Ein Porträt meines Vaters. George W Bush

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Ein Porträt meines Vaters - George W Bush

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Bauch, was ihm den liebevollen Spitznamen »schwangerer Truthahn« einbrachte.

      Die Avenger war ein schweres Fluggerät und nicht gerade einfach zu manövrieren. Die größte Herausforderung war dabei, den Flieger auf der schmalen, auf und ab schaukelnden Landebahn eines Flugzeugträgers zu landen. Eine ordentliche Landung verlangte Konzentration, Genauigkeit und Teamwork. Ein Pilot musste sich im richtigen Winkel nähern, sich an die Flaggensignale eines Landeoffiziers halten und dann einen der Fanghaken erwischen, damit man nicht am anderen Ende der Landebahn vom Schiff herunterrutschte. Als Präsident war ich selbst einmal als Passagier an Bord einer S-3B Viking bei einer Landung auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln dabei. Ich hatte seit jeher den größten Respekt vor den Piloten, die auf Flugzeugträgern dienten, aber nach dieser Erfahrung verdoppelte sich dieser Respekt sogar noch.

      Im Frühling 1944 stach die San Jac mit Kurs auf den Pazifik in See. Mein Vater saß im Cockpit seiner Avenger für seinen ersten Katapultstart vom neuen Flugzeugträger. Wie er seiner Mutter schrieb, war er »äußerst froh darüber, dass die Maschine funktionierte«. Am 20. April war der Flugzeugträger bereits von Norfolk, Virginia, aus durch den Panamakanal und hinaus nach Pearl Harbor im Pazifischen Ozean gefahren. Die Crew sah dort die verbrannten Überreste der USS Utah sowie der Arizona, was den Männern in Erinnerung rief, warum sie sich überhaupt im Krieg befanden – und wer der Feind war, der ihnen schon bald gegenüberstehen würde.

      Die Monate nach Pearl Harbor waren betrüblich gewesen, da die japanische Kriegsmaschinerie sich ihren Weg durch den gesamten pazifischen Raum bahnte. Ab dem Frühling 1942 waren überhaupt nur noch Australien und Neuseeland als alliierte Bollwerke übrig. Das Blatt begann sich im Mai dieses Jahres allerdings zu wenden, als amerikanische und australische Seestreitkräfte den Vormarsch der Japaner bei der Schlacht im Korallenmeer einen Dämpfer versetzten. Einen Monat später fuhren die USA schließlich ihren ersten großen Sieg bei der Schlacht um Midway ein. Von da an begann die Navy einen Feldzug von Insel zu Insel, um alle japanisch besetzten Gebiete zu befreien, mit dem ultimativen Ziel vor Augen, letztlich Japan selbst anzugreifen.

      Die erste Mission der San Jac bestand darin, die japanischen Stellungen auf Wake Island anzugreifen. Der Einsatz verlief erfolgreich, aber die Gefechte forderten auch erste Opfer. Bei einem Patrouillenflug verschwand Dads Zimmerkumpel und bester Freund auf dem Flugzeugträger, Jim Wykes, vom Radarschirm. Auch Suchmannschaften konnten ihn nicht finden. Er und seine beiden Crewmitglieder wurde vermisst gemeldet, und schon bald war klar, dass sie nicht zurückkehren würden. Mein Vater litt unter dem Verlust seines Freundes. Er verstand, dass der Tod zum Krieg nun einmal dazugehörte, doch dies war eine sehr persönliche Angelegenheit.

      Wenige Tage später verfasste er einen von Herzen kommenden Brief an Jims Mutter. »Ich kenne ihren Sohn gut und habe mich lange genug glücklich schätzen dürfen, mich zu seinen engsten Freunden zu zählen«, schrieb er. »Sein liebenswerter Charakter und seine uneingeschränkte Tugendhaftigkeit haben ihm den Respekt und die Freundschaft jedes Offiziers und jedes gemeinen Mannes im Geschwader eingebracht.« Er fuhr fort: »Sie haben einen liebenden Sohn verloren. Und wir einen geliebten Freund.«

      Dies war aber nur der erste von vielen solchen Briefen, die mein Vater an die Familien gefallener Kameraden verschickte. Jahrzehnte später sollte er als Präsident erneut ähnliche Briefe schreiben müssen. Ebenso ich selbst. Natürlich kann nichts, was in so einem Brief steht, den Verlust eines lieben Menschen wiedergutmachen. Aber der simple Akt, eine solche Botschaft zu schreiben und damit seine Anteilnahme zu zeigen, kann dabei helfen, den Schmerz einer trauernden Familie zu lindern.

      Nach dem Einsatz bei Wake Island fuhr die San Jac Richtung Saipan. Mitte Juni geriet der Flugzeugträger dann plötzlich unter Beschuss durch japanische Kampfflieger. Als das Startkatapult die Avenger meines Vaters in die Luft bugsierte, sank schlagartig der Öldruck. Der Motor setzte aus. Die einzige Option war eine Wasserlandung. Fähnrich Bush lenkte das Flugzeug in den Ozean, kam zuerst mit dem Heck auf und schlitterte über die Wasseroberfläche. Er und seine Crew kletterten auf einen der Flügel, bliesen ein Rettungsfloß auf und paddelten vom Flugzeug weg, während unter Wasser die Bomben an Bord der Avenger detonierten. Ein amerikanischer Zerstörer, die C.K. Bronson, fischte sie dann mithilfe eines Ladenetzes aus dem Wasser. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass George Bush auf ein Rettungsfloß angewiesen sein würde.

      Fliegen war gefährlich, aber das traf auch auf das Leben auf einem Schiff zu. Eines Nachts befand sich mein Vater gerade im Dienst auf Deck, als sich ein Flugzeug im Landeanflug auf den Flugzeugträger befand. Der Pilot schätzte allerdings die Entfernung falsch ein, verfehlte den Landehaken und donnerte in ein Geschütz. Der Pilot, die Crew sowie einige Unbeteiligte wurden dabei getötet. Dad sah das zuckende Bein des Piloten auf Deck liegen, bevor ein Unteroffizier ein paar Matrosen befahl, sauber zu machen und sich auf weitere Landungen vorzubereiten.

      Solche Erfahrungen müssen tiefe Spuren bei einem zwanzigjährigen Jungen hinterlassen haben. Je mehr ich über die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erfuhr, desto mehr bewunderte ich George Bush und die vielen anderen seiner Generation, die damals ihrem Land dienten.

      VON ALL DEN grauenvollen Tagen, die George H.W. Bush durchleben musste, war indes keiner dramatischer als der 2. September 1944. Die Piloten des Geschwaders waren bereits früh auf und versammelten sich zu einem Briefing bezüglich einer Mission, bei der ein Funkturm auf der stark befestigten Insel Chichi Jima zerstört werden sollte. Die Anlage war der wichtigste Kommunikationsknotenpunkt der Bonin-Inseln, denen eine Schlüsselfunktion bei der Verteidigung des japanischen Reiches zuwuchs.

      Mein Vater flog praktisch immer mit denselben beiden Crewmitgliedern, dem Kanonier Leo Nadeau und dem Funker John Delaney. Aber an diesem Tag bat ein Lieutenant Junior Grade namens Ted White darum, als Kanonier mitkommen zu dürfen. White, der Waffenoffizier des Geschwaders und Yale-Absolvent, wollte die Waffensysteme im Einsatz begutachten. Dad warnte ihn, dass womöglich ein heißer Ritt bevorstehe. Erst am Tag zuvor waren sie über Chichi Jima unter schweren Beschuss geraten. White bestand allerdings darauf, mitzukommen, woraufhin mein Vater einlenkte, und auch der Skipper, Lieutenant Don Melvin, gab sein Einverständnis.

      Gegen 7 Uhr 15 stiegen vier Avengers von der San Jac auf und flogen in Formation Richtung Chichi Jima, während ihnen Hellcat-Jagdflugzeuge von oben herab Rückendeckung gaben. Das Flugzeug meines Vaters, in dem nun White als Kanonier und Delaney als Funker saßen, sollte als drittes dem Ziel entgegenstürzen. Als sie schließlich in den Sinkflug übergingen, gerieten sie unter Flak-Beschuss seitens der japanischen Stellung. Leuchtspurgeschosse durchschnitten den Himmel, und explodierende Sprengsätze erfüllten die Luft mit schwarzem Rauch. Plötzlich wurde die Avenger durchgerüttelt und taumelte bugwärts. Die Maschine war getroffen worden. Rauch drang ins Cockpit, und ein Feuer breitete sich auf den Flügeln in Richtung der Treibstofftanks aus.

      Mein Dad war entschlossen, die Mission durchzuziehen. Er setzte seinen Sturzflug mit 300 Stundenkilometern fort, warf die Bomben ab, traf das Ziel, drehte scharf ab und entfernte sich von der Insel. Er hatte gehofft, neuerlich eine Wasserlandung hinlegen zu können, doch das Flugzeug stand bereits in Flammen und ihm rannte die Zeit davon. Die einzig verbleibende Option war, auszusteigen.

      »Wir springen ab!«, rief er seinen Crewmitgliedern über die Sprechanlage zu.

      Dann legte er die Maschine leicht in die Kurve, um den Druck auf die Crew-Luke zu verringern. Er nahm an, dass Delaney und White absprangen.

      Da ihm nur mehr Sekunden blieben, öffnete er seine Gurte, stieg aus dem Cockpit und zog die Reißleine seines Schirms.

      Doch der Sprung verlief nicht nach Plan. Mein Vater erlitt einen Cut am Kopf, und das Heck des Flugzeugs fügte seinem Fallschirm einen Riss zu. Er schlug hart auf dem Wasser auf und ging unter. Als er wieder auftauchte, blutete sein Schädel, und er musste sich übergeben, da er zu viel Meerwasser geschluckt hatte. Außerdem war er mit einer Portugiesischen Galeere – einer Qualle – in Berührung gekommen. Er schwamm blind

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