Dr. Norden Extra Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Da sie gut untergebracht ist, könntest du ja noch auf ein Stündchen zu mir kommen«, schlug sie vor.
»Wird hocherfreut und dankend angenommen«, erwiderte er. »Der Abschied kam doch ein bißchen zu schnell.«
Er war ein Optimist, und jetzt blickte er schon ganz zuversichtlich in die Zukunft. In eine Zukunft, in der auch Anja ihren Platz haben würde.
Ebenso dachte Cordula, die an diesem Abend noch nicht einschlafen konnte. Sie war geistig voll da, und nachdem Constantin gegangen war, ließ sie ihr Leben wie einen Film vor ihren geistigen Augen abrollen.
Sie konnte es nicht begreifen, daß sie Thomas geheiratet hatte, obgleich sie sich doch mit Constantin stets so gut verstanden hatte. Er war immer für sie dagewesen, sie hatte sich stets auf ihn verlassen können. Und dann hatte er ihr Thomas vorgestellt…
»Ein glühender Verehrer von dir, Cordula«, hatte er gesagt. Eine imponierende Erscheinung war Thomas Bürgner schon gewesen, ganz anders als der stille, intellektuelle Constantin, der im Grunde doch der klügere und liebenswertere Mann war.
Nein, sie wollte nicht behaupten, daß sie unglücklich in dieser kurzen Ehe gewesen wäre, denn abgesehen von Thomas’ Eifersucht hatte es kaum Differenzen gegeben. Allerdings waren sie auch viel getrennt gewesen, da sie selbst voll beschäftigt gewesen war.
Aber wie oft hatte sie in stillen Stunden ihren Mann mit Constantin verglichen! Dann war es doch geschehen, daß die Erkenntnis kam, wem ihr Herz wirklich gehörte. Es war, als würde ein Schleier zerreißen, als Thomas für eine Woche in Amerika war und Constantin ans Herz gelegt hatte, sich um Cordula und Ulrich zu kümmern. Sie waren an den Tegernsee gefahren und hatten ein Haus angeschaut, das Thomas kaufen wollte. Es hatte Cordula aber nicht gefallen. Es war ihr zu pompös. Es paßte nicht in die Landschaft. Sie wollte etwas ganz anderes und sie hatte auch ein Haus gesehen, das ihr zusagte – im ländlichen Stil mit viel Holz war es gebaut. Aber die Vorbesitzer konnten sich doch nicht zu einem schnellen Verkauf entschließen.
Sie hatten dennoch mit Ulrich einen herrlichen Tag verlebt, hatten eine Bootsrundfahrt über den See gemacht, und plötzlich war dieser elektrisierende Funke übergesprungen, als Constantin dem Arm um sie legte. Verträumt hatten sie zusammen über den See geblickt, der unter den Strahlen der Sonne geheimnisvoll glitzerte.
Sie hatten sich angeschaut, ihre Blicke waren ineinander versunken, und selbst jetzt, da Cordula daran zurückdachte, verspürte sie wieder dieses atemberaubende Gefühl, das sie einander buchstäblich in die Arme getrieben hatte.
Da hatte es dann auch kein Verleugnen mehr von Constantins Seite gegeben. Es waren die wundervollsten Stunden ihres Lebens gewesen, als sie begriff, daß sie endlich zu sich selbst und so auch zu ihm gefunden hatte.
Eine faire Lösung von Thomas hatte sie angestrebt, eine geschäftliche von ihm strebte Constantin an, und beide wurden sie von seiner Haltung überrascht, bevor sie überhaupt sagen konnten, worum es ihnen ging.
Constantin bekam zu hören, daß er mit allen Vollmachten ausgestattet würde und auch Teilhaber werden könnte, wenn er bleiben würde, denn er sei unersetzlich für ihn. Und als Cordula ihrem Mann gestand, daß sie doch einen neuen Vertrag unterschrieben hätte, begehrte er nicht auf wie sonst, sondern meinte, daß sie aber doch wenigstens mal einen gemeinsamen Urlaub mit Ulrich machen könnten.
Plötzlich befand sie sich in einem Zwiespalt, denn sie hatte Angst, daß er ihr Ulrich wegnehmen würde, wenn sie sich von ihm trennte und daß seine Loyalität für Constantin in Haß umschlagen würde, wenn er erfuhr, daß er der eigentliche Grund für ihre Entscheidung war.
Sie konnte Thomas nicht belügen, denn es würde ja doch herauskommen. Ihr konnte nur helfen, sich in aller Ruhe mit ihm auszusprechen. Und so hart es für Constantin auch war – er meinte auch, daß der Urlaub eine Klärung bringen könnte.
Thomas gestand ihr dann auch ein, daß er in Amerika gewesen sei, um Ärzte zu konsultieren, denn daß mit ihm einiges nicht in Ordnung sei, wäre ihr wohl auch nicht verborgen geblieben, da von einem Eheleben schon längere Zeit nicht mehr die Rede sein könnte. Wie gehemmt er war, verriet die Art der Umschreibungen, ohne das Problem direkt zu erwähnen. Doch Cordula wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen. Er tat ihr leid. Aber sie hatte sich ein Herz gefaßt und über Constantin gesprochen.
Jetzt, da sie in ihrem Bett lag, sah Cordula diese Szene wieder ganz deutlich vor ihren Augen.
»Was würdest du sagen, wenn ich mich für Constantin entschieden hätte, Thomas?« hatte sie ihren Mann gefragt.
Er war nur leicht zusammengezuckt. »Eigentlich hätte ich mir so etwas schon lange denken können. Aber warum hast du ihn nicht geheiratet, sondern mich?«
»Weil ich mir über meine Gefühle nicht im klaren war. Ich mußte ständig in den Filmen die Liebhaberin spielen, so daß tiefe Gefühle in mir nicht aufkommen konnten. Wahrscheinlich hatte ich auch zu sehr meine Karriere im Sinn, und Constantin hat nie von Liebe gesprochen. Er war immer nur der gute, treue Freund. Ich will doch nicht sagen, daß ich dich nicht mag, oder daß ich dich aus materiellen Erwägungen geheiratet habe. Es hat mir schon gefallen, wie du mich umworben hast, und Constantin hat es hingenommen. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, daß mir plötzlich bewußt wurde, was er mir tatsächlich bedeutet.«
»Vielleicht deshalb, weil ich dir nichts bedeuten konnte. Ich möchte dir auch deine Freiheit gestatten, Cordula, aber bitte, sprich nicht von Scheidung. Du und Ulrich, ihr bedeutet mir so unendlich viel. Vielleicht werde ich nicht mehr lange leben, dann bist du ganz frei.«
Es hatte in ihren Ohren theatralisch geklungen, aber als sie dann am nächsten Tag im Flugzeug saß und den Tod vor den Augen hatte, fragte sie sich doch, ob er sie und Ulrich nicht absichtlich mit in den Tod nehmen wollte, der ihm der einzige Ausweg zu sein schien.
War es so gewesen? Das war die Frage, die für Cordula offenblieb. Ob Constantin diese Frage auch beschäftigte? Sie hatte mit ihm noch nicht darüber gesprochen. Es war ein zu beklemmender Gedanke. Aber was mochte wohl in dem Kopf eines Menschen vor sich gehen, der möglicherweise unheilbar krank war?
Cordula erschrak, als die Tür aufging. Dr. Jenny Behnisch kam herein. Sie machte ihren üblichen Rundgang.
Sie fühlte ihren Puls. »Sie schlafen ja noch gar nicht«, sagte sie verwundert.
»Wahrscheinlich habe ich in den letzten Monaten zuviel geschlafen, und nun geht mir vieles durch den Sinn, das mich nicht zur Ruhe kommen läßt.«
»Aber Sie sollten sich nicht den Kopf zerbrechen, das schadet Ihnen nur«, mahnte Jenny.
»Ich glaube, ich bin über den Berg, und es ist ganz gut, wenn die Gehirnzellen wieder arbeiten.«
»Das freut uns. Allerdings sollten Sie nur an was Schönes denken.«
»Das ist nicht so einfach. Ich hätte eine Bitte, Frau Doktor. Könnten Sie mal im Krankenhaus anrufen und sich nach dem Befinden meiner Schwester erkundigen? Constantin wird ja wohl kaum Auskunft bekommen, und mein Schwager wird auch genug anderes zu denken haben.«
»Ich werde mich morgen erkundigen«, versprach Jenny.
»Danke. Ist mit Ulrich alles in Ordnung? Schläft er?«
»Wie ein