Ein Porträt meines Vaters. George W Bush

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Ein Porträt meines Vaters - George W Bush

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war ein großes Vergnügen, dieses Buch zu schreiben. Ich hoffe, es ist ein ebensolches Vergnügen, es zu lesen.

      ANFÄNGE

      IM SPÄTEN MAI 2014 erhielt ich einen Anruf von Jean Becker, der langjährigen Stabschefin meines Vaters. Sie kam sofort auf den Punkt.

      »Ihr Vater will an seinem 90. Geburtstag einen Fallschirmsprung machen. Was halten Sie davon?«

      Ungefähr 18 Monate zuvor hatte sich Jean bezüglich der Vorkehrungen für die Bestattung meines Vaters bei mir gemeldet. Er hatte wegen einer Lungenentzündung fast einen Monat im Krankenhaus verbracht, und viele befürchteten bereits, dass dieser gute Mann bald das Zeitliche segnen würde. Er konnte nicht mehr gehen und ermüdete sehr schnell. Bei meinen Telefonaten mit ihm jammerte Dad nie. Selbstmitleid ist kein Bestandteil von George Bushs DNA. Und nun hoffte er, einen weiteren Fallschirmsprung in Angriff nehmen zu können – den achten seines Lebens, darunter auch jener, den er aus einem Torpedobomber heraus unternahm, als er von japanischen Flugabwehrstellungen im Jahr 1944 über dem Pazifik getroffen worden war.

      »Bist du dir sicher, dass er das machen will?«, fragte ich

      »Absolut«, meinte sie.

      »Was sagen denn die Ärzte?«

      »Manche erlauben es, andere sind dagegen.«

      »Und was ist mit Mutter?«

      »Sie hat Bedenken. Sie weiß, dass er es tun will. Allerdings befürchtet sie, dass ihn der Sprung überanstrengen könnte und er danach nicht mehr fit genug ist, die Geburtstagsfeier zu genießen, die sie für ihn an diesem Abend geplant hat.«

      Nach einer Denkpause sagte ich: »Ich glaube, er sollte es tun.«

      »Warum?«

      »Weil es ihm das Gefühl geben wird, jünger zu sein.«

      In Wahrheit zählte meine Meinung jedoch nicht viel. Nachdem er bereits an seinem 85. Geburtstag gesprungen war, verkündete mein Dad, auch an seinem 90. Geburtstag springen zu wollen. Und George H.W. Bush steht zu seinem Wort.

      Ein paar Wochen später trafen Laura und ich zu den Geburtstagsfeierlichkeiten in Kennebunkport, Maine, ein. Die Planung des Sprungs war bereits abgeschlossen, die Feier arrangiert, und auch Mutter schien mittlerweile überzeugt.

      Am Nachmittag vor dem Sprung saß ich neben Dad auf der Veranda seines geliebten Walker’s Point, dem Bush-Anwesen, das sich auf einer in den Atlantik hineinreichenden Felszunge befindet. Ich hatte eine Meeresansicht gemalt und trug mit Ölfarbe befleckte Cargohosen. Ein paar friedvolle Minuten lang starrten wir beide schweigend auf den Ozean hinaus.

      »Worüber denkst du nach, Dad?«, fragte ich.

      »Es ist einfach nur so schön«, sagte er, ohne dabei seinen Blick von der See abzuwenden. Es schien, als hätte er damit alles gesagt, was er hatte sagen wollen.

      Still saßen wir ein paar weitere Minuten so da. Dachte er etwa über den Sprung nach? Sein Leben? Gottes Gnade? Ich wollte ihn nicht unterbrechen.

      Dann sprach er: »Gibt es denn diese Hosen auch in Sauber?«

      Ich lachte, etwas, das ich mein ganzes Leben lang mit meinem Vater getan habe. Diese Bemerkung war typisch. Weder der Sprung noch sein Leben bereiteten ihm Sorgen. Er ruhte in sich selbst und ließ andere an seiner Freude teilhaben.

      Der Morgen des Geburtstags am 12. Juni war kühl und grau. Es wehte eine leichte Brise mit vielleicht 25 Stundenkilometern. Zuerst befürchteten wir, dass die Wolken eventuell eine Änderung der Logistik erzwingen würden. Glücklicherweise entschieden die erfahrenen Fallschirmjäger der All Veteran Group, die den Sprung koordinierten, dann aber, dass die Sicht in Ordnung sei. Die Mission blieb auf Schiene.

      Die Crew ließ den Helikopter, einen Bell 429, an. Er stand auf dem saftig grünen Rasen vor dem einstöckigen Holzhaus, das meinem Dad auf Walker’s Point als Bürogebäude diente. Mein Vater trug einen maßgeschneiderten schwarzen Sprunganzug, den ein Aufnäher mit der Aufschrift »41@90« zierte. Vor dem Abflug umfasste sein Programm noch die Einholung der Wetterfreigabe, eine Kontrolle seines Gurts sowie ein Interview mit meiner Tochter Jenna, einer Korrespondentin der TV-Show TODAY. Sogar angesichts seines unmittelbar bevorstehenden Sprungs nahm er sich gerne die Zeit, um seine Enkelin zu unterstützen.

      »Was wünschst du dir für deinen 90. Geburtstag?«, fragte Jenna ihn ganz direkt.

      »Dass alle meine Enkelkinder glücklich sind«, antwortete er. »Ich hoffe, dass ihr Leben genauso wie meines seit 90 Jahren ist – voller Freude.«

      Allerdings fügte er noch einen weiteren Wunsch hinzu, nämlich den, »dass sich der Fallschirm öffnen möge«.

      Sowohl seine Familie als auch seine Freunde versammelten sich um die Landezone, den Rasen der Kirche meiner Eltern, St. Ann’s, wo Dad bereits fünf Jahre zuvor gelandet war. Außerdem hatten seine Eltern hier vor 93 Jahren geheiratet. Meine Mutter drückte es auf die ihr eigene Art wie folgt aus: Falls er den Sprung nicht überleben sollte, habe er es wenigstens nicht weit zu seiner Grabstätte.

      Ungefähr um 10 Uhr 45 kam eines der Mitglieder des Sprungteams auf mich zu.

      »Mr. President«, sagte er, »Ihr Vater ist in der Luft.«

      Ein paar Minuten später konnten wir einen kleinen Punkt in der Luft erkennen. Es war der Hubschrauber, der sich in zwei Kilometer Höhe befand. Nachdem er einen Kreis über der Kirche geflogen war, konnten wir erkennen, wie sich einige Fallschirme öffneten. Zwei gehörten den Springern, die damit betraut waren, den Sprung meines Dads auf Video festzuhalten. Ein weiterer war in Rot, Weiß und Blau gehalten und trug Dad sowie das Springer-Ass Mike Elliott, der schon zum dritten Mal mit ihm sprang und insgesamt bereits auf 10.227 Sprünge zurückblicken konnte. Unter dem Jubel der Menge näherte sich das Sprungtandem dem Boden.

      »Die sind aber wild unterwegs«, sagte mein Bruder Marvin leicht besorgt.

      Er hatte Recht. Der Wind hatte den Fallschirm vom Kurs abgebracht, aber Mike korrigierte die Richtung während des finalen Sinkflugs. Dad plumpste zu Boden, rutschte ein paar Meter über die Erde und fiel schließlich vornüber aufs Gesicht.

      Die Menge hielt den Atem an. Hatte er sich etwa wehgetan? Niemand bewegte sich, bis ihn die Bodencrew aufhob und ihn in seinen Rollstuhl setzte. Die Enkelkinder stimmten im Chor »Happy Birthday« an, um ihre Besorgnis zu überspielen.

      Schließlich teilte sich vor ihm das Meer aus Uniformen, und George H.W. Bush lächelte.

      Mutter und ich gingen auf Dad zu. Sie beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss. Darauf schüttelte ich ihm die Hand und umarmte ihn.

      »Wie hat es sich angefühlt?«, fragte ich.

      »Kalt«, meinte er.

      »Ich bin jedenfalls stolz auf dich, Dad«, sagte ich. »Das war ein toller Sprung.«

      Er deutete auf seinen Partner. »Mike hat die ganze Arbeit gemacht«, erwiderte er.

      Dieser Moment war beispielhaft für den Charakter von George Bush: Er war immer wagemutig und couragiert, strebte stets nach neuen Abenteuern und Herausforderungen. Er war aber auch stets bescheiden und teilte gerne die Anerkennung mit anderen. Er lenkte die Aufmerksamkeit

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