Wacken Roll. Andreas Schöwe

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Wacken Roll - Andreas Schöwe

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während eines gemeinsamen Kneipenbesuchs, wird eines Abends im Spätherbst 1989 hemmungslos drauflos fantasiert: „Wie wär’s, wenn wir eine Rock-Party nicht mal in geschlossenen Räumlichkeiten durchziehen, sondern draußen?“ Zum Beispiel in jener Kuhle, die der lokale Motorradverein ‚No Mercys‘ für seine Treffen und Partys mit bis zu 3.000 Gästen nutzte und die sich somit ideal als erprobte Kampfesstätte anbot?

      Und während in erster Linie die Skyline-Rhythmussektion – Bassist Thomas Jensen und Schlagwerker Andreas Göser, aber auch Thomas Bruder Jörg – begeistert von dieser Idee sind und die Initiative ergreifen, zieht Holger anfangs nur zögerlich, dann aber schnell hochgradig begeistert mit. Es ist auch Thomas, der dem soeben beschlossenen Unternehmen einen dezent professionellen Touch verliert, indem er den bis in die heutigen Tage gültigen Firmennamen fast schon im ureigenen Wortsinn in Stein meißelt: „Stone Castle Rock Promotion“ – wobei „Stone“ und „Castle“ der Eins-zu-eins-Übersetzung von „Steinburg“ (jenem Verwaltungsbezirk, in den auch die Gemeinde Wacken eingegliedert ist) entspringen.

      Über zwei Dinge ist sich das Quartett von Anfang an einig: Wenn sie selbst ein eigenes Freiluft-Event auf die Beine stellen, dann „nur konsequent im harten Bereich“. Denn „musikalische Gemischtwarenhandlungen gab es Anfang der Neunziger bereits zur Genüge – zum Beispiel das Open Air ganz in der Nähe in Jübek. Außerdem wolle man so gleichzeitig versuchen, die Biker für die Idee eines Open Airs zu begeistern, sie zumindest zum Mitfeiern zu bewegen, so dass ein reger Publikumszuspruch garantiert wäre. Und zweitens: „Uns ärgerte, dass die großen Rock-Festivals in Deutschland – die berühmten ‚Monsters of Rock‘ in den Achtziger Jahren beziehungsweise später das ‚Super Rock‘ in Mannheim – immer nur als eintägige Events durchgeführt wurden. Meistens reiste man da einen Tag vorher im Auto an und übernachtete in selbigem, weil das Programm ja bereits um 12 Uhr mittags begann und man auch nicht einen einzigen Ton verpassen wollte. Und nach dem Schlussakkord legte man sich zum Ausnüchtern wieder ins Auto und schlug sich dort eine weitere Nacht um die Ohren. Deswegen war für uns klar: Wenn wir eine eigene Veranstaltung aus der Taufe heben wollen, dann mit entsprechendem Service, wie in Skandinavien bereits Usus – sprich: mit Camping- und Übernachtungsmöglichkeiten quasi direkt vor der Bühne!“

      1990

      Als Gelände bietet sich nach wie vor besagte Kieskuhle an, die heute den allerheiligsten Backstage-Bereich – das so genannte „Artist Village“ – beherbergt: Aufgrund der festen Bodenstruktur sind dort teure Unterbauten für die Bühne überflüssig. Äußerst praktisch zudem: Diese Kuhle dient nicht nur als „Veranstaltungszentrum“, sondern gleichzeitig auch als Park- und Campingplatz. 3-in-1, sozusagen.

      Folglich muss nur noch ein geeigneter Termin gefunden werden. Da in den anvisierten Monaten Juni und Juli europaweit bereits Festivals satt den Terminkalender ausfüllen, bleibt nur der ungünstige August als Alternative. „Ungünstig“ deshalb, weil zumindest in den achtziger und neunziger Jahren sämtliche Agenturen ihre Bands in diesen beiden Monaten auf Tour schickten, um so die Chance zu erhöhen, ohne großen logistischen Aufwand in so manches Billing der etablierten Events rutschen zu können. Ab August hingegen herrscht auch im Rock-Business in der Regel das viel beschworene Sommerloch und somit Pause. (Wie sich die Zeiten ändern: Inzwischen mauserten sich die ersten August-Tage deswegen zum Kassenknüller, weil es so ziemlich das einzige Wochenende ist, an dem sich die Bürger aller Bundesländern trotz Staffelung meistens gleichzeitig an den Ferien erfreuen.)

      Das Billing steht recht schnell. Thomas Jensen trumpft mit seiner Cover-Kapelle Skyline auf, durch seine Kontakte können noch weitere Acts für die Teilnahme am 1. Wacken:Open:Air begeistert werden wie zum Beispiel die in Metaller-Kreisen hoch geschätzten Wizzard, die besonders im Großraum Hamburg über eine treue Anhängerschaft verfügenden 5th Avenue sowie Axe’n Sex, Motoslug und Sacret Season.

      Die Organisation wird – ebenfalls kostensparend – möglichst über Freunde und private Kontakte abgewickelt, wie Holger erzählt: „Von einem Zeltbauer liehen wir uns die Giebel, stellten sie selbst auf, während wir uns von der Spedition Lagerpusch um die Ecke einen Trailer mieteten, auf dem wir praktisch die gesamte PA installierten. Strom holten wir uns per Verlängerungsschnüre vom nächstgelegenen Hof.“ Als sanitäre Einrichtungen dienen ein Toilettenwagen und zehn auf dem Gelände aufgestellte Dixi-Kabinen – die „Security“ besteht im Wesentlichen aus zwei Kumpels vom örtlichen Biker-Club, deren Job sich auf die Kartenkontrolle am Einlass sowie auf das lockere Schlendern über den Platz, grimmig Schauen und Mitfeiern beschränkt.

      Und so wird am Freitag, den 24. August 1990, um 19 Uhr vor etwa 800 Metalheads der Auftakt vollzogen zu einer geschichtsträchtigen Veranstaltung, von der niemand der in der Kuhle Stehenden auch nur ansatzweise ahnt, wie sehr damit die Metal-Szene weltweit revolutioniert werden soll. Denn an jenem Freitag steht nur eins im Vordergrund: der Party-Spaß bei lauter Musik und Delirium verheißenden Getränken …

      In den Spielpausen und während der Bühnenumbauten legt DJ Hübi heiße Scheiben auf – etwa 500 Gäste „feiern Heavy Metal“ bis Ultimo und rund um die Uhr. Zum sonntagmorgendlichen Aufräumen und Müllsammeln torkelt jeder, der sich nach dem Besäufnis der letzten Nacht wieder einigermaßen auf den Hinterhufen halten kann. Bereits zu diesem Zeitpunkt – und während der After-Show-Party in den Räumlichkeiten des Motorradsportclubs Vaale – kursieren Fantastereien, was man denn in zwölf Monaten so alles auf die Beine stellen würde. Und da die Mentoren des Festivals finanziell nicht drauflegen müssen, nahezu plus/minus Null bilanzieren, steht tatsächlich rasch fest: Auch im nächsten Jahr gibt es wieder ein Wacken:Open:Air. Denn auch von der Nachbarschaft und aus dem Dorf gab es keinerlei Beschwerden, die eine Neuauflage des Events eventuell verhindert hätten. „Eigentlich teilte sich die Dorfbevölkerung in zwei Lager“, gibt Holger Hübner zu Protokoll. „Diejenigen, die mit uns mitfeierten – und diejenigen, die das alles nicht interessierte. Erst als 1996 im Zuge der Onkelz-Show Wacken einem unverhofften Massenansturm ausgesetzt war, wurden sie hellhörig und nahmen Notiz von unserem Treiben dort in der Kuhle – und setzten die kontroversen Diskussionen ein, ob man denn das alles so noch einmal bräuchte …“

      1991

      So improvisiert, wie vor zwölf Monaten alles begann, wurde nun auch die zweite Auflage der großen Sause in der Kuhle in Angriff genommen. Fest stand nur eins: Thomas Band Skyline würde – natürlich – dort erneut aufspielen.

      Allerdings werden bereits in den ersten beiden Jahren, als das Wacken:Open:Air noch den Charakter einer (O-Ton Thomas Jensen) „Gartenparty“ besitzt, bis in die Gegenwart gültige Weichenstellungen vorgenommen: Das auf harte, extreme Musik ausgerichtete ­Konzept ist bis heute kompromisslos gültig, ebenso die Strategie, auf eine gesunde Mischung aus nationalen und internationalen Bands – respektive Newcomern und etablierten Legenden – zu setzen. Camping-Möglichkeiten mit dem fahrbaren Untersatz direkt neben dem Zelt sind selbstverständlich – Verbesserungsvorschläge und Anregungen seitens der Besucher, die so die Chance besitzen, „ihre“ Fete mitzugestalten, ausdrücklich willkommen. Der Party-Faktor sollte auch weiterhin oberste Priorität genießen – das DJ-Zelt mauserte sich mit den Jahren zum Party-Zelt, später dann zur Party-Stage.

      Auch in personeller Hinsicht zeichnet sich das W:O:A-Team frühzeitig durch Stabilität aus: Die Kartenbestellungen für das Event nahm Andy Gösers Mutter Regina bis einschließlich 1994 zuhause entgegen – im Prinzip entstand daraus später die Wacken-eigene Kartenvorverkaufsagentur MetalTix. Als Security fungierten bis einschließlich 1996 unter anderem auch die Jungs von den befreundeten Biker-Clubs MC Atrox und MSC Aasbüttel. Firmen aus der Region stellen – früher wie heute – unter anderem Zelte, Bewirtschaftung und andere Dienstleistungen sicher. Und auch auf der musikalisch-technischen Ebene gilt: Wer einmal als Techniker im Schlepptau irgendeiner Band in Wacken aufkreuzt, bleibt dort in der Regel auch „kleben“. So wie der als freier Toningenieur unter anderem für Saxon und Blind Guardian arbeitende Uli Thiessen, der auch heute noch für den guten Sound in Wacken sorgt. Oder Gerald Wilkes, der ab 1995 mit seiner Agentur Continental

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