Wohnungsfrage 3.0. Группа авторов
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Dieses dynamische Bevölkerungswachstum hat viele Städte in Deutschland vor große Versorgungsprobleme gestellt. Der Wohnungsneubau in Deutschland hatte sich bis 2009/2010 auf ein recht niedriges Niveau von etwas über 150.000 fertiggestellte Wohnungen pro Jahr vermindert. Im Vergleich dazu wurde im Jahr 2001 noch mehr als das Doppelte an Wohnungen fertiggestellt. Die Aufrufe von Fachleuten zu mehr Neubau wurden seit 2011 denn auch immer lauter und die Fertigstellungen haben sich im Verlauf der folgenden 8 Jahre stetig gesteigert: auf ein Niveau knapp unter 300.000 Wohnungen in 2019. Aber das Neubauvolumen – insbesondere in den angesprochenen Großstädten – hat bei weitem nicht ausgereicht, dem dynamischen Einwohnerwachstum gerecht zu werden, geschweige denn es einzuholen.
In der Folge hat sich die Knappheit von Wohnraum an vielen Orten der Bundesrepublik über die letzten 10 Jahre weiter verschärft und der Verteilungskampf um Wohnraum hat deutlich zugenommen. Freilich gibt es auch in Deutschland Städte und Räume mit ausgeglichenem Wohnungsmarkt oder sogar schrumpfender Bevölkerung, das gehört wohl zu einem objektiven Gesamtbild dazu. Dennoch überwiegen in diesem Bild wohl die Verknappungstendenzen in vielen Städten unterschiedlichster Regionen aus allen Himmelsrichtungen des Bundesgebietes.
Die wachsende Knappheit von Wohnungen führte zu stark steigenden Mieten und Kaufpreisen bei Wohnimmobilien in vielen deutschen Städten. Die Neuvertragsmieten haben sich in den letzten Jahren äußerst dynamisch entwickelt. Im Durchschnitt des Landes stieg der Index für Neuvertragsmieten seit 2004 um 23,7 % und im Jahr 2020 kam es zu einer Stagnation. Die Bestandsmieten sind seit 2004 um 13,7 % gestiegen und auch im Jahr 2020 um 1,3 %. Die Bundesdurchschnitte sind jedoch bei den Mietpreissteigerungen für die Ballungsgebiete weniger aussagekräftig, weil auch die Mietentwicklungen aus schrumpfenden und ländlichen Regionen einfließen und diese nach unten verzerren. Schaut man auf die Entwicklung der Angebotsmieten in bekannten Onlineportalen, so zeigt sich z. B. in München allein von 2011–2019 eine Mietpreissteigerung bei freigewordenen Wohnungen im Bestand von ca. 82 % und im Neubau um 60 %. Berlin liegt im Bestand bei ca. 90 % Mietsteigerung und im Neubau bei ca. 38 %. Auch in Köln stiegen die Mieten der Neubauwohnungen um den gleichen Wert, die Wohnungen im Bestand gemäß der Onlineinserate um ca. 57 %. In Frankfurt waren es ca. 46 % im Bestand und 40 % bei den inserierten Neubaumieten. In Hamburg und Düsseldorf liegen die Steigerungen der Mieten bei inserierten Bestandswohnungen im Vergleichszeitraum bei ca. 37 % und im Neubausegment scheint es seit 4 Jahren bis 2019 sogar eine stagnierende Entwicklung zu geben.
Aber auch beim Eigentumssegment im Wohnungsmarkt übersteigt die Nachfrage in Ballungsräumen das geringe zum Verkauf stehende Angebot an Wohnungen und Häusern, so dass auch deren Preise einen kontinuierlichen Anstieg – sogar noch oberhalb der Mietpreissteigerungen – erleben. Die Preise für Eigentumswohnungen verteuerten sich am stärksten, innerhalb der letzten fünf Jahre im bundesweiten Mittel um 32,3 % und in den vergangenen zehn Jahren sogar um 75,7 %. Auswertungen der Angebotspreise für Eigentumswohnungen pro Quadratmeter auf bekannten Onlineportalen zeigen von 2011–2019 in Berlin eine Steigerung bei Neubauwohnungen von 100 % und bei Bestandswohnungen von sogar 130 %. Ähnliche Werte lassen sich für Düsseldorf, Frankfurt a. M. und München beobachten. In Köln steigerten sich die Angebotspreise für Eigentumswohnungen im gleichen Zeitraum im Neubausegment um ca. 77 % und im Bestand um etwa 110 %. In Hamburg hingegen lag die Preissteigerung bei Bestandswohnungen im selben Zeitraum bei 84 % und im Neubau bei 37 %.
Diese in den letzten Jahren gewachsene Knappheit an Wohnraum und die deutlich steigenden Preise an vielen Standorten in Deutschland verleihen diesem Buch seinen Titel: Wohnungsfrage 3.0. Doch steckt hinter der Wohnungsfrage 3.0 noch mehr. Wir leben im Angesicht eines Klimawandels, für den zu einem großen Teil auch der Gebäudebestand verantwortlich ist. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass der gesamte Gebäudesektor im Jahr 2030 – also in 9 Jahren – nur noch höchstens 72 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr emittiert. Mit Maßnahmen der energieeffizienten Sanierung und dank energieeffizienter Neubauten sind die CO2-Emissionen von 1990 bis 2018 von 210 Mio. Tonnen auf 120 Mio. Tonnen gesunken. Das ist erfreulich, entspricht aber nicht einmal einer Halbierung innerhalb von fast 30 Jahren. Nun sollen innerhalb von zehn Jahren nochmals 50 Mio. Tonnen eingespart werden und das, obwohl im Zeitverlauf die Einsparungseffekte mit jeder weiteren Maßnahme tendenziell eher sinken.
Es lastet also eine große Herausforderung auf den Eigentümern und Bewohnern. Nicht alles lässt sich mit Fördermitteln kompensieren und so müssen auch die Privaten tief in die Tasche greifen, um die – durchaus notwendigen – Einsparziele an CO2 im Gebäudebestand zu erreichen.
Dass diese Investitionen und Zusatzkosten der Wohnungseigentümer nicht ohne Auswirkung auf die Mieten und Kaufpreise vonstattengehen werden, liegt wohl auf der Hand. In einer Zeit, in der sich viele Menschen ohnehin schon über knappheitsbedingte Mietsteigerungen ärgern und dagegen auf die Straße gehen, sind steigende Wohnkosten durch die energieeffiziente Sanierung von Wohnungen vorprogrammiert. Zwar werden die Mieterinnen und Mieter evtl. auch durch sinkende Wohnnebenkosten (z. B. geringerer Heizenergieverbrauch) profitieren. Das die »Warmmiete« nach der Sanierung jedoch geringer ist als zuvor, ist doch eher unwahrscheinlich.
Neben der Ertüchtigung des Wohnungsbestandes in Sachen Energieeffizienz und den Auswirkungen dieser Ertüchtigung auf zukünftige Mieten und Kaufpreise tritt bei der Wohnungsfrage 3.0 auch noch die Lage an den Finanzmärkten hinzu. Der Zusammenhang sieht wie folgt aus: Aufgrund zahlreicher aufeinanderfolgender und aufeinander aufbauender Krisen (Finanzmarktkrise ab 2007, Euro-Krise, Staatsverschuldungskrisen in der EU) hat die Europäische Zentralbank (EZB) so wie viele andere Zentralbanken die Märkte mit Liquidität geflutet und die Leitzinsen auf historische Tiefststände (z. T. Minuszinsen) gesenkt. Die niedrigen Zinsen und das viele im Umlauf befindliche Kapital hat sich – auch mangels alternativer Anlagemöglichkeiten – in erheblichem Umfang deutsche Wohnimmobilien als Wertanlage gesucht. Diese vermögensorientierten Kapitalanlagen haben zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Wohneigentum geführt und auch hier die Knappheit weiter verschärft.
Dieser Preisanstieg beim Wohneigentum veranlasste bereits mehrfach warnende Stimmen, wie z. B. die Deutsche Bundesbank, zu der Aussage, dass vor allem in den wachsenden Großstädten inzwischen eine Blasenbildung am Wohneigentumsmarkt eingesetzt habe und die Preise in manchen Städten – wie z. B. in München – schon um 30 % als überhöht angesehen werden. Auf solche Äußerungen hin melden sich andere Fachleute zu Wort, die nachzuweisen versuchen, dass die Preisentwicklungen sich nach wie vor nicht zu stark von realen Größen (Einkommen, Mieten, Nachfrage) abgekoppelt habe und es – trotz extrem niedriger Zinsen – kein übertriebenes »Aufblasen« der Kreditvergabe für Wohnimmobilien bei den Banken und folglich keine Blasenbildung am deutschen Wohnimmobilienmarkt gebe.
Da die Mieten bereits seit einigen Jahren steigen und das Thema der mangelnden Wohnraumversorgung in den Städten schon länger gärt, hatten sich die beiden großen Parteien SPD und CDU bereits im vorletzten Bundestagswahlkampf 2013 mit der Forderung der Einführung einer Mietpreisbremse profiliert, die dann von der großen Koalition für angespannte Wohnungsmärkte auch umgesetzt wurde. Ihre Wirkungen seitdem werden eher kritisch gesehen, woraufhin sich die SPD für eine Verschärfung stark gemacht hat. Ebenso wurde in der nachfolgenden Legislaturperiode ein »Bündnis für Wohnen« aus der Taufe gehoben, bei dem alle relevanten wohnungspolitischen Partner von der Bundesebene bis auf die kommunale Ebene im Rahmen von runden Tischen und derartigen Bündnissen mitmachen sollten, um die Probleme am Wohnungsmarkt gemeinsam zu beheben.
Die Wohnungspolitik war zuvor jahrzehntelang eher ein Randthema. Es gab Wohnungsleerstand in etlichen Städten (z. B. im Osten oder im Ruhrgebiet) und eine sinkende Bevölkerungszahl in vielen Städten (Stichwort »schrumpfende Städte«), aber auch in ganz Deutschland. Der Bestand an geförderten »Sozialwohnungen«