Knall 2. Harald Kiwull
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Ich sprang auf. „Natürlich!“ Ich packte Haken an beiden Oberarmen. „Das ist es! Na klar, es war also doch jemand in der Wohnung! Es war kein Traum!“
Haken schob meine Hände weg und lehnte sich zurück. Die beiden sahen sich verblüfft an. Kupfer schüttelte schließlich seinen Kopf und blickte mich dann etwas mitleidig an.
„Doch.“ Ich trat einen Schritt auf ihn zu. „Wirklich. Letzten Mittwoch, in der Nacht zu Donnerstag, war jemand bei mir in der Wohnung. Ich habe ihn gesehen.“
„Jetzt reicht es mir aber, Herr Dr. Knall. Nehmen Sie sich zusammen und erzählen Sie uns hier keine Geschichten!“, herrschte der Präsident mich an und zu Nielsen gewandt, der in diesem Augenblick wieder den Raum betrat: „Herr Knall erzählt uns gerade, bei ihm sei letzte Mittwochnacht eingebrochen worden, und er habe sogar den Einbrecher gesehen.“
Nielsen sah mich fassungslos an. „Das wird ja immer kurioser. Sie sind schon ein merkwürdiger Mensch.“ Er blickte kurz zu Kupfer und dann wieder zu mir. „Und auf welchem Revier haben Sie denn Anzeige erstattet?“ Und als ich schwieg. „Na, Sie waren doch natürlich bei der Polizei. Oder? Und warum haben Sie uns eigentlich nicht gleich vom Einbruch erzählt?“
Ich sank wieder zurück in den Sessel. Ich war ziemlich fertig und im rechten Ohr hörte ich jetzt einen hohen Pfeifton. „Ich dachte, ich hätte geträumt“, murmelte ich. „Ich habe keine Anzeige erstattet.“
„Mensch Knall, ich fasse es nicht“, fuhr Haken mich an. „Jetzt nehmen Sie sich mal zusammen und erzählen Sie keinen Unsinn. Die ganze Sache ist schon schlimm genug.“ Er stand auf, fasste mich an den Schultern und schüttelte mich.
Nielsen beugte sich zu mir herunter und sprach mit lauter Stimme nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht: „Haben Sie irgendjemand von diesem Einbruch erzählt?“ Und als ich zögerte: „Na los, reden Sie schon!“
„Ich habe im Gericht den Vorsitzenden des Schwurgerichtes, Herrn Anglerter, darauf angesprochen“, erwiderte ich zögerlich.
„Na bestens, dann können wir ihn befragen. Er wird bestätigen, dass irgendetwas vor sich gegangen ist. Was auch immer ...“, und als ich weiter stumm blieb: „Oder?“
„Ich habe nur angefangen, ihm etwas zu sagen“, ich brach wieder ab. „Er ist gleich weitergerannt und hat gerufen, du hast wohl geträumt. Ich kam nicht dazu, die Geschichte zu erzählen.“
Ich riss mich zusammen. „Aber meine Freundin Felicitas kann alles bezeugen. Auch dass ich es tatsächlich für einen Traum gehalten habe.“
„Und wo finden wir die Dame?“, fragte Nielsen mit spöttischer Stimme und einem vernichtenden Blick.
„Sie ist in Spanien bei ihren Großeltern. Ich denke, man kann sie telefonisch erreichen“, gab ich zurück. „Rufen Sie an, wenn Sie mir nicht glauben!“
„Jetzt nehmen Sie sich mal alle zusammen“, mahnte Präsident Kupfer. „Setzen Sie sich“, forderte er Nielsen und Haken auf und ließ sich in der Sitzgruppe nieder. Die beiden setzten sich ebenfalls. „Also Herr Dr. Knall, erzählen Sie bitte die ganze Geschichte.“
Ich fing damit an, dass ich durch ein leises, knirschendes Geräusch aufgewacht war und die Bewegung an der geöffneten Tür wahrgenommen hatte. Ich konzentrierte mich sehr und versuchte, möglichst dramatisch, genau und anschaulich zu schildern, wie der schwarze Arm mit dem Lederhandschuh sich langsam in das Zimmer hineinstreckte und mir der Atem stockte. Als ich beschrieb, wie die Tür lautlos zugezogen wurde, schien mir, dass die drei anfingen, aufmerksam und gespannt zuzuhören. Bei meiner Rückkehraktion in das Zimmer, um die Pantoffeln zu holen, unterbrach Kupfer und drehte sich zu Haken und Nielsen.
„Wahrscheinlich haben Sie bis jetzt auch gezweifelt. Aber nun, diese Variante der Geschichte ist ein ausgesprochenes Wahrheitssignal.“ Er stoppte einen Augenblick.
Unwillkürlich stand er auf, um mit seinen Erläuterungen fortzufahren, trat einen Schritt zurück und sprach uns an, als habe er ein Auditorium vor sich.
Präsident Kupfer ist ein ausgesprochen angenehmer Zeitgenosse, aber nicht umsonst ist er Präsident geworden. Er hat die Angewohnheit, bei bestimmten Themen anzufangen zu dozieren.
Natürlich hält er auch viele Vorträge. Und eines seiner Lieblingsthemen ist der Wahrheitsgehalt von Zeugenaussagen: Wahrheitssignale, Lügensignale und so weiter.
„Es geht hier um Glaubhaftigkeit und nicht um das Persönlichkeitsmerkmal Glaubwürdigkeit“, fuhr er fort. Wir starrten ihn etwas verblüfft an, aber niemand wagte es, ihn zu unterbrechen.
„Die Lügensignale ergeben sich als Umkehrschluss der Realitätskriterien. Hier haben wir ein ausgesprochenes Wahrheitssignal, ein farbiges und einfallsreiches Detail, das nicht das zentrale Beweisthema stützt“, sprach er jetzt direkt Nielsen an. „Auch die ganze Schilderung ist konkret, anschaulich und ganz ungewöhnlich. Sie wird geprägt durch Originalität.“
Er setzte sich wieder. „Wir können Herrn Dr. Knall glauben.“
Nach einer kurzen Pause und weil jetzt alle schwiegen, erzählte ich weiter, wie wir in unseren Pantoffeln um das Haus gegangen, dann aber festgestellt hatten, dass die Eingangstür zu und auch die Rollläden in Ordnung waren. Ich erwähnte auch die Fußspuren.
„Mir gefällt das alles nicht so richtig“, sagte Nielsen schließlich zum Präsidenten. „Knall glaubt zu träumen. Eine Anzeige wird nicht erstattet. Ein Einbrecher, der alles wieder verschließt. Die einzige Zeugin ist eine gute Freundin von Herrn Knall. Ist außerdem noch sehr in seiner Schuld, weil er ihr geholfen hat.“
Als ich ihn daraufhin erstaunt ansah, fuhr er fort. „Ich habe Ihre Geschichte gehört. Ich weiß, wie die Zeugin zu Ihnen steht.“ Er wedelte mit den Händen. „Also, ich habe mit dem zuständigen Staatsanwalt telefoniert. Er hat darüber nachgedacht, ob er einen Haftbefehl beantragen muss.“
Als ich zusammenzuckte. „Ja, Herr Knall, was denken Sie denn eigentlich? Das ist doch alles sehr verdächtig. Sie waren in Stade. Ihre Pistole wurde wahrscheinlich verwendet. Und jetzt kommen Sie mit dieser kuriosen Geschichte.“
Im Aufstehen setzte er hinzu. „Bleiben Sie im Land. Jetzt keine Fahrt nach Spanien! Ihre Einbrecherversion werde ich auch noch weitergeben.“
Vollkommen deprimiert blieb ich in meinem geliebten Holzsessel sitzen.
Dass ich das Buch von Rolf Bender über die Glaubwürdigkeitslehre, die Beurteilung von Zeugenaussagen auch gelesen hatte und natürlich wusste, wie man offene und versteckte Wahrheitssignale setzt, behielt ich lieber für mich.
Kupfer hatte mir zum Abschied noch gesagt, dass er mich am nächsten Morgen um zehn in seinem Büro erwarte. Es müsse einiges besprochen werden.
Mit den Worten: „Ich veranlasse, dass Ihre Sitzung am Donnerstag abgesagt wird“, verließ er das Haus.
Nielsen war grußlos gegangen, aber Haken hatte mir fest die Hand gedrückt und mir zugeraunt: „Falls es etwas Neues gibt, ich halte Sie auf dem Laufenden. Kopf hoch!“ Draußen hörte ich die Autotüren schlagen und dann das Starten des Motors.
Ich versuchte, mich zu entspannen. Der hohe Pfeifton in meinem rechten Ohr hatte etwas nachgelassen.
Mit der