Die Jugend des Königs Henri Quatre. Heinrich Mann

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Die Jugend des Königs Henri Quatre - Heinrich Mann

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auf den Tag, als er sie verlassen hatte, und erzählten, damals habe sie sich in den Brunnen gestürzt: derselbe Brunnen, über den die beiden, siebzehn und achtzehn Jahre alt, einst geneigt gewesen waren. Woher die Rede? Es hatte doch keiner ihnen zugesehen.

      Jesus

      Noch ritt Henri durch das Land, wie ein Prinz es muß, den Schlachten entgegen, oder weil er heiraten soll. Henri von Navarra sollte Marguerite von Valois heiraten und mußte aus seiner Gascogne bis nach Paris reiten, aber er hatte harte Schenkel. Sie saßen vierzehn Stunden und länger im Sattel, wenn es ihnen darauf ankam, achteten auch auf die Gesundheit ihres Pferdes, da sie nicht immer Geld hatten für ein anderes: sie hätten es denn von einer Weide mitgenommen.

      Vornweg, aber immer umgeben von anderen, ritt Henri, und dann folgten viele. Allein war er nie. Man war nie allein, man lebte im Getrappel und im Dunst der Tiere sowie im Geruch der eigenen Leiber, die erwärmtes Leder, feuchtes Tuch trugen. Nicht nur der Schimmel trabte mit ihm dahin, sondern der ganze geschlossene Haufe gleichgesinnter Abenteurer, fromm und verwegen, versetzte den Reiter schneller als anzunehmen, ja, wie ein verzaubertes Gefährt versetzte ihn der berittene Haufe von Dorf zu Dorf. Die Bäume blühten weiß und rot, vom blauen Himmel wehte weiche Luft, die jungen Abenteurer lachten, sangen, stritten! Manchmal saßen sie ab, verschlangen viel Brot, der rote Wein stürzte sich in ihre Kehlen, ihnen verwandt wie Luft und Erde. Die Mädchen mit der goldigen Haut kamen von selbst und setzten sich auf die Knie der Jungen mit braunen Wangen. Die Jungen brachten die Mädchen zum Kreischen oder Erröten, die einen mit einem schnellen Griff, die anderen durch selbstgemachte Verse, und die waren ebenso dreist. Unter sich, im Reiten, sprachen sie oft von der Religion.

      Alle um Henri waren kurz vor oder nach dem zwanzigsten Jahr, alle aufsässig, voll Widerspruch gegen die Einrichtungen der Welt und gegen die Mächtigen. Diese hatten sich, ihnen zufolge, Gott entfremdet. Gott meinte alles anders als sie, er war gesonnen wie diese Zwanzigjährigen. Daher waren auch alle ihrer Sache ganz sicher und fürchteten selbst den Teufel nicht, um so weniger aber den Hof von Frankreich. Unterwegs, solange sie noch im Süden waren, traten alte Hugenotten ihnen in den Weg, erhoben beide Hände und beschworen den Prinzen von Navarra, sich vorzusehen. Er kannte es längst, sie waren mißtrauisch durch zahlreiche Erfahrungen. »Aber, liebe Freunde, das wird jetzt alles ganz anders. Ich heirate die Schwester des Königs. Ihr sollt die Glaubensfreiheit haben, mein Wort darauf!«

      »Wir stellen die Freiheit her!« riefen die Reiter ringsum und hinten.

      »Die Selbstherrlichkeit des Volkes!«

      »Das Recht! Das Recht!«

      »Ich sage: die Freiheit!«

      Dies war das stärkste ihrer Worte. Damit versehen und gerüstet, ritten sie im Haufen nach Norden. Viele, vielleicht die Mehrzahl, verstanden es einfach so, daß sie in der Macht und den Genüssen ablösen wollten alle, die jetzt nach ihrer Meinung frei waren. Henri begriff sie durchaus, er erkannte diese Art Menschen in der Menge und liebte sie ziemlich, mit ihnen war leicht leben. Seine Freunde indessen waren nicht sie. Freunde sind schwierigere Wesen, der Verkehr mit ihnen ist sowohl gespannter als unsicherer, und er nötigt immer wieder dazu, sich zu verantworten.

      »In summa«, sagte Agrippa d'Aubigné, während sie im Haufen ritten: »Du bist weiter nichts, Prinz, als was das gute Volk aus dir gemacht hat. Deswegen kannst du dennoch höher sein, denn das Geschaffene ist manchmal höher als der Künstler, weh aber dir, wenn du ein Tyrann würdest! Gegen einen offenkundigen Tyrannen haben sogar die unteren Beamten alles Recht von Gott.«

      »Agrippa«, erwiderte Henri, »wenn du recht hast, bewerbe ich mich um eine untere Beamtenstelle. Nun sind dies aber Spitzfindigkeiten von Pastoren, und ein König bleibt ein König:«

      »Sei froh, daß du nur der Prinz von Navarra bist!«

      D'Aubigné war klein, er ragte nicht einmal so hoch über den Kopf des Pferdes wie Henri. Beim Reden gebrauchte er eifrig die Hand, die lange Finger und einen gekrümmten Daumen hatte. Sein Mund war groß und spöttisch, die Augen neugierig: ein weltliches Geschöpf, aber schon mit dreizehn Jahren hatte er standgehalten, als sie ihm seinen protestantischen Glauben nehmen wollten, mit fünfzehn gekämpft für die Religion unter Condé. Henri achtzehn, Agrippa zwanzig, und längst waren dies alte Kameraden, hatten sich hundertmal gestritten, sich hundertmal versöhnt.

      Das war rechts von Henri. Links aber erhob sich eine klare und strenge Stimme:

      »Ihr Könige, Knechte eures Wahnes,

       Habt Felder oft mit Mord bedeckt,

       Damit die Grenze eures Planes

       Sich um ein Haarbreit weiter streckt.

       Ihr Richter, die auf heiligen Plätzen

       Das öffentliche Wohl verkauft,

       Soll euer Sohn ein Erbe schätzen,

       Um das ihr euch wie Diebe rauft?«

      »Freund Du Bartas«, sagte Henri, »wie kommt es nur, daß ein Hahn deiner Güte so bittere Worte findet. Die Mädchen werden dir davonlaufen!«

      »Ich spreche sie auch nicht zu ihnen. Zu dir, lieber Prinz, spreche ich sie.«

      »Und zu den Richtern. Du Bartas, vergiß die Richter nicht! Sonst bleiben dir nur noch deine bösen Könige.«

      »Böse aus Blindheit seid ihr und sind wir Menschen alle. Man muß anfangen, sich zu bessern. Noch nicht die Mädchen, das kann ich noch nicht, aber die galanten Verse will ich mir völlig abgewöhnen. Ich mache in Zukunft nur geistliche.«

      »Willst du denn schon sterben?« fragte der junge Henri.

      »Ich will einst fallen in einer Schlacht für dich, Navarra, und für das Reich Gottes.«

      Henri schwieg infolge dieser Worte. Ihretwegen behielt er auch das Gedicht im Kopf: »Ihr Könige, Knechte eures Wahnes«, und in aller Stille beschloß er, niemals sollten Menschen tot auf Fluren liegen und ihm sein vergrößertes Gebiet bezahlen.

      »Du Bartas«, verlangte er plötzlich, »richte dich so hoch auf, wie du kannst!« Das tat der lange Edelmann, und sein Prinz blickte zu ihm hinan, ironisch, aber auch bewundernd.

      »Siehst du von dort oben schon die liebe Madame Catherine mit ihrem großen Freudenhaus? Ihre schönen Ehrenfräulein erwarten euch.«

      »Dich nicht?« fragte Agrippa d'Aubigné und blinzelte anzüglich. »Ach nein, du bist ein ehrsamer Bräutigam. Aber wie man dich kennt -« Hier lachten alle. Henri am meisten.

      Von hinten rief einer: »Vorsicht, ihr Herren! Die Liebe am Hofe von Frankreich hat schon manchem etwas eingetragen, daß er's bis an sein selig Ende spürte.«

      Das erzeugte noch mehr Gelächter. Jemand aber drängte sein Pferd zwischen die anderen und das Tier des Prinzen. Er beachtete es nicht, daß sie aufbegehrten, sofort bereit, Streit anzufangen. Dieser zeigte von allen das bewegteste Gesicht, das aber klein erschien, die hohe Stirn drückte es zusammen. Die Augen hatten viel gelesen, sie waren schon traurig im vierundzwanzigsten Lebensjahr des Herrn Philipp Du Plessis-Mornay, und vierundsiebzig sollte er leben.

      »Soeben habe ich Befehl von Gott erhalten!« kündigte er dem Prinzen an. »Eine Rede von mir wird Karl den Neunten bewegen, die Glaubensfreiheit zu errichten und die Sache der Niederlande gegen Spanien zu führen.«

      »Gib

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