Sophienlust Box 17 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Sophienlust Box 17 – Familienroman - Patricia Vandenberg Sophienlust

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ich sie eigentlich verstoßen?

      Kurt Schlüter strich sich über die Stirn, auf der Schweißperlen standen. Seit ich die vielen Geschäfte im Kopf habe, habe ich mir keine Zeit mehr zum Nachdenken genommen, überlegte er weiter. Gesellschaftliches Ansehen und Geld hielt ich für die wichtigsten Dinge im Leben. Jetzt kommt es mir vor, als wäre mir verdammt wenig geblieben. Ich habe keine Zeit gehabt, mir alles richtig zu überlegen. Und Angela hat nur geweint. Sie wehrte sich ja nicht. Wenn sie sich doch wenigstens gewehrt und um unser Glück gekämpft hätte!

      Kurt Schlüter schüttelte den Kopf. Nein, nein, er durfte Angela keine Vorwürfe machen. Es hatte zu jenem Zeitpunkt keinen Sinn gehabt, den Kampf mit ihm aufzunehmen. Auf ihre Weise hatte Angela es sogar versucht, indem sie seinem Begehren nach Scheidung ihr Nein entgegengesetzt hatte. Das hatte er ihr übel genommen. Aber ohne ihre Weigerung wäre er heute bereits mit Hella von Walden verheiratet und vielleicht schon – tot. Durch die Ehe wäre Hella automatisch seine Erbin geworden und hätte ihr das Gift besorgt, und sie hätte es ihm mit einem leckeren Paprikagericht oder im Kaffee serviert! Da jedermann wusste, dass er sich in den letzten Jahren überarbeitet und keine Ruhe gegönnt hatte, hätte es dann vielleicht geheißen, Herzinfarkt – wieder einmal die Managerkrankheit!

      Kurt Schlüter schüttelte sich ein wenig. Er hatte plötzlich das Gefühl, dass ihn eine kalte Hand berühre. Unwillkürlich blickte er sich um. Aber er war allein im Wohnzimmer seines Luxusappartements, in dem der Duft von Hellas Parfüm hing.

      Fast zwei Stunden vergingen so. Dann öffnete sich die Tür.

      »Ach, hier bist du, Liebster«, vernahm Kurt Schlüter Hellas Stimme, deren falscher Ton seinen Ohren jetzt weh tat. »Ich habe lang mit dem Essen gewartet und dachte, dass du vielleicht aufgehalten worden bist in der Stadt oder Bekannte getroffen hast. So etwas kann ja mal vorkommen.«

      »So? Ist die Essenszeit schon vorbei? Ich habe gar nicht darauf geachtet. Aber ich habe auch keinen Hunger. Hast du mit Herrn Borek gespeist?«

      »N-n-nein. Er saß an seinem Tisch und ich an meinem.«

      »Natürlich, du musstest ja damit rechnen, dass ich jeden Augenblick kommen konnte«, warf er spöttisch hin und spürte dabei ihren unsicheren, forschenden Blick. Mochte sie sich ruhig ein wenig das Köpfchen zerbrechen!

      »Willst du … willst du dich jetzt nicht schlafen legen wie jeden Tag? Ich möchte mich umziehen und schwimmen gehen.«

      »Tu nur, was du vorhast. Ich ruhe mich nachher noch ein bisschen aus. Im Augenblick sitze ich ganz gut hier.«

      »Soll ich dir noch einen Whisky einschenken? Herr Borek hat mir eine Flasche Gordon’s besorgt, als ich ihm erzählte, dass du den besonders gern magst. Er ist wirklich sehr aufmerksam.«

      »Danke, im Augenblick habe ich genug. Stelle ihn nur dorthin. Dann kann ich die Flasche später aufmachen.«

      »Wie du willst. Ich werde den Whisky ins Kühlfach tun, damit er schön kalt ist.«

      »Danke. Sehr aufmerksam von dir.«

      Spürte sie seinen Spott? Jedenfalls bemerkte er deutlich, dass ihre Hand zitterte, als sie das Barfach mit der elektrischen Kühlung öffnete und die Flasche mit dem Whisky hineintat. So also wird es gemacht, dachte er ergrimmt. Sogar meine Lieblingsmarke, die hier bestimmt schwer zu bekommen ist, haben sie aufgetrieben. Ich muss sagen, die Sache ist wirklich brillant ausgedacht, und sie haben den Vormittag gut ausgenutzt. Ich muss mir nachher die Flasche ansehen. Sie muss ja geöffnet und dann wieder verschlossen worden sein. Aber das ist wohl für einen Halunken wie Borek kein besonderes Kunststück.

      Kurt Schüler schaute nicht einmal hin, als Hella sich auszog und in den Bikini schlüpfte. Das schöne blonde Mädchen war ihm vollkommen gleichgültig geworden. Sie jedenfalls würde nicht neben ihm in seiner prunkvollen Villa in Augsburg Gäste empfangen und als Hausfrau repräsentieren! Das war aber im Augenblick das Einzige, worin sich die heimlichen Gedanken der beiden deckten. Nur sah der Weg, der zur endgültigen Trennung führte, von Hellas Seite etwas anders aus als von der seinigen.

      Nun, Kurt Schlüter wusste, er hatte den längeren Atem, weil er den teuflischen Plan seiner Geliebten und ihres Komplicen haargenau kannte und nun sogar annehmen konnte, dass sich das tödliche Gift in der Whiskyflasche befand. Wie plump das doch war! Dennoch gestand er sich ein, dass er wahrscheinlich darauf hereingefallen wäre, hätte er nicht das Gespräch der beiden am Swimming-pool belauscht!

      Hella ging an ihm vorbei, streifte dabei mit einer scheinbar zärtlichen Bewegung seine Wange und beugte sich nieder, um ihn zu küssen: »Ruh dich nur schön aus, Liebster. Um halb fünf trinken wir wie immer Tee.«

      »Danke, Hella.« Kurt Schlüter wendete den Kopf weg, denn er wollte ihren Kuss nicht. Sie war ihm plötzlich widerlich und unsympathisch geworden. Dass eine Frau sich so verstellen konnte? Dass sie monatelang Liebe heucheln und doch nur an sein Geld und obendrein an seine Ermordung denken konnte!

      Er atmete befreit auf, als sie hinausgegangen war. Dann nahm er die Flasche aus dem Kühlfach der Bar und betrachtete sie aufmerksam. Wenn etwas hineingetan worden war, dann war es mit größter Geschicklichkeit und Vorsicht geschehen. Der Verschluss wirkte unberührt. Aber es war dieser englische Klappverschluss, der sich verhältnismäßig leicht öffnen und wieder verschließen ließ. Gordon’s eignete sich also offenbar besonders für den raffinierten Plan. Und das Gift?

      Kurt Schlüter öffnete die Flasche und roch sehr vorsichtig daran. Nein, es ließ sich nichts feststellen. Geruchlos war das Gift zum mindesten, sofern es tatsächlich in diesem Whisky war. Geschmacklos? Nein, das wollte er lieber nicht ausprobieren, denn er legte keinen Wert darauf, schmerzlos in die Ewigkeit befördert zu werden.

      »Heute Abend machen wir die Probe aufs Exempel, Hella«, sagte er leise, ehe er die Kleidung ablegte und sich auf das breite Bett legte. Er schloss die Augen und schlief sofort ein. Die Aufregung hatte ihn ermüdet. Er träumte, dass er mit Hella von Walden und Hanko Borek in einem Wagen fahre, der auf einen Abgrund zuraste. Es war ein beklemmendes, entsetzliches Gefühl, denn die Bremsen versagten. Es gab keine Rettung. Sie mussten alle drei in den Abgrund stürzen.

      Schweißgebadet wachte Kurt Schlüter auf, als er zu stürzen glaubte. Die Erleichterung, dass er nur geträumt hatte, war grenzenlos. Dankbar und erschöpft lag er nun ganz still auf seinem Bett. Wieder dachte er an Angela und auch an Bastian. Oh, ich muss dem Kleinen endlich wieder eine Karte schreiben, überlegte er. Er sollte doch alle Städte auf dem Atlas aufsuchen. Wie konnte ich das nur vergessen? Ich werde ihm schreiben, wo wir schon überall gewesen sind. Dann werden sie es ihm im Kinderheim sicherlich auf der Landkarte zeigen. Später muss er selbst die ganze Welt kennenlernen. Das gehört heute ganz einfach zu einer guten Erziehung.

      Kurt Schlüter hatte plötzlich ein seltsames Gefühl in der Brust. Ob Bastian sehr geweint hätte, wenn ich von Hella von Walden vergiftet worden wäre?, fragte er sich. Ein Herzschlag auf der Reise, hätte es wohl geheißen. Der jähe Klimawechsel nach all den Anstrengungen ist ihm nicht bekommen. Wohl niemand hätte einen Verdacht geschöpft. Hella hätte ihr Erbteil kassiert, und Bastian wäre wahrscheinlich zu Angela zurückgekehrt. Sie ist ja seine Mutter, und unsere Ehe ist noch nicht geschieden. Ob Bastian wohl traurig gewesen wäre?

      Diese Frage beschäftigte Kurt Schlüter am meisten. Ich selbst habe ihm verboten zu weinen, als Angela fortging, dachte er. Da hat der kleine Bursche sich zusammengerissen und wohl nur heimlich abends im Bett geweint. Nachher, als ich ihm noch verbot, von Angela zu sprechen, wurde er blass und still. Ob er auch meinetwegen weinen und blass werden würde?

      Seltsam, dass es ihm plötzlich wichtig erschien, von seinem kleinen Jungen

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