Höllen-Lärm. Ian Christe
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Während um sie herum die Rock ’n’ Roll-Hierarchie zerbarst, fühlten sich Beobachter von der Einsicht überwältigt, dass mit Black Sabbath ein vollkommen neues musikalisches Zeitalter begonnen hatte. „Paranoid ist ein Anker“, meint Rob Halford, der Sänger von Judas Priest, die zu jener Zeit als Birminghamer Lokalband aktiv waren. „Es fasst die gesamte Metal-Bewegung auf einer einzigen Platte zusammen. Da ist alles drauf: die Riffs, die Stimme von Ozzy, die Songtitel, das, wovon die Texte handeln. Es ist einfach ein Klassiker, der das ganze Genre definierte.“
Schon bald nisteten sich Mitbewohner in Sabbaths riesigem Klangraum ein. Begeisterte Sabbath-Jünger, die es bis zum Vertrag für ein einzelnes Album geschafft hatten, spielten in den Studentenclubs der Universitäten und ließen dem großen Knall ein frühzeitiges und schnelllebiges Nachbeben folgen. Die bizarre Flower Travelin’ Band aus Japan und die stümperhaften Suck aus Südafrika nahmen schon 1970, als das Vinyl der Originalplatten kaum trocken war, Black-Sabbath-Coverversionen auf. Andere waren durch die Aussicht auf schnelles Geld motiviert, Sabbath nachzuahmen. Auf einem Album des Duos Attila von 1970 präsentierte sich Billy Joel, der junge Schnulzensänger aus Long Island (damals Rockkritiker und zeitweise Psychiatriepatient), in einem mongolischen Kriegeranzug, spielte eine laute Hammond-B3-Orgel zu einem Hardrockbeat und verursachte mit den Songs „Amplifier Fire“ und „Tear This Castle Down“ Ohrenschmerzen.
Vor Black Sabbath bezog sich „heavy“ eher auf ein Gefühl als auf einen besonderen Musikstil, so, wie es auch in der Hippiesprache alles bezeichnete, was mit einer starken Stimmung verbunden war. Jimi Hendrix und die Beatles schrieben oft Songs, die auf einen „heavy break“ zuliefen, einen Übergang zwischen Melodien, der starke widerstreitende Gefühle und Vorstellungen in Einklang zu bringen versuchte. Das „Metal“ in Heavy Metal brachte eine stählerne Widerstandskraft in dieses Bemühen, eine unumstößliche thematische Stärke, die Spannung und ungehemmte Emotionen gewährleistete. So, wie er durch Black Sabbath definiert wurde, war Heavy Metal ein komplizierter Sog aus Neurosen und Wünschen. Geformt zu einer unbeugsamen Kraft von trügerischer Einfachheit, besaß er einen unstillbaren Lebenshunger.
Was die Formulierung selbst betrifft: In seinem Roman Nova Express nannte der Beat-Schriftsteller William S. Burroughs eine Figur „Uranium Willy, the heavy metal kid“. Der Kritiker Lester Bangs, ein früher und belesener Fürsprecher von Black Sabbath, wendete den Begriff später auf Musik an. Davor war „Heavy Metal“ ein Ausdruck aus dem neunzehnten Jahrhundert, der in der Kriegsführung zur Beschreibung von Feuerkraft und in der Chemie als Bezeichnung für neu entdeckte Elemente von hoher Molekulardichte benutzt wurde. Als John Kay von Steppenwolf 1968 in seinem Song „Born To Be Wild“ von „heavy metal thunder“ sang, beschrieb er lediglich das dröhnende Geräusch von Motorrädern. Ohne Black Sabbath war die Formulierung nur ein poetischer Zufall.
Es gab wenige Steine, die ein eifriger Soundarchäologe hätte umdrehen können, um Vorläufer für den revolutionären Neuanfang zu entdecken, den Black Sabbath ausgelöst hatten und verkörperten. Ein weiterer Verdächtiger für die Urheberschaft am Heavy Metal, Jimi Hendrix, stritt klugerweise jede Verantwortung ab. In einem Interview mit einem Journalisten kurz vor seinem Tod trat der Visionär der E-Gitarre beiseite und verkündete, Heavy Metal sei „die Musik der Zukunft“.
BLACK SABBATH
Black Sabbath wurden Ende der Sechzigerjahre im englischen Birmingham gegründet und gelten als die Erfinder des Heavy Metal. Sie waren die erste laute Gitarrenband, die sich von gerade angesagten Trends verabschiedete und die einzigartigen, stimmungsvollen Dimensionen dieses explosiven neuen Sounds erkundete. Das Originalquartett (Gitarrist Tony Iommi, Bassist Geezer Butler, Schlagzeuger Bill Ward und Sänger Ozzy Osbourne) brachte in der ersten Hälfte der Siebziger eine Reihe unerreicht einflussreicher Alben heraus. Sie waren allen anderen zwei Schritte voraus – lauter und schneller, erfindungsreicher und vielseitiger. Vor allem aber hatten sie die besten Riffs, eine unübertroffene Gitarre und Bassläufe, die man ein Leben lang nicht vergisst. Geezer Butler sagte viele Jahre später gegenüber Guitar Player: „Lars Ulrich von Metallica erzählte, er hätte als Kind nie von Led Zeppelin gehört. Er wuchs mit Black-Sabbath-Alben auf.“
Kommt zum Sabbath – die wichtigsten Ozzy-Alben:
Black Sabbath (1970)
Paranoid (1970)
Master Of Reality (1971)
Vol. 4 (1972)
Sabbath Bloody Sabbath (1973)
Sabotage (1975)
Technical Ecstasy (1976)
Never Say Die (1978)
In den Gründerjahren teilten sich Black Sabbath das Heavy-Metal-Rampenlicht mit zwei anderen englischen Bands, Led Zeppelin und Deep Purple. Ihnen vorausgegangen waren Cream, ein kurzlebiges, von verzerrtem Sound begeistertes
Bluestrio, das Eric Clapton 1966 gegründet hatte. Während Black Sabbath das Wesen des Heavy Metal entfesselten, arbeiteten Led Zeppelin und Deep Purple seine Konturen aus und verliehen ihm Sexappeal. Wie es zu jener Zeit, als Filmstars der Church of Satan beitraten, modern war, umgaben sie ihre druckvolle Musik mit allerlei Hexenkunst.
Während Sabbath Vorwürfe der Teufelsanbetung zurückwiesen, war der Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page in das ehemalige Anwesen des hedonistischen englischen Häretikers Aleister Crowley eingezogen und hielt dort Hof. Ritchie Blackmore, der Gitarrist bei Purple, krönte sein explosives Naturell gewöhnlich mit einem spitzen schwarzen Hexenhut.
Led Zeppelin hatten als Inbegriff der Hardrockbands der Siebziger enormen Einfluss auf die Entwicklung des Heavy Metal – der Samen der Band fand sich vielerorts, und das nicht nur im körperlichen Sinn. Jede Geste von Zeppelin war grandios – vielleicht nicht unbedingt
majestätisch, aber zumindest verlangte sie nach königlicher Aufmerksamkeit. Sänger Robert Plant, Gitarrist Jimmy Page, Bassist John Paul Jones und Schlagzeuger John Bonham stellten übermächtige Stereotypen dar, langhaarige Hedonisten, deren Großtaten in dicken Rockschmökern wie Hammer of the Gods für die Ewigkeit festgehalten wurden. Fans hatten so etwas, vor allem bei den Rolling Stones, bereits zuvor erlebt, aber niemals so ausgeprägt. Der Nervenkitzel dabei machte es zu Metal.
Anders als beliebte Zeitgenossen wie Grand Funk Railroad, die sich damit zufrieden gaben, einfach draufloszudreschen, teilten Led Zeppelin und Black Sabbath das Gespür für Herausforderungen. Während Black Sabbath jedoch die Revolution forderten, waren Led Zeppelin eher eine Gruppe musikalischer Interpreten, weniger Initiatoren. Zeppelins liebreizendes und etwas schleppendes Traumgedicht „Stairway To Heaven“ besaß harte Momente, nahm aber insgesamt eine recht anständige und entspannte Haltung ein. Black Sabbaths „War Pigs“ war andererseits ganz und gar Katastrophe, brennend und zutiefst unbefriedigt. In ganz ähnlicher Weise stellte auch die Vorstadtszene auf der Rückseite der Plattenhülle von Led Zeppelins IV eine buchstäblich zivilisierte Version der überwucherten Landschaft dar, die auf Black Sabbath abgebildet war. Es gab immer mehr Bands, die wie Led Zeppelin klangen – das war einfacher. „Stairway“ mag in den Siebzigerjahren das Rockradio dominiert haben, aber wenn „War Pigs“ aus der Jukebox kam, ähnelte das stets einer Zeremonie.
Im Gegensatz zu den schmucklosen Konzepten von Sabbath and Zeppelin stellten Deep Purple eine ungeheure Rock ’n’ Roll-Urgewalt dar, die sich aus der dynamischen Klangmauer von Jon Lords Hammondorgel, Ritchie Blackmores melancholischer Fender Stratocaster und Ian Gillans unvergesslichem,