Big Ideas. Das Management-Buch. Philippa Anderson

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Big Ideas. Das Management-Buch - Philippa  Anderson

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Der Erste zu sein, brachte große Vorteile, aber das gute Geschäftsmodell erwies sich als wichtiger.

      Welche Website besuchen Sie, wenn Sie im Internet ein Buch bestellen wollen? Mit welcher Suchmaschine besorgen Sie sich Informationen über den Autor? Die Antworten lauten wahrscheinlich: Amazon und Google. Diese zwei Internet-Riesen sind so dominant, dass sie ihre Märkte regelrecht definieren.

      Beide konnten einen bedeutenden Vorsprung gewinnen, den sie allerdings auf unterschiedliche Weise erreicht haben. Amazon trat 1995 als erster Internet-Einzelhändler auf den Markt, sodass das Unternehmen seinen Markennamen etablieren und einen loyalen Kundenstamm aufbauen konnte. Google dagegen drang erst 1998 in einen Markt ein, der damals bereits von mehreren großen Firmen besetzt war. Doch Google bot ein überlegenes Produkt an, das schneller war und noch dazu bessere Suchergebnisse lieferte.

      Es ist gut, wenn man der Erste auf einem Markt ist, aber Nachfolger haben ebenfalls Vorteile. Entscheidend ist es, einen Wettbewerbsvorteil zu erringen – entweder als der Erste oder der Bessere.

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       Die Marktpioniere

      Der Erste auf dem Markt verschafft sich in jedem Fall einen Wettbewerbsvorteil, den »First-Mover Advantage« (FMA). Diesen Begriff prägten 1988 Professor David Montgomery von der Stanford Business School und sein Co-Autor Marvin Lieberman. Ihr Ansatz war besonders einflussreich, als sich zwischen 1997 und 2000 die Dotcom-Blase aufblähte. Angespornt von Amazon als leuchtendem Vorbild stürzten sich viele Unternehmen Hals über Kopf auf neue Märkte im Internet und gaben dafür Millionen Dollar aus. Damals galt es als so gut wie sicher, dass der Markenname des Pioniers ein Synonym für das Marktsegment sein und frühe Dominanz auf einem Markt Barrieren schaffen würde, die nachfolgende Wettbewerber kaum überwinden könnten.

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      Amazon.com erschloss als erste Firma den Markt des Einzelhandels im Internet. Seit der Gründung 1995 dominiert sie ihn mit hohem Markenerkennungswert und sehr loyalen Kunden.

      Am Ende scheiterten jedoch viele der Dotcom-Firmen wegen ihrer zu hohen Ausgaben in überbewerteten Märkten, in denen kaum Nachfrage herrschte. Sie mussten zudem feststellen, dass die versprochenen Renditen unrealistisch waren und ihnen schnell das Geld ausging. Für viele Pioniere – abgesehen von einigen Ausnahmen – bedeutete das die Geschäftsaufgabe.

       First-Mover Advantage

      Der Erste auf einem Markt sticht in jedem Fall aus der Masse heraus, aber im Fall der Dotcom-Firmen hatte man diesen Vorteil extrem überbewertet. Die Ersten genießen oft den Vorteil hoher Gewinnspannen, erringen hohe Marktanteile und ihr Markenname verbindet sich oft mit dem Markt an sich. Außerdem haben sie mehr Zeit, ihre Prozesse und Systeme zu perfektionieren und den Markt kennenzulernen, als spätere Nachfolger. Sie können sich Absatzorte in vorteilhafter Lage sichern (zum Beispiel Läden in der Innenstadt), die besten Mitarbeiter auswählen und beste Konditionen mit Lieferanten aushandeln (die oft auch gern auf den neuen Markt vordringen wollen). Womöglich können sie es den Kunden sogar erschweren, auf andere Marken umzusteigen, indem sie ihre Produkte so gestalten, dass sie besonders teuer oder nicht mit fremden kombinierbar sind. Seit Gillette 1901 den Sicherheitsrasierer erfand, nutzt das Unternehmen seinen Wettbewerbsvorteil als Pionier, um laufend neue »Rasiersysteme« zu präsentieren, relativ preisgünstige Apparate mit teuren Rasierklingen.

      »Die Vorteile für eine Firma summieren sich, wenn sie (durch Tüchtigkeit oder Glück) als Erste auf einen Markt vordringen und trotz nachfolgender Firmen den Vorsprung wahren kann.«

       David Montgomery und Marvin Lieberman

       Marktstrategien

      Bei Amazon war eine ganze Reihe von Faktoren für den Wettbewerbsvorteil verantwortlich. Die Kunden im neuen Markt des E-Commerce warteten geradezu darauf, den Einkauf per Internet ausprobieren zu können, und Amazon war gut auf ihre Neugier und den Ansturm vorbereitet. Bücher waren als Erstkauf einfach, billig und daher sicher, das übersichtliche Design sorgte für eine erfreuliche Kauferfahrung. Mit den ersten Verkäufen passte die Firma ihre Systeme und die Website immer besser an die Bedürfnisse der Kunden an. So wurde etwa die 1-Click®-Bestellung eingeführt, sodass Kunden ihre Daten nicht jedesmal wieder eingeben müssen.

      Die ausgefeilten Distributionssysteme garantieren von Anfang an eine schnelle Lieferung. Das konnten Wettbewerber zwar leicht kopieren, aber die Kunden vertrauten Amazon bereits, sodass die Markenloyalität bereits für eine starke emotionale Bindung sorgte. Amazon genießt den Vorteil dieses Vertrauens heute noch: In den USA läuft ein Drittel aller Buchkäufe über Amazon.com.

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      Gillette erfand 1901 den Sicherheitsrasierer und festigte seinen Wettbewerbsvorteil durch die Entwicklung von »Rasiersystemen«, die den Kunden einen Wechsel erschwerten.

      Ein aktuelles Beispiel für die Bedeutung von Wettbewerbsvorteilen der Pioniere sind die »Patentkriege« zwischen führenden Smartphone-Herstellern (darunter Apple, Samsung und HTC). Mit Patenten schützen Firmen technische Neuerungen. Gerade in der wettbewerbsintensiven Smartphone-Branche bietet eine neue Funktion entscheidende, wenn auch nur kurzfristige Vorteile. In Branchen mit hohen Umsteigekosten für die Verbraucher sind oft auch kurzfristige Vorteile wichtig für den Gewinn.

      Als Montgomery und Lieberman 1988 ihren Aufsatz veröffentlichten, beschäftigen sich andere mit den gleichen Fragen. So weisen Studien ebenfalls immer wieder nach, dass Marktpioniere bedeutende Vorteile haben, die sich direkt auf den Zeitpunkt des Markteintritts zurückführen lassen.

      Allerdings relativierten Montgomery und Lieberman in einem rückblickenden Aufsatz von 1998 mit dem Titel First-Mover (Dis) Advantages (dt. Vor- und Nachteile für Pioniere) ihre ursprünglichen Thesen. Dabei stützten sich die Autoren unter anderem auf die Ergebnisse der Wirtschaftsforscher Peter Golder und Gerard Tellis von 1993 und stellten das gesamte Konzept des Pioniervorteils infrage. Golder und Tellis hatten herausgefunden, dass von den 500 Marken in 50 Produktkategorien, die sie untersucht hatten, knapp die Hälfte scheiterten. Und sie fanden nur wenige Fälle, in denen Nachfolger nicht auch gute Gewinne gemacht hätten, manche wurden sogar Marktführer. Ihre Forschungen ergaben, dass 47 Prozent der Pioniere scheiterten – aber nur acht Prozent der schnellen Nachfolger.

       Aus Fehlern lernen

      Das größte Problem für Pioniere besteht darin, dass der neue Markt noch unerforscht ist. Sie wagen den Sprung, ohne Kundenbedürfnisse und Marktdynamik genau zu kennen, und sie überraschen die Kunden mit völlig neuen Produkten, die nur selten von Anfang an perfekt sind. Große Firmen können die Verluste aus anfänglichen Fehlern vielleicht tragen, aber kleine müssen oft feststellen, dass ihnen schon bald das Geld ausgeht und ihre wackeligen Geschäftsmodelle einstürzen.

      Demgegenüber haben spätere Nachfolger den Vorteil, dass sie in einen erprobten Markt eindringen und aus den Fehlern der Pioniere lernen konnten. Daher müssen sie auch meistens ihr Geld nicht in fehlerhafte und womöglich riskante Prozesse und Technologien investieren. Bei den Pionieren laufen dagegen

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