Vorsicht! Mann in Wechseljahren. Gisela Sachs

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Vorsicht! Mann in Wechseljahren - Gisela Sachs

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       6. Kapitel

      »Du hast schon wieder zugenommen, Margitchen.«

      Kritisch lässt meine Freundin ihren Blick über meine Taille schweifen.

      »Eigentlich nicht, Barbara.«

      »Die Schokoladencroissants. So ein Ding hat fast 500 Kalorien, Margitchen.«

      Winfried trommelt belustigt auf meine Oberschenkel. »Da ist was dran, Babsi, was?«

      »30% Fettanteil«, nuschelt meine Freundin.

      Barbara und mein Mann blinzeln sich verschwörerisch zu. Sie mögen sich. Sehr sogar. Und das, obwohl er kein Beamter auf Lebenszeit war, sondern Berufskraftfahrer. Barbara war auf Wunsch meines Mannes unsere Trauzeugin und ist die Patin unseres Erstgeborenen. Das ‚Margitchen’ hat Barbara von Winfried übernommen. Meine Freundin findet die Verniedlichung meines Namens süß, mich ödet die gönnerhafte Ansprache an.

      »Das war eine großartige Idee mit dem gemeinsamen Frühstück, lieber Winnie«, gurrt Barbara.

      Mein Mann lächelt wie ein Hamster, Barbara schiebt ihr Frühstücksgedeck zur Tischmitte, wischt sich mit der Serviette die Krümel aus den Mundwinkeln, steht auf und greift nach ihrer Strickjacke, die sie wie immer über die Stuhllehne gehängt hat, obwohl wir über eine Einbaugarderobe verfügen. Sie küsst meinen Mann links und rechts auf die Wangen.

      »Was wäre ich doch glücklich, wenn ich so ein Goldstück wie dich zu Hause hätte, Winnie.«

      Das Hamsterlachen wird breiter. Der beifallheischende Blick meines Mannes trifft mich. Ich schaue auf unseren Plattenboden, Fliesenserie Landschaftsgrüße: Provence.

      »Wie«, sage ich.

      »Was wie?«, fragt Barbara.

      »Es heißt: wie wäre ich doch glücklich und nicht was. Zudem ist Winfried kein Beamter auf Lebenszeit, falls dir das entgangen sein sollte, Barbara.«

      »Mit dir ist heute Morgen wieder einmal nicht gut Kirschen essen, Margitchen.«

      Barbara sieht auf ihre Armbanduhr. »Ich muss los, Leute!«

      Mein Mann begleitet meine Freundin bis zur Haustür. »Jetzt hast du es selbst erlebt, wie aggressiv und rechthaberisch das Margitchen geworden ist, Babsi.«

      Barbara schürzt die Lippen. »Hm, darüber sollten wir uns vielleicht einmal ausführlicher unterhalten, Winfried.«

      »Ich habe mich schon bei unserem Hausarzt informiert, Babsi, hatte letzte Woche ein ausführliches Gespräch mit Dr. Clemens. Eine dreiviertel Stunde lang.«

      »Oho?!«

      »Das Margitchen meint es nicht böse, Babsi. Sie leidet unter … Warte mal …«

      Winfried zieht einen Papierfetzen aus seiner Hosentasche und buchstabiert. »H y p o t h a l a s m u s.«

      »Hypotho was?«

      »Wie bitte, Babsi, wie!«

      Barbara schüttelt den Kopf. »Irgendwie habt ihr beide einen an der Klatsche, Winnie.«

      »Ich habe dich wie ein Gentleman verteidigt«, erklärt mein Mann stolz, als er ins Wohnzimmer zurückkommt.

      Ich krabbele unter dem Esszimmertisch und zupfe die Krümel aus dem Langflorteppich.

      »So, wie sich das gehört, wenn es dem Partner nicht gut geht.« Er begibt sich auf Augenhöhe, krabbelt neben mir und sammelt ebenfalls Krümelchen auf. Unsere Köpfe rumsen aneinander.

      »Aua«, brülle ich auf. Er sieht mir in die Augen. »In guten wie in schlechten Zeiten, Frau!«

      »In guten Zeiten brauche ich niemanden, der mich verteidigt. Da geht es mir gut, Winfried. Und schlechte Zeiten habe ich nur, weil du mich tagtäglich aus der Fassung bringst, Winfried. Mit den Zigarettenstummeln im Blumenkasten vor dem Haus, wenn du eine Zigarette nach der anderen rauchst, dabei die Freundinnen unserer Nachbartochter begaffst. Wenn du vorgibst, Unkraut zu jäten und meine Stecklinge herausreißt. Wenn du mit spermatischem Blick den Rasen mähst und über den Nachbarzaun schielst, Winfried.«

      »Aber Margitchen.«

      »Obwohl der Rasen streichholzkurz ist. Die Mädels haben gerade mal ihr Abitur in der Tasche, Winfried. Schämst du dich denn nicht?«

      »Das Kellergeschoss in deinem Zwischengehirn, Margit …«

      Am selben Abend noch fand zwischen meinem Mann und meiner Freundin Barbara eine Krisensitzung in unserem Wohnzimmer statt.

      Vom Schlafzimmerfenster aus sehe ich, wie Barbara meinem Mann eine Kusshand zuwirft, bevor sie in ihr Auto steigt, sehe zu, wie sie den Zündschlüssel nach rechts dreht und durchstartet. Sie hupt drei Mal, wie immer, wenn sie vom Parkplatz in die Straße einbiegt, dabei weiß sie ganz genau, dass ich das wegen der Nachbarn überhaupt nicht leiden kann. Wieder einmal fährt sie mit erhöhter Geschwindigkeit aus unserer Spielstraße und wieder einmal ärgere ich mich sehr darüber. Meine Freundin ist wie mein Mann. Es interessiert nicht, was ich mag und was ich nicht mag. Ich könnte es genauso gut meinem Kühlschrank oder meiner Schrankwand erzählen. Missmutig laufe ich über den Flur ins Badezimmer. Das Telefon läutet, aber bevor ich im unteren Stockwerk ankomme, hat mein Mann das Gespräch schon entgegengenommen.

      »Mensch Siggi, alter Knabe«, freut er sich. Das ist ja ein Ding! Du, darauf müssen wir unbedingt anstoßen. Selbstverständlich kannst du bei uns nächtigen, mein Freund. Bis heute Abend dann.«

      Er lacht hell auf. »Nein, das Margitchen ist nicht da, Siggi. Die hat heute Nachtschicht.«

      Ich lege die Bäckertüte am Küchentisch ab, schalte die Kaffeemaschine ein, setzte mich an den Tisch, verschränke meine Arme, lege meinen Kopf darauf und lasse die Nachtschicht an mir vorüberziehen wie einen Film im Schnelldurchlauf. Die arme Frau Meier …

      Das Geräusch einer Sägemaschine klingt an mein Ohr. Eigenartig! Um diese Uhrzeit? Schlaftrunken schaue ich auf meine Armbanduhr. »Hm.«

      Ich gieße meine Kaffeetasse randvoll, schmiere hauchdünn die Halbfettbutter auf die handwarme Brezel. Ich esse gierig, hatte die ganze Nacht wieder einmal keine Zeit, etwas zu mir zu nehmen, außer ein paar Rippchen Schokolade und die Apfelschnitze, die ich in einem Gefrierbeutel in meinem Schwesternkittel verstaut hatte.

      Ich ziehe die Rollos des Küchenfensters nach oben, öffne das Fenster sperrangelweit und strecke meinen Kopf in die Morgenluft. Die Sägemaschine ist verstummt. Ich fülle meine Tasse nochmals randvoll und trinke den Kaffee im Stehen. Gedankenverloren schaue ich zum Wipfel des Walnussbaumes unserer Nachbarn. Der ist mächtig gewachsen, stelle ich fest.

      Ich esse eine Banane zu dem Kaffee, stecke die Schale in meine Handtasche, weil sonst die ganze Küche danach stinkt, wie mein Mann meint. Und wenn ich Diskussionen vermeiden kann, dann tue ich das.

      Ich entledige mich meiner Schuhe, stelle sie in den Schuhschrank im Flur. Die Sägemaschine hat ihre Arbeit wieder aufgenommen, höre ich. Irritiert laufe ich in die Küche zurück, spähe voller Neugier aus dem Küchenfenster. Ich will wissen, welcher Nachbar um diese Uhrzeit so einen Lärm

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