Ein Porträt meines Vaters. George W Bush
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Obwohl mein Großvater in puncto Moral strenge Ansichten vertrat, hatte er auch eine heitere Seite. Er sang liebend gerne, und einige seiner glücklichsten Momente verlebte er beim Singen mit der Familie oder bei den Proben mit den Gesangsquartetten, die er zusammenstellte. Er lachte laut und freute sich über einen guten Witz – vorausgesetzt, die Pointe war jugendfrei. Mehr als nur einmal stürmte er aus dem Zimmer, wenn jemand eine Zote zum Besten gab. 1959 wurde mein Großvater als »Präsidentschaftskandidat« des Alfalfa Clubs, einer fixen Größe im gesellschaftlichen Leben Washingtons, aufgestellt. Mit seiner Dankesrede eroberte er das Publikum im Sturm.
»Von meinem Stab verlange ich das gleiche Pflichtbewusstsein, das ich selbst an den Tag lege«, verkündete er. »Und tatsächlich braucht keiner meiner Leute mehr als 80 Schläge [beim Golf]. Um die stolze Tradition eines Thomas Jefferson fortzusetzen, versuchen wir uns nach dem Grundsatz zu richten: Die beste Regierung ist die, welche am wenigsten regiert.« Als er die Opfer ansprach, die meine Großmutter für ihren Umzug nach Washington hatte bringen müssen, paraphrasierte er Nathan Hale: »Ich bereue nur, dass ich bloß eine Frau habe, die ich für mein Land geben kann.« Viele Jahre später sollten sowohl mein Vater als auch ich und mein Bruder Jeb als Präsidentschaftskandidaten des Alfalfa Clubs in seine Fußstapfen treten.
Dad machte seinen Vater zu seinem Idol. In vielerlei Hinsicht gestaltete er sein eigenes Leben nach dem Vorbild Prescott Bushs: Auch er meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst, zeichnete sich als Geschäftsmann aus und diente in weiterer Folge seinen Mitbürgern. Ich erinnere mich an den Stolz im Gesicht meines Vaters, wenn er seinen Freunden erzählte, dass sein Vater Senator gewesen sei. Ich gehe davon aus, dass er sich, unmittelbar nachdem er 1989 bei seiner Einführung in das Amt des Präsidenten den Eid ablegte, gewünscht hätte, diesen Moment mit seinem Vater teilen zu können. Daher war es umso erfreulicher für mich, meinen Dad bei meinen eigenen Vereidigungen 2001 und 2005 umarmen zu dürfen.
ALS KLEINER JUNGE liebte es mein Dad, mit seinem älteren Bruder Pres (Prescott Bush Jr., benannt nach meinem Großvater) zu teilen. Jedes Mal, wenn er ein Geschenk oder ein neues Spielzeug bekam, rannte mein Vater zu Pres, bot es ihm an und sagte: »Nimm die Hälfte.« Als er ein neues Fahrrad bekam, wollte er Pres die Hälfte überlassen, indem er diesen in eines der Pedale treten ließ. Mein Großvater fing deshalb sogar an, ihn »Nimm die Hälfte« zu nennen.
Prescott und Dorothy Bush bestanden auf einer rigorosen Schulausbildung für ihre Kinder. Dad verbrachte die ersten acht Jahre seiner Schullaufbahn an der Greenwich Country Day School, einer Privatschule, die von ortsansässigen Familien gegründet worden war. Seine frühesten Erinnerungen an die Schule stehen in starkem Kontrast zu meinen eigenen. An der Greenwich Country Day School wurden viele der Kinder am Morgen mit dem Auto, hinter dessen Steuer der Chauffeur der jeweiligen Familie saß, abgeliefert. An der Sam Houston Elementary im texanischen Midland hingegen gingen die meisten Kinder zu Fuß oder fuhren mit ihren Fahrrädern.
Die Highschool, die Prescott und Dorothy Bush für ihre beiden ältesten Söhne aussuchten, war die Phillips Academy in Andover, Massachusetts. Meine Großeltern entschieden sich für diese Schule wegen ihres exzellenten akademischen Rufs und da es ihnen ein Anliegen war, dass ihre Söhne auch Jungs aus anderen Teilen des Landes kennenlernten.
Andover stellte sich als wertvolle Erfahrung heraus, genauso wie auch für mich, als ich eine Generation später dort zur Schule ging. Sowohl mein Vater als auch ich profitierten von der Disziplin und der akademischen Herausforderung. Auch machten wir wichtige Erfahrungen abseits des Klassenzimmers. Als Teenager, die zum ersten Mal auf sich selbst gestellt waren, lernten wir, unabhängig zu sein, hart zu arbeiten und Freundschaften zu schließen.
In Andover zeigte mein Dad seine ihm ureigenen Führungsqualitäten. Seine Mitschüler fühlten sich von ihm angezogen und wollten ihm folgen. Seine Teamkameraden wählten ihn zum Kapitän der Baseball- und Fußballmannschaften sowie zum Spielertrainer des Basketballteams. Er überwachte die Spendensammlungen der Schulkapelle und wurde in seinem Abschlussjahr zum Schülervertreter gewählt.
Obwohl mein Vater auf dem Campus ein großes Tier war, ließ er sich seinen Ruf nicht zu Kopf steigen: Eines Tages wurde ein jüngerer Schüler namens Bruce Gelb von ein paar älteren Jungs schikaniert, möglicherweise sogar, weil er einer der wenigen jüdischen Schüler an der Schule war. Als mein Dad das mitbekam, befahl er ihnen, damit aufzuhören. Sie gehorchten ihm. George Bush ging seines Weges und dachte nicht weiter darüber nach. Bruce Gelb allerdings schon. Er erinnerte sich immer daran, dass einer der beliebtesten Jungs auf dem Campus gegenüber seinem Leid nicht die Augen verschlossen hatte. Er wurde später ein lebenslanger engagierter Unterstützer meines Vaters – und mein Vater berief ihn in einige wichtige Regierungsämter. So machte er ihn etwa zum amerikanischen Botschafter in Belgien und zum Direktor der United States Information Agency.
DAS INTERNAT LEGTE großen Wert auf sein Motto »Das Ende hängt vom Anfang ab« – und George Bush war mit einem guten Anfang gesegnet. Seine Familie liebte ihn, bot ihm eine hervorragende Schulausbildung und vermittelte ihm gute Charaktereigenschaften. Er schloss viele Freundschaften, beeindruckte seine Lehrer und zeichnete sich im Sport aus. Er hatte bald auch seinen nächsten Schritt vor Augen, denn mein Dad war in Yale angenommen worden, wo er in die Fußstapfen seines Vaters treten würde.
Dann, am 7. Dezember 1941, veränderte sich plötzlich alles. Dad und ein paar seiner Mitschüler überquerten gerade den Schul-Campus nahe der Kapelle, als sie erfuhren, dass die Japaner Pearl Harbor bombardiert hatten. Schon am nächsten Tag formierten sich vor den Rekrutierungsbüros des ganzen Landes lange Warteschlangen voller Freiwilliger.
Jeder Junge im Alter meines Vaters stand vor der gleichen Entscheidung: sich zum Kriegsdienst zu melden oder den vorbestimmten Lebensweg weiter zu verfolgen. Die Ratschläge, die mein Vater erhielt, wiesen alle in dieselbe Richtung. In jenem Jahr hieß der Redner bei der Abschlussfeier in Andover Harry Stimson, Präsident Roosevelts Kriegsminister und ein Absolvent der Internatsschule. Er drängte die Schulabgänger, das College zu besuchen, und versicherte ihnen, dass ihnen auch später noch die Möglichkeit offenstehe, sich zum Militär zu melden. Prescott Bush war absolut der gleichen Meinung. Er empfahl meinem Dad, nach Yale zu gehen und einen Weg zu finden, die Kriegsanstrengungen von dort aus zu unterstützen.
Und es gab noch einen weiteren triftigen Grund für meinen Dad, in der Heimat zu bleiben. Während der Weihnachtsferien in seinem Abschlussjahr hatte er in Greenwich an einer Tanzveranstaltung in einem Country Club teilgenommen. Als er sich gerade mit Freunden unterhielt, stach ihm plötzlich die Schönheit eines Mädchens am anderen Ende des Raums ins Auge. Barbara Pierce war 16. Er selbst war 17. Er hätte sie gerne zum Tanzen aufgefordert, doch gab es da ein Problem: Er konnte keinen Walzer tanzen. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich bloß zu unterhalten. Er fand heraus, dass sie aus Rye im Bundesstaat New York stammte und ein Internat in South Carolina besuchte. Sie verstanden sich auf Anhieb und verabredeten sich für den darauffolgenden Tag bei einer Weihnachtsparty im Apawamis Club in Rye.
An diesem Abend