Vorsicht! Mann in Wechseljahren. Gisela Sachs
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Vorsicht! Mann in Wechseljahren - Gisela Sachs страница 14
Ich nehme eine Schlaftablette aus der Packung, spüle sie mit Leitungswasser hinunter, laufe den Flur entlang zum Schlafzimmer, am Gästezimmer vorbei. Das Geräusch der Sägemaschine hebt an. Ich bleibe verwundert stehen und lausche. Das Geräusch kommt eindeutig aus diesem Zimmer.
»Hm.«
Winfried wollte die Bretter vom Dachboden kürzer sägen und ein Bücherregal für das Gästezimmer daraus basteln. Mit einem Lächeln drücke ich auf den Türgriff. Mein Mann will mich überraschen. Wie schön. In diesem Moment bin ich fest davon überzeugt. Alles wird wieder gut!
Ich betrete das Zimmer auf Zehenspitzen. Ein unbekannter Geruch umhüllt mich. Süßsauer! Nach Apfel duftend irgendwie. Auf dem Schreibtisch steht eine braune Reisetasche. Daneben eine Tüte mit Obst. Einige Äpfel sind auf den Boden gekullert. Mein Blick fällt auf die Schuhe vor dem Bett, auf Socken, leere Bierflaschen, Knabbertüten, auf die blaue Cremetube in der breit verteilten Kotzpfütze mit den roten Brocken darin.
Ich rüttele an den Schultern der bis zu den Ohren zugedeckten Gestalt in unserem Gästebett. Sie wacht nicht auf. Ich ertaste den erhöhten Puls. Ein Atemaussetzer. Ich erschrecke. Dann ertönt wieder das Kreischen der Sägemaschine. Die Nervensäge ist Harald, erkenne ich erst jetzt. Ich rüttele heftiger an den knochigen Schultern.
»Aufwachen!«, brülle ich.
Harald dreht sich auf die andere Seite und brummt.
»Lass mich doch endlich einmal schlafen, Alte.«
Er schnarcht weiter. Ich tätschele seine Wangen. »Haaarald!«
Er blinzelt ins Neonröhrenlicht, versucht sich aufzusetzen, verdreht die Augen und fängt zu würgen an.
»Um des Himmels Willen, Harald. Nicht schon wieder! Mein Teppich …«
»Was ist denn hier los?«, poltert mein Mann. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören.
»Bei dem Gezeter kann man ja kein Auge zu tun.«
Winfried sieht mich anklagend an. »Warum lässt du den Harald nicht in Ruhe ausschlafen, Frau?«
Ich höre Meerschweinchen quieken, Wasserhahngeräusch, unsere Klospülung.
»Du weißt doch, wie unberechenbar und launisch seine Frau ist. Schlimm genug, wenn man zuhause ausbüchsen muss, um mal seine Ruhe zu haben, Margitchen.«
Ich stehe da wie ein Zinnsoldat, lausche angespannt auf die Geräusche, die eindeutig aus unserem Schlafzimmer kommen.
»Die Olle versteht ihn doch nicht, das weißt du doch, Margitchen!«
»Was sind das denn für Geräusche, Winfried?«
»Helmut schläft mit seinem Freund …«
»In unserem Ehebett, Winfried?«
»Das Sofa im Wohnzimmer ist viel zu schmal für die beiden, Margitchen.«
»Ich hatte Nachtschicht, Winfried.«
»Ich weiß.«
»Ich bin müde. Ich will in mein Bett, Winfried!
Ich will schlafen. Ist das denn so schwer zu verstehen?«
»Ich konnte die drei doch nicht unter Alkoholeinfluss nach Hause fahren lassen. Das musst du doch einsehen, Frau.«
»Und wo ist Siggi abgeblieben, Winfried?«
»Der schläft bei Babsi.«
»Siggi schläft bei Barbara? Und welche Schlafstätte hast du dir für mich ausgedacht, Winfried?«
»Leg dich halt zu mir auf das Wohnzimmersofa, Frau.«
»Es ist zu eng für uns beide, Winfried.«
»Du meine Güte, Frau, was bist du doch wieder zickig heute!« Diese Nacht verbringe ich bei meiner Freundin Jutta auf einer Gästeliege.
7. Kapitel
Er bringt mich immer wieder dazu, Dinge zu sagen und zu tun, die ich weder sagen noch tun will. Ich kann den dicken Mann auf dem Sofa nicht länger ertragen! Er hockt vor der Glotze, trinkt Bier, knabbert Kartoffelchips und schimpft wie ein Rohrspatz. Die Fußballer rennen ihm zu langsam.
»Die sind eine Schande für Deutschland. Mein Gott, mein Gott, wie kann man auch nur so langsam rennen.«
Er schlägt mit der Faust auf die Sofakissen ein. »Die sollen mal ein bisschen Ehrgeiz zeigen, die Trantüten. Für das viele Geld, das die bekommen, will ich Leistung sehen. Leistung!!«
Er befeuchtet seinen Zeigefinger an der Zunge und pickt damit die letzten Krümel aus der Kartoffelchipstüte. Dem Tütenrascheln folgt ein befriedigtes Schmatzen, das mich zur Weißglut bringt. Genau so hat seine Mutter immer die Chips gegessen.
»Dafür können die ihren Arsch doch schneller bewegen. Mein Gott, mein Gott, was sind das doch für Trantüten …«
Er hat die Schleife an seiner Zugbandtrainingshose doppelt gebunden. Direkt in der Höhe seines Bauchnabels, der sich wie bei einer Hochschwangeren nach außen wölbt. Gleich macht es plopp und das Ding springt raus, befürchte ich.
»Hol mal eine neue«, sagt mein Mann und streckt mir die leere Knistertüte zu.
»Und noch ein Bier«, befiehlt Harald, der immer noch bei uns weilt, weil seine Frau ihn nicht mehr zurückhaben will.
»Es ist keines mehr in der Kühle, Harald«, sage ich.
»Hast vergessen, nachzufüllen, Margitchen«, sagt Harald gönnerhaft. »Kann ja mal vorkommen.«
»Dann geh in den Keller, Frau!«, befiehlt mein Mann.
»Bewege deinen Hintern gefälligst selbst, Winfried. Und nenn mich um des Himmels Willen nicht immer Frau, du kleines fettes Arschloch.«
Mein Mann reißt seinen Kopf in die Höhe und röhrt wie ein angeschossener Hirsch. »Du meine Güte Frau, was ist denn bloß in dich gefahren?«
Harald hält seine Hand an sein rechtes Ohr, spreizt die Finger.
»Was hat sie gesagt, Winnie?«
»Sie hat kleines fettes Arschloch zu mir gesagt«, keucht mein Mann.
»Wie meine Alte«, rülpst Harald. »Die Weiber sind doch alle gleich.«
»Niveau gibt es nicht in blauen Schachteln, Harald.« Mein Mann zieht die Augenbrauen nach oben.
»Sind wir heute mal wieder aufsässig, Frau?«
Ich verlasse hoch erhobenen Hauptes das Schlachtfeld, verstaue nur die allernotwendigsten Dinge in unserer Reisetasche und verlasse fluchtartig das Haus. Ich sehe die plattgedrückten Nasen von Harald und Winfried an unserem Küchenfenster, als ich in unser Auto steige.