Original Gangstas. Ben Westhoff

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Original Gangstas - Ben Westhoff

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      „Sie hatten Leute fürs Marketing, einen ganzen Stab. Sie brachten die Platten in die Läden. Fast wie eine Westcoast-Version von Def Jam“, sagt Violet Brown von Wherehouse Records. „Sobald Priority mit von der Partie war, ging die Post ab.“

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      Mit einer selbstsicheren Ansage eröffnete Dr. Dre 1988 das bahnbrechende N.W.A-Debütalbum Straight Outta Compton und versprach darauf die detaillierte Schilderung eines jugendlichen Lebens, das geprägt war von Überlebenskampf und institutionalisierten Erniedrigungen: You are now about to witness the strength of street knowledge.

       Dre, Eazy, Cube, Ren, DJ Yella und Arabian Prince waren die ultimativen Antihelden, Rockstars, die Amerika auf die Ära nach Reagan einstimmten, in der die Unterscheidung zwischen Gut und Böse nicht mehr so eindeutig sein würde. Die Zeile ist echt dope – und auch prophetisch. Nichts sollte mehr so sein wie zuvor.

      Die denkwürdigsten Songs des Albums bestechen mit jeder Menge aggressiver Texturen, marschierenden Drums, Sample-Fragmenten und Breakbeats, die sich direkt zum Roadium Swap Meet zurückverfolgen ließen. Der bombastische Sound auf Straight Outta Compton nimmt es problemlos mit der Rhetorik des Albums auf. In Armut heranwachsende Kids konnten hier zustimmend nicken, während privilegiertere Bürger vor Schrecken nach Luft rangen. MC Ren hat die Tracks 3 bis 13 als Füllmaterial bezeichnet. Ich widerspreche ihm. Doch es stimmt, dass die ersten beiden Songs, „Straight Outta Compton“ und „Fuck tha Police“, am meisten Power ausstrahlen. Die selbstbezogenen Protagonisten, bei denen die Grenze zwischen Rapper und Kunstfigur verschwimmt, sind schwer bewaffnete Raubeine, die die Korruption erkennen und sich zur Wehr setzen. Am meisten schockiert dabei aber, dass sie zugleich politische Soldaten und nihilistische, mörderische Kriminelle sind.

      Amerika war dafür noch nicht bereit. Aber es hatte keine andere Wahl, als sich anzupassen. Die aggressive Rhetorik des Albums ist so unbarmherzig eloquent, dass sie bis heute nicht an Wirkung eingebüßt hat: Police think they have the authority to kill a minority, rappt Ice Cube bei „Fuck tha Police“, bevor er hinzufügt:

      Fucking with me ’cause I’m a teenager

      With a little bit of gold and a pager

      Searching my car, looking for the product

      Thinking every nigga is selling narcotics.

      Die Zeit für vernünftige Debatten war vorüber. Aber Cubes Feinde waren nicht nur die Cops. Jeder, der ihm in die Quere kam, musste sich in Acht nehmen. So warnte er in „Straight Outta Compton“:

      Crazy motherfucker named Ice Cube

      From the gang called Niggaz With Attitudes

      When I’m called off, I got a sawed-off

      Squeeze the trigger and bodies are hauled off.

      Was machte es da schon, dass sein Gönner Eazy-E tatsächlich mit Drogen dealte? War es nicht egal, dass Ice Cube nichts mit Gangs am Hut hatte und nicht der Irre war, der er vorgab zu sein? Der Zorn und der aufgestaute Frust, die er im Namen aller Leidensgenossen zum Ausdruck brachte, war echt.

      Hochlieder auf Compton anzustimmen, war damals nicht sehr angesagt. Doch N.W.A pflegten damit eine etablierte Rap-Tradition: Sie standen in einer Reihe mit Boogie Down Productions, die der South Bronx ebenso Tribut zollten wie Run-DMC ihrer engeren Heimat, dem Stadtteil Hollis in Queens. „Wir wollten alle Compton und L.A. präsentieren“, sagte MC Ren. Cube war zwar nicht aus Compton, „aber es fühlte sich komisch an ‚South Central‘ zu brüllen, wenn alle anderen ‚Compton‘ schrien“, betont er. „Und außerdem sind Compton und South Central zwei Seiten ein und derselben Medaille.“

      Den größten Einfluss auf Straight Outta Compton hatten wohl Public Enemy aus Long Island, New York, deren eigenes bahnbrechendes Album It Takes a Nation of Millions to Hold Us Back nicht einmal zwei Monate zuvor erschienen war und Rap-Fans wie auch hippe, politisch wache Rockfans mit seiner Message von schwarzer Einheit und seinen Aufrufen zur Revolte gegen die Strukturen der Macht in seinen Bann zog. Public Enemy brachten revolutionäres Gehabe in Mode und läuteten das goldene Hip-Hop-Zeitalter Ende der Achtziger- und Anfang der Neunzigerjahre ein, zu dessen Vertretern auch A Tribe Called Quest und De La Soul gehörten. Es war eine Zeit positiv gesinnter Afrozentrik und erbaulicher Reime, bevor Macho-Posen die Oberhand über das Genre gewannen. N.W.A waren ein Teil dieser Bewegung – gleichzeitig aber auch nicht. Straight Outta Compton, das mehr einer Anarchie-Erklärung als einer durchstrukturierten Abhandlung glich, hatte wenig mit Public Enemys überschäumender positiver Einstellung gemein. Ice Cube empfand ein starkes Verantwortungsgefühl, doch Dr. Dre bezeichnete die Vorstellung, die Gruppe wäre politisch, als „Nonsens“. „Die schwarzen Polizisten in Compton sind schlimmer als die weißen“, sagte Eazy-E. „Chuck D kümmert sich um all den Schwarzen-Kram. Wir nicht. Scheiß auf den ganzen Black-Power-Shit! Uns ist das scheißegal. ‚Free South Africa‘? Uns doch egal. Ich glaube nicht, dass irgendwer in Südafrika einen Button mit ‚Free Compton‘ oder ‚Free California‘ trägt.“„Straight Outta Compton“ war dreist und schwungvoll, aber auch destruktiv. „Es war der beste Song auf dem Album“, sagte DJ Yella. „Er kam gleich zur Sache. Ohne Schönfärberei. Dort kommen wir her. Und es war ein Song, der nicht viel Zeit in Anspruch nahm, um ihn zu machen. Ein paar Tage vielleicht.“ Es gab damals kaum Präzedenzfälle für solch unverschämte, anarchische, im Straßenjargon vorgetragene Polemik. Cubes schlüpft in eine wütende, arrogante Rolle und will jeden zur Strecke bringen, der ihm keine Achtung entgegenbringt. Eazy-E ist ebenso gefährlich, aber gerissener – er will den großen Coup landen. Die explosive Figur, der MC Ren seine Stimme verleiht, könnte jeder Zeit hochgehen. Gemeinsam bilden sie ein überaus potentes Trio. Umso bemerkenswerter ist, dass Cube und Ren, der Eazys Parts schrieb, gerade einmal 19 Jahre alt waren, als das Album veröffentlicht wurde. Die beiden, die an aufeinanderfolgenden Tagen im Juni 1969 zur Welt gekommen waren, erreichten als Performer bereits einen ersten Höhepunkt und pushten sich bei den Aufnahmesessions gegenseitig. Nach Mitternacht verbrachten sie den Rest der Nacht im Studio. Sogar wenn sie schon etwas abgeschlossen hatten, kam es vor, dass sie noch einmal eine Strophe veränderten, wenn der andere eine schärfere Performance hingelegt hatte.

      Fuck tha Police

      Der zweite Track des Albums, „Fuck tha Police“, wurde zu einem der bekanntesten Protestsongs in der Historie des Rap, wenn nicht sogar der Geschichte. „Fuck tha Police“, ein Protest gegen die Behandlung von Minderheiten durch die Polizei, diente seit den L.A. Riots 1992 bis zu den Demonstrationen in Ferguson, Missouri, die 2014 auf die Tötung des unbewaffneten 18-jährigen Michael Brown durch einen weißen Polizisten folgten, als Hymne von Protestbewegungen. Hunderte, wenn nicht tausende von Rappern, haben dem Song ihre Ehre erwiesen.

      Ice Cube wird das Konzept des Songs zugeschrieben – und er wusste, wie provokativ die Message sein würde. „Wir hatten es satt, von der Polizei drangsaliert zu werden, bloß weil wir jung und schwarz waren. Daryl Gates hatte den Gangs den Krieg erklärt“, sagte Cube. „Und wenn man glaubt, dass jeder schwarze Jugendliche in einer Gang ist, dann heißt das, dass ein Krieg gegen alle schwarzen Kids geführt wird.“ Dre war anfangs nicht so begeistert. Ihm gefiel die Idee, aber er wollte seine persönliche Situation nicht noch verschärfen. Aufgrund seiner Verkehrsvergehen musste er 1988 an den Wochenenden einsitzen und wurde nur für die Werktage entlassen. „Er wollte nicht, dass der Song erscheint, während er noch ständig in den Knast einrücken musste“, erklärt Cube. „Aber als er das hinter sich gebracht hatte und ich die Idee noch mal aufbrachte, war er damit einverstanden.“

      Laut Jerry Hellers Buch hingen die Mitglieder der Gruppe im Herbst 1987 vor Audio Achievements in Torrance ab, als aus dem Nichts

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