Münster - Noch mehr wöchentliche Geschichten. Carsten Krystofiak

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Münster - Noch mehr wöchentliche Geschichten - Carsten Krystofiak Dom und Deubel

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      Krystofiak

       Münster – Noch mehr wöchentliche Geschichten

      Carsten Krystofiak

       Münster – Noch mehr wöchentliche Geschichten

      100 neue Münster-Zeitzeichen aus der na dann-Serie

      © 2014 Oktober Verlag, Münster

       www.oktoberverlag.de

      Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung der Verlagshaus

      Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster

      Alle Rechte vorbehalten

      Satz: Henrike Knopp und Kathleen Schulze

      Umschlag: Thorsten Hartmann

      unter Verwendung eines Fotos von Tom Heyken

      Herstellung: Monsenstein und Vannerdat

      ISBN: 978-3-944369-22-8

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       readbox publishing, Dortmund

       www.readbox.net

      Vorwort

      »Wo kommen die Geschichten her? …«

      Als ich 2009 mit der Zeitzeichen-Serie für Münsters Wochenschau »na dann…« anfing, glaubte ich nicht, dass Münsters Geschichte mehr als zwei Jahrgänge interessanter Stichtage pro Kalenderwoche hergeben würde. Es sind bisher sechs Jahrgänge und die Funde wurden immer besser.

      Oft fragen mich Leute: »Wie kommst Du immer an die Geschichten?« Die skurrilsten Kapitel sind die, zu denen die offiziellen Publikationen nur dünne Spuren legen. Die besten Anekdoten fand ich hinter mageren Sätzen in Büchern und Chroniken.

      Vielen Lesern hat die Zusammenfassung der besten Kolumnen im ersten Buch der Münster-Zeitzeichen gefallen. Darum folgt nun Band 2 mit über hundert weiteren Höhepunkten der letzten Jahrgänge. Viel Spaß dabei!

      Carsten Krystofiak

      Großen Dank an Arno und Uli von der »na dann…«, Christian Steinhagen und Dr. Axel Schollmeyer.

      In dieser Woche im Jahr 1978 …

      … wollten Nazis den Longinusturm sprengen.

      Vor 1978 war der Begriff »Holocaust« unbekannt. Bis dahin benutzte man weiterhin die Nazi-Vokabel »Endlösung« oder sprach etwas verdruckst über »das mit den Juden«.

      Eine Fernsehserie aus Hollywood sollte das ändern. In vier Teilen wird die Geschichte der fiktiven Familie Weiss gezeigt (u. a. mit der damals unbekannten Meryl Streep), vom mondänen Berlin der 1930er bis Auschwitz.

      Die Produktion war ein Meilenstein, weil die Judenvernichtung erstmals der breiten Fernsehnation im Unterhaltungsformat serviert wurde. Entsprechend schlug der Vierteiler schon im Vorfeld haushohe Wellen.

      Militante Neonazis wollten die Ausstrahlung verhindern. Anfang Januar verübten regionale Rechtsextremisten einen Sprengstoffanschlag auf den Longinusturm in den Baumbergen bei Havixbeck. Der Anschlag verfehlte sein Ziel in doppelter Hinsicht: Die Neonazis hatten übersehen, dass der Sendebetrieb des Turmes längst eingestellt war und über einen neueren Sendemast lief. Außerdem wurde die bundesweite Ausstrahlung auf den dritten Programmen natürlich nicht beeinträchtigt.

      Trotzdem kam es im Laufe des Jahres auch in Münster zu einer Häufung von Propagandadelikten, die dafür sorgten, dass Münster im Verfassungsschutzbericht besonders hervorgehoben wurde.

      Ein Münsteraner Jurastudent stieg im selben Jahr in den Bundesvorstand der NPD-Jugendorganisation auf.

      Anfang der 1980er ebbten die Naziaktivitäten deutlich ab.

      Münsterländer Neonazis hatten zwar Sprengstoff, aber keine Ahnung vom Sendebetrieb des WDR-Fernsehens.

      In dieser Woche im Jahr 1956 …

      … fand das erste Kramermahl statt.

      Um 1835 hatten Münsters Kaufleute eine gute Idee: Sie gründeten eine Lobby – den Verein der Kaufmannschaft.

      Um ein identitätsstiftendes Ritual einzuführen, griffen sie tief in die Geschichte der mittelalterlichen Gilden zurück:

      Sie trafen sich zum gemeinsamen Essen und nannten das Event »Kramermahl«.

      WN-Verleger Hüffer erinnerte sich 1956 an diese Tradition und erfand sie neu. Rund 400 hochrangige Vertreter aus Münsters Wirtschaft, Lokalpolitik und Society treffen sich seitdem einmal im Jahr im Rathaus. Dann schmeißen sie sich in altmodische Fräcke, essen Grünkohl, schmöken Stutenkerlpfeifen und machen »Networking«. Lange waren dabei nur Männer zugelassen, heute ist auch Weibsvolk anwesend, wenn auch deutlich in der Minderzahl.

      Das Kramermahl ist ein »Gala«-Ereignis mit überregionaler Bedeutung, über das auch größere Zeitungen berichten. Das liegt zum einen daran, dass Bosse und Medien unser Oldschool-Brauchtum so originell und irgendwie cool finden.

      Aber auch daran, dass jedes Mal ein echter Promi eingeladen wird, z. B. Angie Merkel, Schäuble oder der Telekom-Chef.

      Im Jahr 2007 war Bahnchef Mehdorn da und ließ sich nach soviel gemütlicher Geselligkeit dazu hinreißen, die Sanierung von Münsters Bahnhof zu versprechen. Sein Pech, dass es alle gehört haben. Sicher hat er sich hinterher geärgert und kommt nie mehr zum Kramermahl, auch wenn der Grünkohl noch so lecker ist!

      Wenn Ihr auch eine Einladung haben wollt, solltet Ihr schon ein mittelständisches Unternehmen führen, mindestens aber Mitglied im Zwei-Löwen-Club sein …

      Hier gibt‘s lecker Grünkohl – und manchmal einen neuen Bahnhof als Nachschlag.

      In dieser Woche im Jahr 1835 …

      … wurde Westfalens letzter Wolf erlegt.

      Seit Romulus & Remus regen Wölfe die Menschen zu Poesie an. Meistens kommt der Wolf darin aber schlecht weg, siehe Rotkäppchen. Andererseits übt der Ahn aller Haushunde aber auch eine Faszination aus: von Hitler, der bekanntlich einen wahren Wolfs-Tick hatte, bis zu Hermann Hesses »Steppenwolf«.

      Die realen Wölfe waren in Westfalen aber so unbeliebt wie in allen Agrar-Regionen. Darum setzte man ihnen mit grausamen Fallen zu, auch weil Bürger keine Schusswaffen besitzen durften.

      1835 erlegte ein Gastwirt aus Ascheberg den letzten streunenden Wolf Westfalens. Das ausgestopfte Präparat landete im Naturkundemuseum des alten Münsteraner Zoos.

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