New Game Plus. Группа авторов
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Aus der Perspektive des Game Designs und der Game-Design-Theorie orientieren sich Jesse Schells Überlegungen zum Verhältnis von Medialität und Narration zwar gleichfalls historisch, sein Blick richtet sich jedoch primär auf die unmittelbare Gegenwart und nahe Zukunft des Erzählens in digitalen Spielen. Gegenüber älteren Medien, insbesondere Roman, Theater und Film, scheinen Schell digitale Spiele medial noch behindert. Ihre narrativen Kapazitäten gemahnen an die des Films um die Mitte der 1920er Jahre: Beeindruckende medienästhetische Leistungen stünden medientechnischer Unterentwicklung gegenüber, die künstlerisch einschränke. Eine Weiterentwicklung kündige sich jedoch an, die Schell in ihrer Bedeutung mit dem Übergang vom Stumm- zum Tonfilm vergleicht: die medientechnische Befähigung digitaler NPCs und Avatare, dank natürlicher Interfaces (Sprache, Geste, Berührung) und besserer KI die Spieler im weitesten Sinne zu verstehen. Damit könnten virtuelle Gefährten erschaffen werden – über einzelne Spiele und auch die Mediengrenzen hinweg –, »mit denen wir Spieler eine Bindung eingehen wollen, mit denen wir Zeit, ja einen wesentlichen Teil unseres Lebens verbringen wollen.«20 (»Die Zukunft des Erzählens. Wie das Medium Geschichten formt«)
Reflektiert Jesse Schell aus der Sicht des Game Designers die medialen Bedingungen digitalen Erzählens, so André Czauderna aus der Sicht des Erziehungswissenschaftlers die medialen Bedingungen digitalen Lernens. Seine Analyse der Prozesse und Ergebnisse der Kommunikation auf den sozialen Plattformen – durchgeführt mit den Mitteln der objektiv hermeneutischen Sequenzanalyse am Beispiel eines POKÉMON-Internetforums – zeichnet sich gegenüber früheren dadurch aus, dass Czauderna nicht allein die Lernergebnisse untersucht, sondern Lernen als sich entwickelnden Prozess betrachtet. Dabei kommt er zu dem Ergebnis: »Lehrenden in Schulen, Hochschulen und anderen Bildungsinstitutionen kann [...] empfohlen werden, den professionellen Einsatz von Internetforen in Erwägung zu ziehen.«21 Zu klären bleibe allerdings die Frage, »ob und unter welchen Bedingungen ihr Einsatz in (hoch)schulischen Kontexten zu ähnlich günstigen Lernprozessen und -ergebnissen, d.h. u.a. zu einem großen Engagement der Teilnehmer, elaborierten Diskussionspraktiken und Peer-to-Peer Learning, kurz: zu einer funktionierenden Community of Practice, führen kann.«22 (»Prozesse des Lernens in Computerspielforen«)
Den Schlusspunkt des Bandes bildet – im dialektischen Gegenschlag zu der weitsichtigen Makroperspektive, die Eric Zimmermans ludisches Manifest zu Beginn einnimmt – Ian Bogosts Desiderat einer Medienmikroökologie. Die fraglose Popularisierung digitaler Spiele will er aus äußerster Nähe und von unten betrachtet sehen. Ziel müsse es sein, Games zu demystifizieren. Insofern kommt Bogost zu der Ansicht, dass die Gegenwart ein Prozess schleichender Normalisierung charakterisiere: »Über Jahrzehnte hinweg wurden Videospiele primär von Leuten gespielt, die ohnehin immer schon Videospiele spielten und Videospiele als Teil ihrer Identität betrachten. [...] Bald [jedoch] werden Gamer eine Anomalie sein. Wenn wir sehr viel Glück haben, dann werden sie vollständig verschwinden. Stattdessen wird es nur noch normale Leute geben, gewöhnliche Leute aller möglichen Arten. Und manchmal werden diese Leute Videospiele spielen.«23 (»Das Ende der Gamer«)
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Die Anfänge des vorliegenden Bandes gehen auf die von Benjamin Beil konzipierte Ringvorlesung »New Game Plus – Neue Perspektiven der Game Studies« zurück, die im Wintersemester 2013/14 am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln stattfand. Aus ihr entstand in einer hochschulübergreifenden Kooperation mit Gundolf S. Freyermuth (Cologne Game Lab der Fachhochschule Köln) und Lisa Gotto (ifs internationale filmschule köln) das Projekt einer eigenständigen Publikation, die in einer repräsentativen Auswahl von Forschungsfeldern und Ansätzen und gewissermaßen auf den zweiten Blick – New Game Plus – den Status Quo der Game Studies dokumentieren sollte und insofern die Akquise weiterer Texte erforderte.
Wir danken unseren Autoren für die Textarbeit, der Universität zu Köln, der Fachhochschule Köln und der ifs internationale filmschule köln für die Förderung dieser Publikation, unseren studentischen Mitarbeitern Jessica Hackenbroch, Fabian Wallenfels und Sonja Keßler für ihren Einsatz bei der Erstellung der Druckvorlage und Christian Schmidt für seine Unterstützung bei den Übersetzungen.
Weitere Informationen zu diesem Band und der Schriftenreihe »Bild und Bit. Studien zur digitalen Medienkultur« finden sich unter www.bildundbit.de
LITERATUR
Apperley, Thomas H.: »Genre and Game Studies: Toward a Critical Approach to Video Game Genres«, in: Simulation & Gaming 37, 1 (2006), S. 6-23.
Freyermuth, Gundolf S.: »Serious Game(s) Studies. Schismen und Desiderate«, in: Gundolf S. Freyermuth/Lisa Gotto/Fabian Wallenfels (Hg.), Serious Games, Exergames, Exerlearning: Zur Transmedialisierung und Gamification des Wissenstransfers, Bielefeld: Transcript 2013, S. 421-464.
Juul, Jesper: A Casual Revolution. Reinventing Video Games and Their Players, Cambridge: MIT Press 2010.
Wolf, Mark J. P.: »Genre and the Video Game«, in: Ders. (Hg.), The Medium of the Video Game, Austin: University of Texas Press 2001, S. 113-134.
VIDEOS
KELLEE SANTIAGO: ARE VIDEO GAMES ART?, https://www.youtube.com/watch?v=6GjKCnPQlSw
COMPUTERSPIELE
LITTLEBIGPLANET (Sony Computer Entertainment 2008, O: Media Molecule)
MINECRAFT (Mojang/Microsoft Games Studios 2011, O: Mojang/4J Studios)
THE LAST OF US (Sony Computer Entertainment 2013, O: Naughty Dog)
TYPE RIDER (ARTE 2013, O: EX NIHILO)
1 Zwar setzen einzelne Professuren und Juniorprofessuren inzwischen einen deutlichen Schwerpunkt auf Game Studies, wenn sich dies auch (noch?) nicht in den Denominationen widerspiegelt (z.B. an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, der Universität Paderborn und der Universität zu Köln). Darüber hinaus sind kleinere und größere Drittmittelprojekte sowie (virtuelle) Institute zur Computerspielforschung und zum Game Design entstanden (z.B. am Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, an der Hochschule für Medien in Stuttgart oder der Zürcher Hochschule der Künste). Schließlich wurde am Cologne Game Lab der Fachhochschule Köln im Kontext eines künstlerisch-wissenschaftlichen Bachelors »Digital Games« Anfang 2014 eine erste Professur für Game Studies eingerichtet. Von einer grundlegenden Etablierung des Fachs im deutschen Sprachraum aber kann bislang noch nicht die Rede sein.
2 In der Druckausgabe dieses Bandes S. 22f.
3 Vgl. z.B. Wolf, Mark J. P.: »Genre and the Video Game«, in: Ders. (Hg.), The Medium of the Video Game, Austin: University of Texas Press 2001, S. 113-134; Apperley, Thomas H.: »Genre and Game Studies: Toward a Critical Approach to Video Game Genres«, in: Simulation & Gaming 37, 1 (2006), S. 6-23.
4 Vgl. u.a.