Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie. 50 Cent

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Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie - 50  Cent

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die ande­ren Kinder über einen lachten. Wir hatten genug Geld zum Leben, aber doch nicht genug, um im Winter die Kälte draußen zu halten, die sich durch das Haus fraß. Es gab genügend Eimer, aber nicht genug, um die Tränen des Hauses aufzufangen, wenn es weinte, weil es den Regen nicht länger ertragen konnte.

      Es war immer jemand da, was bedeutete, dass ich ständig jemandem in die Quere kommen konnte. Ich war ein vorwitziges Kind, und als Lohn für meine Neugier wurde ich bald aus der Nähe von all dem verbannt, was ich so gern belauscht hätte: „Halt dich aus den Angelegenheiten der Erwachsenen raus. Geh hinauf.“ Ich war immer der Nigger vom Obergeschoss. Ich lernte das Geschoss sehr gut kennen – ich und meine kleinen grünen Soldatenfiguren. Ich sprach mit ihnen so, als wären sie richtige Menschen. „Immer wollen sie, dass wir hinaufgehen“, sagte ich dann. Und meine Soldaten entgegneten: „Das tun sie nur, weil sie dumm sind. Sie sind nicht so schlau wie wir. Wir könnten uns ohne sie viel besser amüsieren.“ „Wisst ihr was? Ich glaube, ihr habt Recht.“ Als ich begann, allein zur Schule zu gehen, war ich nicht allein. Meine Soldaten waren bei mir. Es gab einen Hund, vor dem ich immer große Angst hatte, weil er jedes Mal, wenn ich vorbeiging, zum Tor gerannt kam und bellte, als wollte er mich fressen. Also redete ich mit meinen Soldaten. „Habt keine Angst. Der Hund wird uns nichts tun. Ich trete den Hund, wenn er durch dieses Tor kommt.“ So redete ich mir erfolgreich ein, dass ich keine Angst vor diesem Hund hatte. Ich lief immer mit einem meiner Soldaten herum und sagte ihm, dass er keine Angst haben müsse, und dann begann ich mich so zu verhalten, wie ich es dem Mann geraten hatte. „Schau, ich hab keine Angst vor dem Hund. Ich zeig’s dir.“ Dann trat ich gegen das Tor und rannte weg. „Siehst du, ich hab dir doch gesagt, ich hab keine Angst.“

      Manchmal schmissen meine Tanten so genannte Dollarpartys im Hinterhof, bei denen sie von ihren Freunden für den Zugang zum Hof und zur Party einen Dollar Eintritt verlangten. Das ergab keinen Sinn für mich, denn ein andermal luden sie auch Leute in den Hinterhof ein und verlangten nichts dafür. Aber sobald sie ein bisschen Musik anwarfen und etwas zu essen auftischten, mussten dieselben Leute, die an jedem anderen Tag der Woche bei uns umsonst aßen, dafür bezahlen, wenn sie durchs Tor gehen wollten. Diese Partys waren meine frühesten Erfahrungen in Sachen Marketing. Es war außerdem das erste Mal, dass ich sah, welche Wirkung HipHop auf die Menschen hatte. Oft war es so, dass sie alte Soulnummern spielten und alle wirklich cool dazu tanzten. Wenn dann aber ein HipHop-Song kam, ging die Party erst richtig los. Die Jungs begannen, zur Musik zu rappen, und die Mädchen fingen an, kleine Tanzfiguren vorzuführen. Immer waren auch ein paar Typen dabei, die sich richtig gut auskannten und dann mit Pop-Lock und Breakdance loslegten. Ich sah von meinem Zimmer­fenster im Obergeschoss einfach nur zu und dachte darüber nach, wie ich meine eigenen Partys schmeißen würde, wenn ich erst alt genug wäre. Ich malte mir aus, dass ich das ganze Geld für mich allein behalten und sogar noch mehr Geld als meine Tanten verdienen könnte, weil sie ja durch vier teilen mussten.

      Ich muss ungefähr sieben gewesen sein, als mich meine Mutter einmal für einen Tag mit zu sich nahm, während sie ihren Geschäften nachging. Sie hatte eine Wohnung im Dachgeschoss eines Ladengeschäfts direkt an der Old South Road, genau gegenüber vom Baisley Pond Park. Es war das erste Mal, dass ich wirklich sah, wie sie mit Drogen handelte. Ich hatte es mir angesichts der Sachen, die sie mir schenkte, zwar bereits ­gedacht, aber ich hatte sie noch nie bei der Arbeit gesehen. Alle Leute, die bei ihr vorbeischauten, waren entweder Kunden oder Dealer. Ich brauchte nicht lange, um sagen zu können, wer zu welcher Kategorie gehörte. Die Dealer waren meistens ältere Männer, die schöne, große Autos wie einen Cadillac DeVille oder einen Fleetwood Brougham fuhren, mit rechteckigen Kühlergrills zwischen den glänzenden, metallenen Kotflügeln, die bis hin­unter zu den Weißwandreifen blitzblank waren – oder einen Pontiac Bonneville, innen mit so viel Plüsch ausgekleidet, dass es aussah, als würde sein Besitzer im Inneren eines Kissens spazieren fahren. Die Dealer waren immer schick, von den gestärkten Kragen bis zu den frisch gebügelten Hosen. Sie fuhren heran und hüpften mit perfekt frisiertem Haar aus ihren glänzenden Autos. Ihre Kleider leuchteten förmlich, und ihr Schmuck glitzerte. Die Kunden waren die Typen, die auf sie zukamen; meistens zu Fuß.

      Ich war verblüfft, wie meine Mutter mit den Typen mit den großen Autos redete. Sie behandelten sie, als wäre sie ihnen ebenbürtig. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Wenn sie sie sahen, dann machten sie ihr Komplimente und sprachen in einem Code, den ich nicht ganz verstand. Dann gaben sie ihr eine braune Plastiktüte, und sie gab ihnen ein dickes Geldbündel. Als ich ins Haus meiner Großmutter zurückkehrte, erzählte ich meinen Onkeln davon. Die lachten nur und sagten mir, dass es die Typen auf der South Road richtig draufhatten. „Hier gibt’s auch ein paar Jungs, die es draufhaben“, sagten sie, „aber nicht so wie die auf der South Road. Da drüben haben sie es richtig drauf.“

      Onkel Harold erzählte mir von einem Mann namens Big Tony, der nicht allzu weit von unserem Haus entfernt lebte und der es auch draufhatte. Er sagte, dass Big Tony so dick im Geschäft sei, dass die Leute aufgehört hätten, ihn Big Tony zu rufen, und ihn mittlerweile eigentlich alle nur noch den Paten nannten. Ich war ganz außer mir. Was ich an der South Road gesehen hatte, war etwas vollkommen anderes als alles, was ich auf unserer Seite des Parks je gesehen hatte. Aber als mir Harold erzählte, dass der Pate der Typ war, der in einem großen grünen Lincoln Continental her­umfuhr und allen ein Eis kaufte, wenn der Wagen vorbeikam, wusste ich, von wem er sprach. Harold muss gemerkt haben, wie beeindruckt ich war, denn er sagte: „Keine Angst, wenn ich erst mal Kasse mache, dann werde ich mich ganz sicher um meinen kleinen Neffen kümmern.“

      Ich war immer noch nicht hundertprozentig sicher, was genau es war, das man draufhaben musste und das alle haben wollten, aber ich wollte es mehr, als Partys im Hinterhof zu schmeißen oder mit meinen Soldaten zu spielen. Je mehr Zeit ich an der South Road verbrachte, desto deutlicher wurde meine Vorstellung davon, was es bedeutete, es draufzuhaben. Es ­bedeutete, dass man an jedem Abend der Woche lange aufbleiben konnte. Ich wusste, dass die Leute, die es nicht draufhatten, früh ins Bett mussten, damit sie zur Arbeit verschwinden konnten. Als mich meine Mama dann mit ihrem neuen Auto abholte – einem schwarzen Buick Regal mit einem weißen Vinyltop – war ich mir ganz sicher, dass es nur einen Weg gab: Man musste es eben draufhaben.

      Trotz alledem verbrachte ich nie gern die Nacht im Haus meiner Mutter. Es war nett dort, aber die ganze Umgebung war so anders, und ich fühlte mich einsam. Als sie ein Haus draußen auf Long Island mietete, wurde es noch schlimmer. Es war friedlicher dort, aber genau da lag das Problem. Ich hatte mich an die Dauerparty im Haus meiner Großmutter gewöhnt. Meine Onkel und Tanten waren vielleicht nicht der beste Einfluss der Welt, aber zumindest konnte ich immer meine Nase in irgendjemandes Angelegenheiten stecken. Wenn ich im Haus meiner Großmutter auf der Couch einschlief, war immer jemand da, der gerade telefonierte oder fernsah. Das Haus meiner Mutter war so einsam, dass mir die Stille Unbehagen bereitete. Als ich eine Weile dort war, sagte ich schließlich: „Ich will nachhause. Bring mich zurück zu Großmutter.“ Und das tat sie.

      Nachdem sie nach Long Island gezogen war, wurden die Besuche meiner Mutter so sporadisch, dass ich mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern kann, wann ich sie zum letzten Mal sah. Die letzte deutliche Erinnerung, die ich an sie habe ist, wie sie bei Tante Karens Hochzeit auftauchte. Es war in dieser kleinen Kirche gleich neben der Tankstelle beim Linden Boulevard. Ich erinnere mich noch, dass meine Mutter mir etwas Geld zusteckte und wir uns gemeinsam fotografieren ließen. Das sind die letzten Bilder, die meine Familie von ihr hat.

      ***

      Bis zum heutigen Tag ist mein Großvater ein Mann geblieben, der seinen Gedanken frei und ohne Angst vor unangenehmen Folgen Ausdruck verleiht. Er möchte niemanden verletzen, aber er sagt rundheraus, was er denkt, ohne vorher zu überlegen, wie seine Worte vielleicht wirken könnten. Er hat neun Kinder großgezogen und für sie nach besten Kräften gesorgt, also war seine Einstellung die: „Es ist mir scheißegal, was wer denkt. Haut doch alle ab. Wem es nicht passt, der kann gern mein Haus verlassen. Das habe ich mir aufgebaut. Ihr Wichser könnt abhauen.“

      Mein Großvater ist nicht der Typ, der seine Gefühle offen zeigt. Er schaut

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