Paul Schneider – Der Prediger von Buchenwald. Margarete Schneider
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Diese Überzeugungen zum evangelischen Verständnis des Märtyrers treffen auf Paul Schneider zu. Das Glaubenszeugnis, das Pfarrer Schneider im Konzentrationslager mit seinem Handeln und Reden unablässig ablegte, hat zweifellos zu seinem Tod geführt. Das nationalsozialistische Unrechtsregime und das verbrecherische System der Konzentrationslager mögen erst nach 1942 ihre volle Dynamik entfaltet und völlig unverstellt ihr unmenschliches Gesicht gezeigt haben. Doch auch vorher schon waren sie ein unübersehbares Faktum und ein erkennbarer Teil eines unmenschlichen Systems; und sie wirkten von Anfang an mit tödlicher Konsequenz. Paul Schneider war ein Prediger des Evangeliums, er war »der Prediger von Buchenwald«, und er wurde deshalb zu einem Opfer des Nationalsozialismus.
Die Würdigung seiner Lebensgeschichte in dem im Jahr 2000 im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen Band »Zeugen einer besseren Welt. Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts« belegt, dass Paul Schneider auch von der römisch-katholischen Kirche als Märtyrer der Christenheit anerkannt und hoch geschätzt wird. So wurde am 12. Oktober 2002 eine von Renata Sciachi und künstlerischen Mitarbeitern der Gemeinschaft Sant’ Egidio gestaltete Ikone in der römischen Basilika San Bartolomeo eingeweiht. Sie zeigt in der Bildmitte, unmittelbar unter der Osterkerze, Paul Schneider in seiner Arrestzelle und bezieht sich damit auf eine Predigt Papst Johannes Pauls II. aus dem Jahr 2000, in der dieser auf Schneiders Zeugnis der Auferstehung hingewiesen hatte.
Schneiders Zeugnis für die Auferweckung des gekreuzigten Christus von den Toten aus seiner Zelle heraus, an einer Stätte des Todes und einem Ort des Grauens, bleibt tief bewegend. An diesem Ort predigte er vom Leben und von der Liebe, die in Jesus Christus erschienen sind. Manche seiner Worte mögen aus heutiger Perspektive hilflos oder naiv, sogar unbelehrbar anmuten; damals und heute macht sein Handeln mitunter ratlos. Sein Lebenszeugnis und sein klares Bekenntnis machten Menschen Mut und schenkten in einer ausweglos erscheinenden Lage Trost und Hoffnung. Nicht nur inhaftierte Christen, auch durch und durch atheistisch gesinnte Kommunisten würdigen sein Wirken und bekunden ihm Respekt. Paul Schneider hat Zeichen gesetzt, die über sein eigenes Leben hinausweisen, indem sie unzweideutig auf Jesus Christus hinweisen, der das Fundament des christlichen Glaubens bildet. Deshalb unterstreiche ich die Einschätzung des damaligen Lordbischofs von Chichester, George Bell (1883–1958), der in einem in der »Times« abgedruckten Leserbrief nur wenige Tage nach Schneiders Tod diesen als »martyr« bezeichnete. Dass das vorliegende Buch an das Leben und Wirken Paul Schneiders erinnert, macht seinen bleibenden Wert für die Gegenwart aus.
Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Huber
ehemaliger Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (2003 – 2009)
* Harald Schultze; Andreas Kurschat (Hg.); »Ihr Ende schaut an …« Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 22008.
Geleitwort der Herausgeber zur erweiterten Neuauflage
„Den Mut hätte ich nicht“, sagte ein gestandener Mann nach der Lektüre des Buches von Margarete Schneider über den Lebensweg ihres Mannes. Unzählige empfinden ebenso: „Hätten wir doch damals viel mehr solcher mutiger Christen gehabt.“ „Gerade weil er ein kleiner Landpfarrer war und kein großer Theologe oder Kirchenmann, ist er mir viel näher bei meiner eigenen Suche nach richtigen Entscheidungen.“ „Der müsste doch mehr bekannt gemacht werden; den kennen viel zu wenige.“ Andere äußern ihre Gedanken etwa so: „Warum hat er nicht geschwiegen und sein Leben dadurch gerettet? Warum hat er die Ausweisung aus dem Rheinland und damit das Verlassenmüssen seiner Gemeinde nicht akzeptiert wie andere Pfarrer?“ „Hat er denn gar nicht an seine Frau und seine sechs Kinder gedacht?“ „Musste er denn selbst im KZ noch die Wahrheit hinausschreien?“ „Er ist doch selbst schuld an seinem Tod; er war doch nur ein engherziger, kompromissloser Fanatiker und verdient nicht, dass man sich mit ihm beschäftigt.“
Dazu wollen wir gerade anregen. Nicht, um Paul Schneider zu idealisieren oder zu einem Heiligen zu machen. Vielmehr wollen wir durch dieses dokumentierende Buch ermutigen, sich mit seinem Leben genauer auseinanderzusetzen. Es gilt, seiner Entwicklung nachzuspüren und ihn besser kennenzulernen: Warum nur konnte er nicht schweigen und, wie sonst so viele andere, durch ein „stilles Leben“ versuchen, den Nationalsozialismus möglichst ungeschoren zu überstehen? Was drängte ihn, selbst im KZ und noch von der Arrestzelle aus seine Stimme zur Verkündigung des Evangeliums und zur Anklage gegen die SS laut werden zu lassen?
Als Margarete Schneider nach dem Krieg ihren Bericht schrieb, stand das unmittelbare eigene Erleben dahinter; auch das der meisten Leser, die diese Zeit des Nationalsozialismus auf ihre Weise selbst miterlebt hatten. Vieles brauchte sie nicht, und anderes konnte sie noch nicht erklären. Diese Originalfassung „Der Prediger von Buchenwald“ erschien ab 1953 jahrzehntelang als Taschenbuch und wurde auch in der damaligen DDR gedruckt.
Inzwischen sind neue Generationen herangewachsen, die von der Zeit des Nationalsozialismus keine persönlichen Kenntnisse mehr haben. Seit Paul Schneiders Tod sind bereits über achtzig Jahre vergangen; wir leben schon zwei Jahrzehnte in einem neuen Jahrtausend. Margarete Schneider, geb. Dieterich, ist kurz vor ihrem neunundneunzigsten Geburtstag Ende 2002 verstorben. Die Zeiten und die Menschen haben sich verändert; neue Fragen und Aufgaben stellen sich. Deshalb war es vorrangig nötig, das Originalbuch von Margarete Schneider zu ergänzen, weitere Dokumente hineinzubringen und so den Verlauf des Lebens von Paul Schneider einer nachwachsenden Generation verstehbarer zu machen.
Der Nationalsozialismus, der Kirchenkampf der Bekennenden Kirche, der damalige Terror, die nationalsozialistischen Konzentrationslager und die Massenvernichtung von Menschen jüdischen Glaubens sind Geschichte. Es ist die Frage, was wir aus dieser Geschichte für unser persönliches Leben gelernt haben. Auch ist es deutlich, dass gerade dieser Teil der Geschichte Deutschlands mit seinen Folgen unsere Gegenwart wie kein anderer prägt. Das nationalsozialistische Gedankengut erstarkt wieder in erschreckender Weise. Erneut wird zu viel geschwiegen.
Nach dem Ersterscheinen von „Der Prediger von Buchenwald“ hatte sich mit mehreren wesentlichen Publikationen Pfarrer Rudolf Wentorf verdienstvoll mit Paul Schneider befasst. Besonders in seinen Büchern „Trotz der Hölle Toben“ und „Der Fall des Pfarrers Paul Schneider“ konnte er erstmals wichtige Dokumente der Gestapo und des damaligen Evangelischen Konsistoriums der Rheinprovinz veröffentlichen. Die Doktorarbeit von Albrecht Aichelin zu Paul Schneider bringt viele Details gerade auch aus der Bekennenden Kirche. Der amerikanische Historiker Claude Foster hat auf seine schriftstellerische Art das Leben Pfarrer Schneiders auf dem Hintergrund der deutschen Geschichte erzählt und dadurch vielen Lesern in Amerika und, durch Brigitte Otterpohls Übersetzung, auch in Deutschland „Seine Lebensgeschichte“ leicht lesbar nahegebracht. Alle diese Bücher sind heute nur noch antiquarisch erhältlich.
Das Original von Margarete Schneider wurde von uns zwischenzeitlich schon einmal stark erweitert, ergänzt, dokumentiert und erläutert. Dabei haben wir das Original nicht im Geringsten verändert. Dokumente, die Frau Schneider nicht zur Verfügung standen, andere, die sie nicht verwandt hat, und seitdem bekannt gewordene Vorgänge sind den Kapiteln zugefügt worden. Diese sind durch einen anderen Schrifttyp vom ursprünglichen Text des „Predigers von Buchenwald“ abgesetzt, der im Buch durch Einrückung gekennzeichnet ist. Bereits der Originaltext hat zwei Schriftarten, da Margarete Schneider alle Zitate aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen ihres Mannes kursiv hervorgehoben hatte.
Die Ergänzungstexte erläutern auch die oft schwer errungenen Entscheidungen, die Paul Schneider in seinem Leben getroffen hat, und sein daraus folgendes Handeln sowie politische, kirchenpolitische und gesellschaftliche Hintergründe. Zusätzlich sind einige geschilderte Familienereignisse