Sommerleithe. Klaus Weise

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sommerleithe - Klaus Weise страница 17

Автор:
Серия:
Издательство:
Sommerleithe - Klaus Weise

Скачать книгу

Fraktion? Er hat es verneint. Auch trug er keine SS-Tätowierung. Aber dass er dem nationalsozialistischen Weltbild samt seiner Heilsversprechen abhold war, halte ich für unwahrscheinlich. Verwunderlich war und bleibt, dass meine Mutter, als sie im Sterben lag und ihre Schmerzen mit Morphium gelindert wurden, im Delirium Andeutungen über eine jüdische Vergangenheit machte.

      Mein Vater verachtete uns Kinder, wenn wir krank wurden. Wir mussten Beispiel geben und hatten gesund zu bleiben. Gesundheit war oberste Metzgerkinderpflicht. Doch war dies nicht nur moralischer Appell, sondern auch kaufmännisches Kalkül und Verhaltensvorbild für die Belegschaft des Metzgereibetriebs. Damit im Krankheitsfall der Mitarbeiter – und mit diesem Oberbegriff waren neben den Gesellen selbstredend auch die Putzfrauen und Verkäuferinnen gemeint – der Verlust an Arbeitskraft keinen zu großen Verlust an Geld nach sich ziehe. Krankheit wurde von meinem Vater erst akzeptiert, wenn sie für ihn erkennbare Symptome aufwies. Hohes Fieber, Mumps, geschwollene Mandeln, Knochenbrüche oder ein Fleischermesser, das sich ein Geselle beim Arbeiten durch die Hand gestochen hatte, akzeptierte er als sichere Zeichen für eine wirkliche und keine aus Faulheit oder Bequemlichkeit simulierte oder sonstwie zu vernachlässigende Krankheit. Erst wenn wir mit solchermaßen eindeutigen Symptomen aufwarten konnten, ließ er sich herab, meine Schwester oder mich am Krankenbett zu besuchen.

      Manchmal fiel meine Mutter um. Zumindest in der DDR. Aus Mangel an Eisen und Kalzium, hieß es. Wie sie dem Eisenmangel begegnete, weiß ich nicht. Vermutlich mit Fleisch, davon gab es bei uns immer genug, also kann das eigentlich nicht zutreffen, und Spinat auch, immer mit Bratkartoffeln und Spiegeleiern. Der Mangel an Kalzium wurde therapiert mit zerstoßener und zu Pulver zerriebener Eierschale, die in Wasser aufgelöst getrunken wurde. Also: Wieso fiel meine Mutter um? In der DDR. Im Westen nie. Vielleicht war dies die weibliche Antwort auf das Asthma meines Vaters.

      War mein Vater krank, was selten geschah – ausgenommen die nächtlichen Asthma-Attacken –, wurden seine Krankheiten stets von Anfällen ausgeprägter Wehleidigkeit begleitet. Auch in anderen Angelegenheiten des täglichen Lebens war mein Vater eine durchaus gespaltene Person. Gern trank er Wasser aus Schnapsgläsern, während er anderen Schnaps einfüllte oder einfüllen ließ; gern war er charmant zu Frauen, während er zu seiner eigenen Frau gehässig sein konnte, bis sie weinte, beim verregneten Sonntagsspaziergang den Schirm mit dem schönen Blumenmuster zu Boden donnerte oder für ein paar Tage nach Niederlahnstein zu Onkel Erich und Tante Irma fuhr.

      Eine mögliche Scheidung der Eltern war im Westen des Öfteren Gesprächsstoff vor dem Einschlafen zwischen meiner Schwester und mir, solange wir uns ein Kinderzimmer teilten. Einmal – so meine ich mich zu erinnern und bin mir fast sicher, dass es so war, aber es fällt mir schwer, es auszusprechen; ich möchte es nicht aussprechen und kann es nur sagen, indem ich es verschweige – erhob mein Vater, und noch dazu am Heiligen Abend … Eine dunkle Erinnerung. Gut und tief verdrängt. Aber doch nicht ganz. Ein Schnitt in meine Seele. Und aus der Finsternis der Verdrängung, nein, nicht aufleuchtend, sondern Wellen schwarzen Lichts aussendend …, sodass, als ich später eine Sau abstach, es mein Vater war, der vor mir lag, und ich ihm die scharfe Klinge des eigens zum Schlachten, zum Stechen angefertigten Messers von schräg unterhalb des Halses gekonnt in die Brust schob in Richtung des Herzens, das Messer herauszog, sein Blut heraussprudelte und ich ihn mir zu Füßen liegend verenden sah.

      Von diesem Vatermord hatte er eine Vorahnung – spätestens, als er mich das erste Mal zum Schweineschlachten auf den Schlachthof mitnahm. Er wusste, hätte ich einmal das erste Schwein geschlachtet, würde ich viele Schweine töten müssen. Er wusste, dass, wer einmal getötet hat, dies immer wieder tun wird – nicht, weil er will, nein, weil er muss –, und dass die Schwelle zwischen Tier und Mensch eine leicht zu überschreitende ist, sobald die Angst vor dem Töten nur ein einziges Mal überwunden ist. Er wusste, dass ich, gefangen im Wiederholungszwang des Tötens, ihn anstelle der Sau vor mir liegen sähe – nur wusste er nicht, wann genau das geschehen würde, und deswegen beobachtete er mich genau, wenn ich an der Reihe war zu schlachten. Wohingegen er, der Vaterlose, seinen Vater nie töten konnte. Er kannte noch nicht einmal ein Bild von ihm, das er beim Vorgang des Schlachtens hätte imaginieren können: Ein Foto seines Vaters ist nie aufgetaucht.

      Schlug er mich deshalb – gelegentlich, das letzte Mal, als ich achtzehn war? Aus Gründen seiner angestauten Wut über den Vatermord, den er, der Vaterlose, nicht begehen konnte, wohl aber ich an ihm? Und noch etwas, außer seinem eigenen Charakter, der ihn in Not zu Jähzorn-Ausbrüchen trieb, kam hinzu: Ich. Wie ich war. Wofür ich stand. Mit meiner linken Gesinnung, die alle kriegsgeschädigten Tätersoldaten mit der ihnen eigenen Aggressivität bekämpften, weil sie spürten, dass ihnen nach verlorenem Krieg und Wiederaufbau erneut die Felle wegschwammen …

      Hatte er, der die Maxime ausgab, in der eigenen Familie müsse man sich stets alles erzählen und anvertrauen, diesen kategorischen Imperativ nur aufgestellt, um alles von uns zu wissen, von sich selbst aber möglichst wenig preiszugeben – nur das, was seine innere Zensur passieren durfte und für ihn von Vorteil war? Hat ausgerechnet er versäumt zu erfahren, wann ich, sein Sohn, ihn das erste Mal getötet hatte? Ich habe es ihm nie gesagt. Er wusste, dass es geschehen ist. Nur nicht, wann. Und wie oft seitdem.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4SnPRXhpZgAATU0AKgAAAAgADAEAAAMAAAABDUoAAAEBAAMAAAABFMMAAAECAAMAAAADAAAA ngEGAAMAAAABAAIAAAESAAMAAAABAAEAAAEVAAMAAAABAAMAAAEaAAUAAAABAAAApAEbAAUAAAAB AAAArAEoAAMAAAABAAIAAAExAAIAAAAeAAAAtAEyAAIAAAAUAAAA0odpAAQAAAABAAAA6AAAASAA CAAIAAgACvyAAAAnEAAK/IAAACcQQWRvYmUgUGhvdG9zaG9wIENTNiAoV2luZG93cykAMjAyMTow NDoyMyAxNDowMjowMQAAAAAEkAAABwAAAAQwMjIxoAEAAwAAAAH//wAAoAIABAAAAAEAAAfQoAMA BAAAAAEAAAw1AAAAAAAAAAYBAwADAAAAAQAGAAABGgAFAAAAAQAAAW4BGwAFAAAAAQAAAXYBKAAD AAAAAQACAAACAQAEAAAAAQAAAX4CAgAEAAAAAQAAKEkAAAAAAAAASAAAAAEAAABIAAAAAf/Y/+IM WElDQ19QUk9GSUxFAAEBAAAMSExpbm8CEAAAbW50clJHQiBYWVogB84AAgAJAAYAMQAAYWNzcE1T RlQAAAAASUVDIHNSR0IAAAAAAAAAAAAAAAEAAPbWAAEAAAAA0y1IUCAgAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARY3BydAAAAVAAAAAzZGVzYwAAAYQAAABs d3RwdAAAAfAAAAAUYmtwdAAAAgQAAAAUclhZWgAAAhgAAAAUZ1hZWgAAAiwAAAAUYlhZWgAAAkAA AAAUZG1uZAAAAlQAAABwZG1kZAAAAsQAAACIdnVlZAAAA0wAAACGdmlldwAAA9QAAAAkbHVtaQAA A/gAAAAUbWVhcwAABAwAAAAkdGVjaAAABDAAAAAMclRSQwAABDwAAAgMZ1RSQwAABDwAAAgMYlRS QwAABDwAAAgMdGV4dAAAAABDb3B5cmlnaHQgKGMpIDE5OTggSGV3bGV0dC1QYWNrYXJkIENvbXBh bnkAAGRlc2MAAAAAAAAAEnNSR0IgSUVDNjE5NjYtMi4xAAAAAAAAAAAAAAASc1JHQiBJRUM2MTk2 Ni0yLjEAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAFhZ WiAAAAAAAADzUQABAAAAARbMWFlaIAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAABYWVogAAAAAAAAb6IAADj1AAAD kFhZWiAAAAAAAABimQAAt4UAABjaWFlaIAAAAAAAACSgAAAPhAAAts9kZXNjAAAAAAAAABZJRUMg aHR0cDovL3d3dy5pZWMuY2gAAAAAAAAAAAAAABZJRUMgaHR0cDovL3d3dy5pZWMuY2gAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAZGVzYwAAAAAAAAAuSUVDIDYx OTY2LTIuMSBEZWZhdWx0IFJHQiBjb2xvdXIgc3BhY2UgLSBzUkdCAAAAAAAAAAAAAAAuSUVDIDYx OTY2LTIuMSBEZWZhdWx0IFJHQiBjb2xvdXIgc3BhY2UgLSBzUkdCAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA AAAAAGRlc2MAAAAAAAAALFJlZmVyZW5jZSBWaWV3aW5nIENvbmRpdGlvbiBpbiBJRUM2MTk2Ni0y LjEAAAAAAAAAAAAAACxSZWZlcmVuY2UgVmlld2luZyBDb25kaXRpb24gaW4gSUVDNjE5NjYtMi4x AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAB2aWV3AAAAAAATpP4AFF8uABDPFAAD7cwABBMLAANc ngAAAAFYWVogAAAAAABMCVYAUAAAAFcf521lYXMAAAAAAAAAAQAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAKP AAAAAnNpZyAAAAAAQ1JUIGN1cnYAAAAAAAAEAAAAAAUACgAPABQAGQAeACMAKAAtADIANwA7AEAA RQBKAE8AVABZAF4AYwBoAG0AcgB3AHwAgQCGAIs

Скачать книгу