Wer fürchtet sich vor Stephen King?. Uwe Anton
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„Richard Bachman, der den Gehirntumor überlebte, starb schließlich an einer viel selteneren Krankheit: Pseudonymkrebs.“
„Warum ich Bachman war“, Vorwort zu THE BACHMAN BOOKS [1985]
1978 zog King mit seiner Familie nach Orrington, einer Kleinstadt in der Nähe von Bangor, Maine. Das Haus, das er gemietet hatte, befand sich an einer Hauptverkehrsstraße, über die den ganzen Tag Lastwagen donnerten, und King hatte Angst um die Gesundheit seiner drei Kinder. Er stellte sich die Frage, was er empfinden würde, falls eins überfahren werden sollte. Als dann tatsächlich die Katze seiner Tochter überfahren wurde, schrieb er einen Roman darüber – PET SEMATARY –, der seine späteren vertraglichen Probleme mit Doubleday lösen sollte.
Mittlerweile hatte der Autor ein Angebot seiner alten Universität in Orono akzeptiert, dort je zwei Seminare über „kreatives Schreiben“ und Literatur zu halten. Die beiden Kurse beschäftigten sich natürlich hauptsächlich mit der Literatur, für die King sich noch immer begeisterte: Horror.
Nicht nur King, auch sein Lektor Bill Thompson hatte Doubleday verlassen – bzw. war nach Kings Abschied entlassen worden und zum Verlag Everest House gewechselt. Im November des Jahres rief Thompson den Autor an und machte ihm den Vorschlag, ein Sachbuch über Horror in Literatur und Film zu schreiben. King zögerte zuerst, stimmte dann jedoch zu; einerseits lockte ihn Thompson mit der Aussicht, mit diesem Buch ein für alle Mal die Fragen zu beantworten, die man ihm nun in unzähligen Interviews immer wieder stellte, und andererseits konnte King sicherlich bereits vorliegendes Material für seine Seminare und vereinzelt veröffentlichte Aufsätze über den Horror verwerten. DANSE MACABRE entstand.
Im Frühjahr 1979 hatte King den Roman PET SEMATARY abgeschlossen, wollte ihn jedoch nicht veröffentlichen. Seine Frau hatte das Manuskript gelesen und war zum Schluss gekommen, dass der Roman einfach zu grausam war. Die Kings kehrten nach Center Lovell zurück, und im August erschien DEAD ZONE, sein erster Roman bei seinem neuen Verlag Viking (NAL hatte die Hardcoverrechte an die Schwesterfirma abgetreten), von dem im ersten Jahr 175.000 Exemplare im Hardcover verkauft wurden. Im Sommer dieses Jahres schrieb King die bedeutende Novelle „The Mist“, die bei Viking in einer von seinem Agenten herausgegebenen Anthologie erscheinen sollte, und im Juni kam Kubricks THE SHINING in die Kinos, ein Film, von dem King nicht sehr begeistert war, da er wichtige Aspekte der Romanvorlage ignorierte oder anders interpretierte. Tatsache ist, dass auch dieser Film die Popularität des Autors beträchtlich steigerte. Außerdem bekam King mit seinem ersten Drehbuch – CREEPSHOW – Gelegenheit, einen Film nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Der Roman CHRISTINE entstand, und am Halloween-Wochenende war King Ehrengast der World Fantasy Convention in Providence, Rhode Island. Dort sprach ihn der Kleinverleger Christopher Zavisa auf ein mögliches gemeinsames Projekt an, und mit CYCLE OF THE WEREWOLF entstand Kings erstes Buch, das eigentlich nicht für eine große Leserschaft gedacht war, sondern in einer limitierten Auflage für Liebhaber erscheinen sollte. Diese Novelle war das erste von mehreren solcher Bücher, und fast alle wurden später auch einer großen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die persönlichen Probleme blieben jedoch bestehen. Zum Alkohol kam nun das Kokain hinzu. Während King in der Öffentlichkeit trank, obwohl er wusste, dass er damit Probleme hatte, hielt er seine Rauschgiftsucht strikt geheim. Nur seine Familie wusste davon, doch alle Versuche seiner Frau Tabby, ihn zu einem Entzug zu bewegen, blieben erfolglos.
Im November 1979 wurde mit ’SALEM’S LOT auch der erste Fernsehfilm nach einer King-Vorlage ausgestrahlt, und wie bei den Kinofilmen sollten noch viele weitere folgen.
Im Sommer 1980 kauften die Kings das William Arnold House im historischen Viertel Bangors, eine Villa mit 24 Zimmern, erbaut 1854–1856, die sie umbauen, umzäunen und mit einem Swimmingpool ausstatten ließen. King stiftete seine Manuskripte der University of Maine in Orono. Während er weitere Kurzgeschichten schrieb, begann er mit der Arbeit an seinem Mammutroman IT. FIRESTARTER erschien und verkaufte im ersten Jahr fast 300.000 Exemplare im Hardcover, über 100.000 Exemplare mehr als DEAD ZONE; Kings Stern stieg am literarischen Himmel unaufhaltsam höher, eine Tatsache, die auch das People’s Magazine berücksichtigte, als es ihn zum „Schriftsteller des Jahres“ ernannte. Von CUJO, Kings drittem Roman bei Viking, mit dem er seinen von McCauley ausgehandelten Vertrag erfüllte, brachte der Verlag 1981 gleich eine Erstauflage von 350.000 gebundenen Exemplaren auf den Markt. In diesem Jahr erschien bereits ein Auszug aus dem Roman IT, wenngleich dessen Veröffentlichung noch auf sich warten lassen sollte, und King publizierte auch die ersten der seit 1970 entstandenen Geschichten um den Revolvermann Roland, die schließlich zur siebenbändigen Saga um den Dunklen Turm werden sollten.
Ansonsten musste er seine literarischen Aktivitäten etwas einschränken, da er eine Rolle in dem Film CREEPSHOW übernahm, der nach seinem Drehbuch ab Mai 1981 von George Romero abgedreht wurde, mit dem ihn spätestens von diesem Zeitpunkt an eine Freundschaft verband; es sollte noch zu weiteren Zusammenarbeiten Kings mit Romeros bzw. dessen Produktionsgesellschaft kommen. Während der Dreharbeiten begann King einen neuen Roman mit dem Titel THE CANNIBALS. „Ich habe etwa vierhundertfünfzig Seiten fertig“, erklärte er in einem Interview mit Douglas E. Winter, „und es geht um Menschen, die in einem Wohnhaus gefangen sind. Das Schlimmste, was mir einfiel. Und ich dachte, wäre es nicht komisch, wenn sie sich schließlich alle gegenseitig essen? Eine sehr, sehr bizarre Sache, und wer weiß, ob der Roman jemals veröffentlicht werden wird?“ King brach die Arbeit an dem Roman 1982 ab, griff das Thema aber fast 30 Jahre später noch einmal auf und schrieb UNDER THE DOME; als flankierende Werbemaßnahme veröffentlichte er bei Erscheinen dieses Romans die ersten 122 Seiten von THE CANNIBALS kostenlos im Internet.
Im August 1981 war Stephen King dann der erste Autor überhaupt, der gleichzeitig mit drei Büchern – FIRESTARTER im Hardcover und THE DEAD ZONE und THE SHINING im Taschenbuch – auf der Bestsellerliste von Publishers Weekly stand. Im Frühjahr 1982 begann er mit der Arbeit an THE TALISMAN, einem Roman, den er gemeinsam mit Peter Straub schrieb. Straub, der mittlerweile von England an die amerikanische Ostküste zurückgekehrt war, und King legten sich Computer zu und verbanden sie mit einem Modem; so konnten sie ihre jeweiligen Abschnitte problemlos überspielen und immer dort weiterschreiben, wo der andere aufgehört hatte. King kam nun auch zu literarischen Ehren: Ihm wurde der Hugo Award (der von den Teilnehmern von Science Fiction-Weltcons vergeben wird) für DANSE MACABRE als bestes Sachbuch und der World Fantasy Award für „Do the Dead Sing?“ als beste Kurzgeschichte zugesprochen. King nahm an dem World Fantasy Con statt, doch das Verhältnis zu seinen Fans begann sich zu trüben: Wohin er auch ging, er wurde von wahren Heerscharen verfolgt, ja geradezu belagert, und seine Auftritte in der Öffentlichkeit wurden von nun an immer seltener, bis sie schließlich über Jahre hinweg ganz ausblieben. Gedanken über die Nachteile großer Popularität hatte er sich schon am 8. Dezember 1980 gemacht, als John Lennon von einem gewissen Marc Chapman ermordet wurde. King erinnerte sich, dass auch er einem Marc Chapman in New York ein Autogramm gegeben hatte, eine Begebenheit, die in vielen Büchern über King kolportiert wird. Allerdings wurde King später klar, dass es sich nicht um den Marc Chapman gehandelt hatte, denn der weilte zu dem betreffenden Zeitpunkt gar nicht in New York, sondern auf Hawaii.
Auch ins Fernsehen schaffte es der Autor. Man konnte ihn in einem Werbespot für die Kreditkartenfirma „American Express“ bewundern, einem von mehreren, in denen Prominente die Vorzüge des Plastikgeldes