Dr. Norden Extra Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Das freut mich. Sie haben sich gleich gemocht, als sie sich kennenlernten.«
»Das ist gut für beide. Jetzt sollten Sie aber abschalten und schlafen, Frau Bürgner.«
»So langsam werde ich auch wieder müde.«
Gehorsam schloß sie die Augen, und ein schöner Traum machte diesen Schlaf doppelt erquickend.
*
Constantin hatte unterdessen mit Jochen telefoniert. Er konnte noch nichts Neues berichten. Joana war noch immer bewußtlos, und die Lebensgefahr war noch nicht gebannt.
Jochen Heeren war deprimiert. Er sah Joana anders als viele andere Menschen. Er hatte sie geliebt, und in seinem Leben gab es nur diese eine Frau. Er liebte sie mit all ihren Fehlern und Schwächen, trotz vieler Streitereien in letzter Zeit, wobei es immer um ihre Einstellung zu Cordula und Ulrich ging und sie nur ans Geld dachte.
Aber Jochen konnte sich einfach nicht vorstellen, daß nun auch sie so hilflos im Krankenbett lag und mit dem Tode rang. Er brauchte sich jedoch darüber keine Gedanken mehr zu machen.
In dieser Nacht tat Joana Heeren ihren letzten Atemzug. Eine Lungenembolie löschte ihr Leben aus. Ihr geschwächter Körper hatte keine Widerstandskraft mehr.
Jochen wurde vom Läuten des Telefons geweckt. Es war genau sechs Uhr morgens. Er war noch schlaftrunken, aber diese Nachricht begriff er doch gleich.
»Ich komme sofort«, sagte er. Nun, da das Ende da war, fühlte er sich kurzfristig wie gelähmt.
Er überlegte, was alles zu tun war, wenn er fast den ganzen Tag abwesend sein würde. Es kam ihm in den Sinn, daß Sonntag war, eine besondere Speisekarte schon gedruckt war und die Küche darauf eingestellt sein mußte. Dann kamen auch noch vier neue Gäste an. Es war nicht zu vermeiden, daß er mit ein paar Angestellten sprechen mußte, wenn es ihm auch schwerfiel. Er kleidete sich in Windeseile an. In der Küche herrschte schon Hochbetrieb. Das Frühstücksbuffet wurde hergerichtet. Daß er so früh erschien, war unauffällig, denn er war oft schon am frühen Morgen anwesend, um alles zu kontrollieren. Daß es heute einen besonderen Anlaß gab, sah man seiner Miene an. Erschüttert war dennoch niemand. Joana war nicht beliebt gewesen. Ihr herrisches Auftreten hatte ihr keine Freunde geschaffen. Den kleinen Ulrich hatten jedoch alle gemocht und ihn auch bedauert. Jetzt dachte mancher, daß dem Chef viel erspart bleiben würde. Und alle versprachen, ihr bestes zu tun, nachdem sie der Pietät halber ihr Bedauern ausgedrückt hatten.
Irgendwie spürte es Jochen schon, daß es keine echte Trauer war, und auf der Fahrt dachte er über Joana nach, über ihre Einstellung zu Cordula, ihren Neid auf die Halbschwester, die ihr immer nur Gutes getan hatte.
Ja, sie hatte gehofft, daß Cordula sterben würde, doch nun war sie selber tot. Und während Jochen das dachte, wurde ihm gar nicht bewußt, wie weit er sich innerlich schon von ihr entfernt hatte.
Im Krankenhaus sagte er dann, daß er seine Frau so in Erinnerung behalten wolle, wie sie vor dem Unfall war und man den Sarg schließen solle, der dann nach Garmisch überführt werden würde. Damit hatte er ein Bestattungsinstitut beauftragt.
Als er die Klinik verließ, begriff er es erst richtig, daß Joana tot war. Mittlerweile war es elf Uhr geworden. Er fuhr zu einem Restaurant, um einen Kaffee zu trinken und einen Happen zu essen, denn zu Hause hatte er sich die Zeit dazu nicht genommen. Und er wollte Constantin anrufen. Dort meldete sich aber niemand, und so nahm Jochen an, daß Constantin wohl schon in die Klinik gefahren sei. Die Nummer hatte er sich auch notiert. Aber jetzt wollte er erst etwas trinken. Seine Kehle war ganz trocken und rauh, das merkte er schon, als er seine Bestellung aufgab…
*
Bei der Morgenvisite in der Behnisch-Klinik hielt sich Dr. Dieter Behnisch an diesem schönen sonnigen Sonntagmorgen etwas länger bei Cordula auf, da Dr. Werner ihm berichtet hatte, daß sie noch recht lange wach gewesen sei. Sie sagte dem Arzt gleich, daß sie ihm gern einige Fragen stellen würde.
Aber dann war er doch überrascht, als sie ihn fragte, ob er wußte, an welcher Krankheit ihr Mann Thomas gelitten hätte.
»Er war nie Patient bei mir, Frau Bürgner«, antwortete Dr. Behnisch.
»Er hat sich in Amerika untersuchen lassen, das hat er mir gesagt, aber Genaueres nicht. Und ich mache mir jetzt Gedanken, daß es eine unheilbare Krankheit gewesen sein könnte, die ihn zu einer Verzweiflungstat getrieben hat.«
»Sie meinen die Bruchlandung?« fragte der Chirurg erschrocken. »Aber wenn er so was geplant hätte, wäre es für ihn doch ein Leichtes gewesen, die Maschine abstürzen zu lassen, so daß niemand eine Überlebenschance gehabt hätte.«
»Daran habe ich nicht gedacht«, gab Cordula zu, »aber Sie haben recht. Es hat doch sicher eine Obduktion stattgefunden.«
»Ja, das stimmt. Er hatte vorher schon einmal einen Herzinfarkt – oder auch zwei. Man nennt das stille Infarkte, weil man sie als solche nicht zur Kenntnis nimmt. Er litt an einer Verengung der Aorta. Die Bruchlandung war ganz sicher nicht beabsichtigt. Sein Herz hat nicht mehr mitgemacht.«
»Das erklärt dann auch, daß er mir noch eine Warnung zurief. Das hätte er sonst wohl auch nicht getan. Aber es beruhigt mich, daß mein aufkommender Verdacht absurd war. Thomas hat mir leider nicht gesagt, daß er Herzbeschwerden hatte.«
»Viele Menschen wollen das nicht wahrhaben, Frau Bürgner. Ach, das vergeht schon wieder von selbst, tröstet man sich, und dann ist es eines Tages doch zu spät. Sie brauchen sich keinen Vorwurf zu machen.«
»Mir geht so vieles durch den Sinn«, sagte Cordula leise.
»Sie sollten jetzt nur an ihre Genesung denken. Ihr Kind braucht Sie.«
Und dann kam Ulrich auch schon, diesmal sogar mit einem Blumenstrauß. Cordula bekam einen feuchten Kuß.
»Ich war schon mit Schwester Nora auf der Wiese und habe dir die Blumen gepflückt, Mamilein. Schwester Nora ist ganz lieb. Sie kann so schöne Geschichten erzählen. Die muß ich Benny dann auch gleich erzählen. Aber jetzt ist sein Daddy gekommen. Der möchte dich auch mal besuchen, Mami. Darf er?«
»Ja, er darf.«
»Aber du läßt dich nicht für einen Film beschwatzen, du mußt dich erst erholen.«
»Das wird noch lange Zeit brauchen, und ich werde wohl gar nicht mehr filmen, Ulli. Ich möchte lieber soviel wie nur möglich mit dir zusammen sein.«
Da ging ein strahlendes Lächeln über sein kleines Gesicht. »Das ist wunderschön, Mami, mehr wünsche ich mir gar nicht«, flüsterte er, und er bedeckte ihr Gesicht mit stürmischen Küssen. Da ertönte Constantins Stimme von der Tür her:
»Hoppla, junger Mann, nicht so stürmisch!«
»Ich halte es schon aus«, sagte Cordula glücklich. »Schau, ich darf mich schon ein bißchen aufsetzen.«
»Und bald wirst du mit uns spazierengehen, Mami«, sagte Ulrich. »Ich habe doch jeden Abend gebetet, und der liebe Gott hat es gehört. Weißt du schon, daß Mami nicht mehr filmen will, Constantin?«
»Bisher nicht, aber mich würde es freuen«,