine, der sich mit Vorliebe der Naturgeschichte widmete, dieser Neigung folgen; ein anderer, welcher sich zur Literatur hingezogen fühlte, fand Muße zur Fortsetzung seiner Studien; und wer eine besondere Anlage für den Tauschhandel hatte, den ließ man zur Aufsuchung von Elfenbein und Goldstaub reisen, sodass er zu gleicher Zeit unter fernen Stämmen die Ausübung der religiösen Handlungen seiner Mission besorgte und dennoch die Mittel fand, den Brüdern, welche er in der Zentral-Ansiedlung zurückgelassen hatte, eine wirksame Unterstützung zukommen zu lassen. Wir Protestanten haben in der bequemen Überzeugung von unserer Überlegenheit Missionare ausgesandt, für deren nackten Lebensunterhalt kaum genügend gesorgt ist, und sind nur freigebig mit unseren Lobsprüchen für diejenigen, welche nicht weltlich gesinnt sind, selbst wenn unsere Knauserei sie zwingt, beinahe wie der verlorene Sohn zu leben.
Englische Händler verkauften diejenigen Artikel, welche die Boers am meisten fürchten, nämlich Waffen und Schießbedarf; und wenn die Zahl der Schießgewehre in einem Stamm sich auf fünf belief, so erregte es eine solche Bestürzung unter unseren Nachbarn, dass sogleich in allem Ernst eine Expedition von mehreren Hundert Boers beratschlagt wurde, um die Bakuena ihrer Gewehre zu berauben. Da ich wusste, dass die Letzteren eher in die Wüste Kalahari geflohen wären, als ihre Waffen ausgeliefert hätten und Sklaven geworden wären, so begab ich mich zu dem Kommandanten, Gert Krieger, machte ihm Vorstellungen über das Unrecht und die Nachteile jeder solchen Expedition und verlangte von ihm den Aufschub derselben. Aber als ich meinen Zweck erreicht hatte, verlangte Krieger andererseits von mir, ich solle als Spion unter den Bakuena tätig sein.
Ich erklärte mich außerstande, seinem Wunsch zu willfahren, selbst wenn meine Grundsätze als Engländer sich diesem Anmuten nicht widersetzt hätten, und führte ihm ein Beispiel an, wo Setschele ohne mein Vorwissen mit seiner ganzen Streitmacht ausgezogen war, um einen Unteranführer zu bestrafen. Dieser Mann, Kake mit Namen, rebellierte und wurde hierbei von seinem Schwiegervater unterstützt, welcher schon anlässlich des Todes von Setscheles Vater einer von den Königsmördern gewesen war. Mehrere von denen, welche Setscheles Vater treu geblieben waren, wurden von Kake misshandelt, als sie, um sich in der Wüste Häute zu holen, sein Gebiet passierten. Als dies vorfiel, hatten wir uns kaum erst unter den Bakuena niedergelassen, und Setschele holte sich bei mir Rat. Ich riet ihm zu milden Maßregeln, allein die Boten, welche er an Kake sandte, wurden mit den Worten verhöhnt: »Es ist ein bloßer Vorwand, dass er behauptet, dem Wunsch des Lehrers zu folgen; Setschele ist eine feige Memme; er mag kommen und fechten, wenn er es wagt.« – Als die Kränkung beim nächsten Mal sich wiederholte, sagte mir Setschele, er wolle auf die Elefantenjagd ausziehen; da ich nun das System der Spionage kannte, welches unter allen Stämmen gang und gäbe ist, so enthielt ich mich stets aller Nachfragen, aus welchen man hätte vermuten können, dass ich ihnen misstraue. Ich schenkte also seinem Ausrede Glauben. Er bat mich, ihm einen gusseisernen Topf zum Kochen zu leihen, da ihre irdenen sehr zerbrechlich sind; ich gab ihm einen solchen und eine Handvoll Salz, mit der Bitte, mir die beiden leckersten