Okertal-Atlantis. Marie Kastner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Okertal-Atlantis - Marie Kastner страница 5

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Okertal-Atlantis - Marie Kastner

Скачать книгу

wie sie sich behände von einem Kleiderständer zum nächsten bewegte.

      Sie erinnerte ihn hierbei an eine emsige Biene, die in irrwitzigen Flugbahnen über eine duftende Blumenwiese fliegt und sich in dieser Pracht kaum entscheiden kann, wo sie zuerst landen soll.

      In einer schicken Boutique namens Madame et Monsieur erstand sie eine Bluse, endlich. Er atmete auf. Während sie an der Kasse stand und bezahlte, sah er gelangweilt aus dem Schaufenster.

      Sein allzeit wachsames Polizistenauge gewahrte mehrere Personengrüppchen. Die zumeist jungen Leute waren allesamt mit gelben Warnwesten uniformiert, standen palavernd auf dem Trottoir. Sie gehörten offenkundig zu jener organisierten Bürgerbewegung, welche in der französischen Hauptstadt an den vergangenen beiden Samstagen gegen die Regierung Macron protestiert hatte. Dabei war es zu teilweise heftigen Krawallen gekommen, besonders hier, an der Champs-Élysées.

      Heute schien sich also Ähnliches anzubahnen.

      Nach ihrer Einkaufstour wollte Julia erst einmal in die Jardins des Champs-Élysées zurück, um dort Fotos zu schießen. Bernd war damit zufrieden, Hauptsache sie schleppte ihn in keine exklusiven Klamottenläden mehr. Ihm war längst nach einem starken Kaffee zumute. Oder nach Harakiri, dachte er sarkastisch.

      Sie besichtigten das vergleichsweise recht unscheinbare Palais Borghèse sowie den Amtssitz des französischen Präsidenten und bummelten am historischen Springbrunnen Fontaine de la Grille du Coq vorbei, beschlossen dann ihren kleinen Abstecher über die Avenue de Marigny.

      Als sie wieder auf die sonnenbeschienene Champs-Élysées hinaustraten, um ihr weiter in Richtung des Triumphbogens zu folgen, wimmelte es dort mittlerweile vor Gelbwesten.

      Parolen skandierend, pilgerten sie die breite Prachtstraße entlang. Erste Böller und Bengalos wurden gezündet.

      Bernd beunruhigte der Anblick.

      »Wir haben uns offenbar einen schlechten Tag ausgesucht, und bis zum Triumphbogen wäre es bestimmt noch ein viertelstündiger Fußmarsch. Diese Straße ist verdammt lang. Hier scheint gerade ein Mob zu entstehen, sowas kann schnell eskalieren. Wollen wir uns nicht lieber ein Taxi nehmen und gleich zurück ins Hotel fahren?«

      »Kommt gar nicht infrage. Jetzt sind wir schon mal hier. Die Leute wollen doch nur friedlich demonstrieren. Ich glaube nicht, dass vor dem Abend irgendetwas Schlimmes passiert, schließlich sieht die Weltöffentlichkeit zu«, winkte Julia ab.

      Bernd hatte keine Lust auf Diskussionen, und so gab er klein bei. Doch auf sein Käffchen würde er keinesfalls verzichten.

      »Okay, meinetwegen. Aber dann schlagen wir uns für wenigstens zehn Minuten in die Nespresso-Boutique dort vorne, damit ich meinen Koffeinspiegel auf ein erträgliches Level kriege.«

      Julia grinste, hakte sich bei ihm unter.

      »Geht natürlich klar, du unverbesserlicher Koffein-Junkie. Es wird sowieso Zeit, dass du auf diesem Trip an was Interesse zeigst – und wenn es bloß ein stinknormaler Kaffeeladen ist.«

      Während also Bernd, halbwegs glücklich, kurz darauf an seiner Espresso-Tasse nippte, verdichtete sich draußen die Menschenmasse weiter. Der Krach wurde schier ohrenbetäubend.

      Schon röhrte ein gepanzertes Wasserwerfer-Fahrzeug vorbei und schwarz uniformierte Polizisten mit Schutzschilden rückten an. Er stürzte den Rest des Heißgetränks auf Ex hinunter.

      »Komm, es wird allmählich Zeit. Schieß deine Fotos und dann nichts wie weg hier!«, kommandierte er ungeduldig.

      Im Dauerlauf legte das Ehepaar Mader die letzten zweihundert Meter bis zum steinernen Siegesmonument zurück. Eine Horde Polizisten war gerade dabei, das edle Bauwerk mit Absperrgittern notdürftig vor dem heranstürmenden Vandalenheer zu schützen. Graffiti waren unerwünscht, gingen schwer zu entfernen.

      Es gelang Julia gerade noch so, ihre heißbegehrten Handyfotos zu bekommen, bevor auch sie ausgesperrt wurde. Bernd trat derweil nervös von einem Fuß auf den anderen. Sein ungutes Gefühl in der Magengrube verstärkte sich sekündlich.

      Und dann brach der helle Wahnsinn los. Ehe die Maders sich versahen, wurden sie von der skandierenden Menge mitgerissen. Man hatte offenbar zum Sturm auf den Triumphbogen geblasen. Julia, die fast gestürzt war, verlor zeitweise ihren Gatten aus den Augen. Plötzlich waberten Rauchwolken über den Platz. In einer der Zufahrtsstraßen brannten Barrikaden lichterloh. Sie beobachtete irritiert, wie eine Gruppe junger Kerle Pflastersteine aus dem Trottoir pulte, um sie in Richtung Polizei zu schmeißen.

      Sie geriet auf einmal in blinde Panik, bekam Platzangst. Wieder war Bernd aus ihrem Blickfeld verschwunden, ausgerechnet jetzt. Wie aus dem Nichts traf sie zudem ein harter Wasserstrahl, was sie erneut straucheln ließ. Verzweifelt versuchte sie, sich auf die andere Seite des Platzes durchzuschlagen. Ihre Augen brannten wie Feuer und tränten. Vermutlich hatte irgendwer mit Pfefferspray hantiert.

      Auf einmal stand sie unvermittelt frei, war nur noch unbeteiligte Beobachterin. Hier, am Rande des Geschehens, konnte sie erstmal durchatmen, die Augen mit einem Taschentuch abtupfen und blinzelnd Ausschau nach Bernd halten. Hoffentlich hatte ihn diese Stampede aus Anarchisten nicht totgetrampelt. Der Tränenfilm auf ihrer Netzhaut verhinderte eine klare Sicht. Alles lag wie im dichten Nebel vor ihr, sie erkannte keine Gesichter.

      Julia hatte mit diffusen Angstzuständen zu kämpfen.

      »Da bist du ja! Mensch, ich hatte mir schon Sorgen gemacht«, rief Bernd und marschierte im Stechschritt auf sie zu. Er hielt die Plastiktüte mit der Bluse in der Hand, die sie sich vorhin erst gekauft hatte. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie sie im Getümmel hatte fallen lassen.

      Julias Augen waren rot gerändert und tränten wie verrückt. Sie fühlte sich noch außerstande, ihm zu antworten.

      »Lass mal sehen … oh, da hat wohl das Tränengas zugeschlagen. Dass du aber auch überall vorne dabei sein musst. Komm, wir gehen erstmal aus der Schusslinie und holen Mineralwasser, damit wir das ausspülen können. Und danach ab ins Hotel, für heute reicht es mir«, schlug Bernd vor. Er griff nach ihrer Hand.

      »Okay«, erwiderte Julia kleinlaut und ließ sich bereitwillig von ihm wegzerren. Er wiederum achtete sorgsam darauf, sämtliche Brennpunkte weiträumig zu umgehen, lief mit ihr Zickzack, bis sie in einer Seitenstraße ein kleines Straßencafé erreichten.

      Das Auswaschen der entzündeten Augen half nicht allzu viel, also suchten sie noch eine Apotheke auf und besorgten ihr beruhigende Spezialtropfen. Allmählich wurde es besser. Immer noch wirkte Julia jedoch ängstlich, fast wie ein verschrecktes Reh. So verletzlich kannte er seine selbstbewusste Frau überhaupt nicht. Die turbulenten Ereignisse der letzten Zeit hatten ihr robustes Nervenkostüm anscheinend stärker angegriffen als ihm bewusst gewesen war.

      »Es ist vorüber, du musst dich nicht mehr aufregen. Du warst nur mitten in den miesesten Pulk geraten. Sowas kann im Unterbewusstsein Urängste erzeugen, und davon können wir Polizisten auch ein Lied singen. Die Enge, Rauch, Feuer, lautes Geschrei … das unüberschaubare Szenario erinnert einen in solchen Situationen an eine Art Kriegszustand – und das Unterbewusstsein reagiert entsprechend darauf.

      Aber guck doch mal hin, Julia. Deine Einschätzung vorhin war durchaus richtig. Die meisten Leute wollen tatsächlich nur friedlich demonstrieren, von ein paar gewaltbereiten Hitzköpfen abgesehen«, wollte er sie besänftigen.

      Sie verschränkte missmutig die Arme vor der Brust.

      »Mir

Скачать книгу