Das Digital Transformer's Dilemma. Hannah M. Mayer
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Wir halten uns auch selbst an die Maßstäbe, die wir an Unternehmen anlegen – getreu dem Motto: Sie wollen über Transformation reden? Sie müssen Transformation leben!
Zuerst sahen wir die Notwendigkeit, mit diesem Buch eine Lücke zu füllen: Trotz einer Menge Literatur zum »Warum« gab es einen Mangel an Ratgebern zu digitaler Transformation, die sich auf das »Wie« konzentrieren. Wir konzipierten eine erste Versuchsphase: Inspiriert durch die Art, wie man in einer digitalen Transformation arbeiten sollte, erstellten wir zuerst ein MVP (minimal viable product; minimal realisierbares Produkt) des Buches. Wir nutzten dieses MVP, um unsere Vision durch führende Köpfe der digitalen Transformation (Führungskräfte auf C-Level, Unternehmer, Vordenker und Wissenschaftler) und durch Praktiker der digitalen Transformation (Projektmanager, Geschäftsbereichsleiter, einzelne Mitwirkende) überprüfen zu lassen. Wir ließen ihr Feedback einfließen, nahmen schnelle Anpassungen vor und stellten dann so früh wie möglich einen Prototyp des Buches fertig (getreu dem Motto »Fail fast, fail cheap«; »Schnell scheitern heißt billig scheitern«).
Das Skelett stand und schließlich brauchten wir etwas Fleisch auf den Knochen. Eine Vision und ein MVP sind gut und schön, aber man kann etwas nicht aus dem Nichts entstehen lassen. Also trugen wir mehr als 100 verschiedene Unternehmens-Fallstudien zusammen, die auf Interviews mit Führungskräften und Projektmanagern basierten, welche in ihren Unternehmen die Initiativen zur digitalen Transformation geleitet hatten und denen es gelungen war, sich selbst zu »Uber-isieren«, bevor sie »Kodak-isiert«wurden.7 Diese Fallstudien und Interviews prägten unser praktisches Rahmengerüst zur digitalen Transformation. Wir präsentierten es wiederholt verschiedenen Test-Zielgruppen und achteten darauf, ihre Beiträge einfließen zu lassen.
Zum Schluss kam die Feinarbeit, was in Autorensprache heißt, das Ganze aufzuschreiben. Ja, wie Sie sehen, haben wir auch das gemacht.
Doch dann kam alles anders …
DIE PANDEMIETRIFFT DIE DIGITALE TRANSFORMATION
Das Leben – alltäglich wie beruflich – rund um die Welt änderte sich schlagartig und unerwartet im Frühjahr 2020 mit der weltweiten Verbreitung eines neuen Coronavirus, wodurch es zu Einschränkungen sozialer Kontakte, verminderter Mobilität, Arbeit im Home-Office, Home-Schooling, dem (Beinahe-)Shutdown ganzer Industrien (und dem plötzlichen Aufleben anderer), Entlassungen in großem Ausmaß und kurzzeitig großer Unsicherheit auf den Aktienmärkten kam. Unternehmen sahen sich plötzlich inmitten einer Krise, zerrissen zwischen den Anforderungen radikal neuer Realitäten, die ihnen durch das Virus aufgebürdet wurden, und der tiefgreifenden Notwendigkeit (und häufig lange vorbereiteten Bestrebungen), sich digital zu transformieren. Mit dem Einfluss von COVID-19 auf das Wesen der Arbeit, die Struktur von Unternehmen und auf die wirtschaftlichen Realitäten von Personen, Unternehmen und Ländern tauchten auch viele Fragen auf, die direkt mit digitaler Transformation zusammenhingen: Was bedeutet das Coronavirus für die digitale Transformation und wie können die beiden miteinander vereinbart werden? Speziell, was sind die Auswirkungen des Virus auf die 1. S-Kurve, die 2. S-Kurve und auf ihr Zusammenspiel? Wer endet als Gewinner und wer als Verlierer in diesem Nexus von Transformationen?
Wir haben keine Kristallkugel, um diese Fragen zu beantworten und die langfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf die digitale Transformation mit Sicherheit vorauszusagen. Auch können wir nicht sagen, inwieweit die Nach-Pandemie-Auswirkungen das Leben langfristig umgestalten und die Spielregeln völlig ändern werden, oder ob es nur einzelne Parameter sein werden, die sich wandeln, und wir im Großen und Ganzen danach weitermachen wie zuvor. Aber eines ist unstrittig: Das Coronavirus und die digitale Transformation sind aufs Engste miteinander verbunden. Was bedeutet das?
Erstens: Die Pandemie ist wie eine Messlatte für den digitalen Reifegrad und beinhaltet Erkenntnisse, wie erfolgreich Unternehmen sich digital transformiert haben.
Die COVID-19-Pandemie ist bislang einem Stresstest für die digitale Transformation von Unternehmen nicht unähnlich, sie kann jegliche Schwäche innerhalb der (digitalen) Geschäftsmodelle schneller aufdecken. Jene Unternehmen, deren digitale Transformation entlang beider S-Kurven schon vor dem Ausbruch von COVID-19 in vollem Gange war, sind in Zeiten von Corona im Vorteil, genau wie Unternehmen, die es zu Beginn der Krise schafften, schleunigst die Bemühungen um Digitalisierung zu bündeln und schnell mit digitalen Nutzenversprechen auf den Markt zu kommen. Organisationen, die ihr Ticket für das Schiff namens »Digital Transformation« zu spät oder gar nicht erworben haben (vor und zu Beginn der Krise), bleiben zurück. Dies bedeutet, dass Unternehmen, deren Wertschöpfung mit digitalen Mitteln generiert und geleistet wird (oder die es schafften, ihr Profil schnell dahingehend zu ändern), sich im Durchschnitt im Corona-Sturm besser behauptet haben und behaupten werden als jene, deren Wertschöpfung einzig offline passiert. Obgleich es in einer globalen Rezession, die es nach übereinstimmender Meinung von Ökonomen geben wird8, leider sehr viele Leidtragende und Verlierer geben wird, gibt es auch einige klare Profiteure, wie etwa Tech-Unternehmen, Online-Händler usw.
Natürlich sind die rein digitalen Player besonders gut positioniert, um die Vorteile einer virtuell angetriebenen Wirtschaft einzuheimsen, speziell wenn sie nicht auf die physische Anwesenheit von Menschen beim Abschluss von Transaktionen angewiesen sind. Man denke beispielsweise an das Unternehmen Zoom dem es gelang, sich einen großen Anteil am köstlichen Videokonferenzkuchen zu schnappen, wodurch sich der Aktienpreis des Unternehmens innerhalb von wenigen Monaten vervielfacht hat9. Ganz allgemein lässt sich feststellen, dass viele Gewinner der Pandemie am NASDAQ notieren. Dass der Technologie-Index im Vergleich zum S&P 500 deutlich besser abschneidet, zeigt, dass die großen Tech-Unternehmen die Krise mehrheitlich besser für sich nutzen konnten.
Im Gegensatz dazu gleichen die menschenleeren Innenstädte unglücklicherweise einem Corona-infizierten Sterbebett: Wenn es während verschiedener Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen keine Menschen in den Fußgängerzonen und Einkaufsgalerien mehr gibt, gibt es auch keinen Umsatz. Unternehmen, die sich bei ihren Geschäften eisern auf die 1. S-Kurve fokussierten, sind deshalb im Nachteil. Sie haben bereits jetzt mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen. Etablierte Unternehmen, die sich beim Erbringen von Dienstleistungen auf persönliche Interaktion verlassen, werden daher am härtesten getroffen, auch wenn sie durch die Unterhaltung oder den schnellen Aufbau eines digitalen Vertriebswegs vielleicht negative Auswirkungen abdämpfen können. Der Aufbau eines Omnichannel-Angebots, das heißt digitale Vertriebsmöglichkeiten zusätzlich zum traditionellen Verkaufskanal, kann daher entscheidend dafür sein, ob Unternehmen die Krise überleben.
Ein solches Beispiel ist die Restaurantkette Domino‘s Pizza, deren Lieferanteil bei 55 Prozent der Bestellungen liegt. Domino‘s ist also gut aufgestellt, während der Corona-Zeit weiter zu prosperieren, wie die geplante Einstellung von 10 000 weiteren Mitarbeitern aufgrund gestiegener Nachfrage beweist10, während Millionen von US-Angestellten sich arbeitslos meldeten.11 Es ist eine der wenigen großen Ketten, welche die Zusammenarbeit mit Liefer-Apps wie DoorDash oder Grubhub ablehnt, die versprechen, Umsätze von Restaurants zu steigern, jedoch einen Anteil davon für sich behalten. Dass Domino‘s seine eigene Infrastruktur von Liefer-App, Fahrern und Lieferwagen besitzt – und somit die vollständige Kontrolle über Wertschöpfungskette und Kundenservice hat –, ist in Zeiten der Einschränkung sozialer Kontakte eine Erfolgsstrategie. Ein Fokus auf dem Kunden, der wegen Corona besorgt ist und kontaktlose Lieferung wünscht12, gekoppelt mit gesteigerten Profiten dank des Weglassens von Vermittlern, erwies sich als brauchbare Strategie, das