Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika. David Livingstone
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Reisen und Entdeckungen im südlichen Afrika - David Livingstone страница 11
Auf unseren Reisen fehlte es uns oft gar sehr an Kochfleisch, wenn auch nicht überhaupt an Nahrung. Meine Kinder verspürten dies ganz besonders, und die Eingeborenen gaben ihnen, um ihr Mitleid an den Tag zu legen, eine Art große Raupen zu essen, welche ihnen sehr zu munden schienen. Sie konnten nicht ungesund sein, da die Eingeborenen selber sie in großen Mengen verzehrten.
Ein anderes Nahrungsmittel, welches unsere Kinder mit Begierde verzehrten, war ein großer Frosch, der bei den Eingeborenen Matlametlo hieß.
Diese gewaltigen Frösche, welche in gekochtem Zustand wie junge Hühner aussehen, fallen nach der Ansicht der Eingeborenen aus Gewitterwolken herab, weil nach einem schweren Gewitterregen die Tümpel, welche mit Wasser gefüllt sind und dasselbe mehrere Tage lang zurückhalten, plötzlich von diesen laut quakenden streitsüchtigen Tieren wimmeln. Diese Naturerscheinung kommt selbst in den trockensten Teilen der Wüste vor und an Stellen, wo ein gewöhnlicher Beobachter gar keine Spur von Leben bemerkt. Wir wurden einst in einem Teil der Wüste Kalahari, wo wir auf einer Strecke von einer Tagesreise oder mehr gar keine Aussicht hatten, Wasser für unsere Zugtiere zu bekommen, von der Nacht überfallen, als ich zu meiner Überraschung an dem schönen stillen Abend das Quaken von Fröschen vernahm. Ich ging so weit hinaus, bis ich bemerkte, dass die Musiker sich zwischen mir und unserem Feuer befanden, und erkannte, dass sie über nichts anderes so vergnügt sein konnten als über die Aussicht auf baldigen Regen. Von den Buschmännern erfuhr ich später, dass der Matlametlo sich ein Loch an der Wurzel gewisser Büsche aushöhlt und sich während der Monate der Trockenheit darin versteckt. Da er selten aus demselben herauskommt, so macht sich eine große Spinnenart dieses Loch zunutze und bringt ihr Gewebe vor seiner Öffnung an; der Frosch bekommt auf diese Weise ein Fenster und einen Vorhang unentgeltlich, und niemand als ein Buschmann würde auf den Einfall kommen, unter einem Spinnengewebe nach einem Frosch zu suchen. Bei dem vorerwähnten Anlass war alle unsere Mühe, sie aufzusuchen, vergeblich, und da sie erst dann die Höhlen verlassen und die von Gewitterschauern angefüllten Löcher und Tümpel aufsuchen, wenn der Regen wirklich fällt, und die Betschuanen sich unter ihren Kleidern aus Fellen verbergen, so scheint der plötzliche und auf allen Seiten gleichzeitig angestimmte Chor den Glauben zu begünstigen, als ob sie aus den Wolken heruntergefallen wären.
Um auf die unter den Boers in den Caschan-Bergen wohnenden Stämme wohltätig einzuwirken, machte ich zweimal eine Reise von je dreihundert englischen Meilen in die Gegenden ostwärts von Kolobeng. Setschele war bei den Boers so verrufen, dass er sich nicht unter sie wagte, obschon er mich gar zu gern auf meinen Reisen begleitet hätte. Diese Gehässigkeit gegen ihn rührte nicht von Viehdiebstahl her, den er etwa begangen hätte, denn in der Tat gab nie irgendein Stamm der Betschuanen Veranlassung, dass man ihn dieses unter den Kaffern so gewöhnlichen Verbrechens beschuldigen konnte. Der Viehdiebstahl ist tatsächlich in dieser Gegend unbekannt, außer im wirklichen Krieg. Sein Unabhängigkeitssinn und seine Liebe zu den Engländern waren die einzigen Vergehen, die sie ihm zum Vorwurf machen konnten. Auf meiner letzten Reise zu den Boers gab er mir das Geleit bis an den Fluss Marikwe, schenkte mir hier zur Abreise noch zwei Diener, die nach seinen eigenen Worten »seine Arme sein sollten, um mir zu dienen«, und drückte sein Bedauern aus, dass er nicht selbst mit mir gehen könne. – »Gesetzt den Fall, wir zögen nordwärts«, sagte ich, »würdest du mit mir gehen?« Er erzählte mir nun die Geschichte, wie Sebituane ihm das Leben gerettet hatte, und erging sich in Lobsprüchen über den weit und breit gerühmten Edelmut dieses wirklich großen Mannes. Bei dieser Gelegenheit fasste ich zuerst den Plan, durch die Wüste nach dem Ngami-See zu reisen.
Bei diesem Anlass enthüllte sich noch weit mehr als bisher das hinterlistige Betragen der Boers, welche, durch einen abgeschickten Brief meine Entfernung aus dem Land hatten bezwecken wollen, sowie ihre wohlbekannte Politik, welche ich bereits geschildert habe. Als ich mit Hendrik Potgeiter von der Gefahr sprach, welche damit verbunden sei, wenn man diesen armen Wilden das Evangelium Jesu Christi vorenthalte, geriet er in einen großen Zorn und rief einen seiner Begleiter herbei, der mir antworten sollte. Er drohte jeden Stamm zu überfallen, der einen eingeborenen Lehrer aufnehmen würde, und doch versprach er seinen ganzen Einfluss aufzubieten, damit die seiner Herrschaft unterworfenen Stämme mir keine Hindernisse in den Weg legen könnten. Ich musste deutlich einsehen, dass in dieser Richtung nichts weiter mehr geschehen konnte; darum begann ich alle mögliche Auskunft über die Wüste einzuziehen, mit dem festen Vorsatz, falls es irgend tunlich wäre, durch dieselbe hindurchzureisen. Sekomi, der Häuptling der Bamangwato, kannte einen Weg dahin, den er aber sorgfältig geheim hielt, weil die Gegend am See ungemein reich an Elfenbein war und er große Massen davon auf sehr billige Weise bezog.
Setschele, welcher alles europäische Wesen sehr hoch schätzte und auf seine eigenen Interessen stets ein sehr scharfes Auge hatte, wünschte natürlich ebenfalls einen Teil an jenem einladenden und ergiebigen Feld zu bekommen. Auch wollte er gerne Sebituane besuchen, teils vielleicht in dem Wunsch, vor demselben mit seinen neuen Kenntnissen zu prunken, hauptsächlich aber, wie ich glaube, weil er sich sehr übertriebene Vorstellungen von den Wohltaten machte, die er von der Freigebigkeit dieses berühmten Häuptlings empfangen würde. Dem Alter und der Familie nach ist Setschele dem Sekomi überlegen, denn als der ursprüngliche Stamm sich in die Bamangwato, Bangwaketse und Bakuena teilte, behielten die Bakuena sich die erbliche Häuptlingswürde vor; ihr Häuptling Setschele besitzt daher gewisse Vorrechte vor Sekomi, dem Häuptling der Bamangwato. Wenn die beiden miteinander reisten oder jagten, so konnte Setschele von Rechts wegen die Köpfe des von Sekomi erlegten Wildes beanspruchen.
Außerdem sind noch mehrere Spuren von sehr alten Übereinkommen und Hoheitsrechten unter den Stämmen vorhanden. Der ältere Bruder von Setscheles Vater wurde blind und übergab die Häuptlingswürde Setscheles Vater. Die Nachkommen dieses Mannes bezahlen dem Setschele keinen Tribut, obschon er der eigentliche Herrscher ist und über dem Haupt dieser Familie steht, und Setschele, der doch in allen anderen Beziehungen unumschränkt und der Oberste ist, nennt ihn Kosi oder Häuptling. Die übrigen Stämme werden die ersten Kürbisse einer neuen Ernte niemals essen, bevor sie hören, dass die Bahurutse sie »angebissen« haben, und es findet bei dieser Gelegenheit eine öffentliche Zeremonie statt, bei der der Sohn des Häuptlings zuerst von der neuen Ernte kostet.
Setschele sandte auf meinen Rat Boten an Sekomi, um mir die Erlaubnis zu erbitten, dass ich den Weg durch sein Land einschlagen dürfe, und begleitete dieses Gesuch mit dem Geschenk eines Ochsen. Sekomis Mutter jedoch, welche einen großen Einfluss auf ihren Sohn ausübt, verweigerte die Genehmigung, weil ihre Geneigtheit nicht durch ein Geschenk erkauft worden war. Dies veranlasste eine neue Gesandtschaft, und der angesehenste Mann im ganzen Stamm der Bakuena nächst Setschele wurde mit einem Ochsen für Sekomi und seine Mutter abgeschickt. Allein auch dieser erhielt einen abschlägigen Bescheid. Es hieß: »Die Matebele, die Todfeinde der Betschuanen, wohnen in der Richtung des Sees, und sollten sie den weißen Mann erschlagen, so wird ein großer Hass von seiner Nation auf uns fallen.«
Die genaue Lage des Ngami-Sees war mindestens ein halbes Jahrhundert lang ganz richtig von denjenigen Eingeborenen nachgewiesen und bezeichnet worden, die ihn besucht hatten, als der Regen in der Wüste noch häufiger und reichlicher war als in neueren Zeiten. Man hatte auch viele Versuche gemacht, ihn auf dem Weg durch die Wüste in der bezeichneten Richtung zu erreichen; allein diese Versuche hatten sich als unmöglich ergeben, sogar für Griquas, denen man, da sie von Buschmännern abstammen, eine größere Fähigkeit, den Durst zu ertragen, zutrauen sollte. Es wurde uns daher klar, dass wir einen Erfolg nur dann erwarten könnten, wenn wir die Wüste umgingen, anstatt sie der Mitte nach zu durchschneiden. Die geeignetste Zeit zu einem derartigen Versuch wäre etwa um das Ende der Regenzeit, im März oder April, gewesen, wo wir wahrscheinlich Tümpel von Regenwasser angetroffen hätten, welche während des regenlosen Winters immer austrocknen. Ich teilte meine Ansicht einem afrikanischen Reisenden, dem Oberst Steele mit, welcher damals Adjutant des Marquis von Tweedale in Madras war, und er setzte davon zwei andere Herren in Kenntnis, deren Freundschaft wir uns während ihrer Reisen in Afrika erworben hatten, nämlich den Major Vardon und Oswell. Alle diese Herren waren so entzückt von der Jagd und den Entdeckungsreisen in