Vom Verlust der Freiheit. Raymond Unger
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Für die erschreckende Polarisierung der Gesellschaft machen die Medien allgemein einen »Rechtsruck« verantwortlich – ohne dabei den eigenen »Linksruck« wahrzunehmen. Bei genauerer Betrachtung findet die Polarisierung der Gesellschaft jedoch weniger zwischen den Antipoden »rechts« und »links« statt. Die tatsächlichen Grenzlinien verlaufen zwischen narzisstisch und gesund, zwischen totalitär und freiheitlich, zwischen infantil und erwachsen, zwischen Gesinnung und Verantwortung und zwischen Mitläufern und Freidenkern. Narzissmus und Infantilität gehören zusammen. Das vielleicht wichtigste Merkmal des Erwachsenwerdens ist es, sich die inhärente Unverfügbarkeit des Lebens bewusst zu machen und sie anzuerkennen. Ein erwachsenes Bewusstsein erkennt, dass der Mensch ein Stück weit in sein Schicksal gestellt ist und dass der Mensch nicht Gott ist. Erwachsene Menschen halten Zielkonflikte und Widersprüche aus; sie wissen, dass alles seinen Preis hat und vor allem – dass das Leben endlich ist. Kinder wissen dies nicht. Kinder halten sich oder ihre Eltern für allmächtig. Kontakt zur Realität und damit zu Begrenztheit, Ungerechtigkeit und Endlichkeit macht Kinder unendlich wütend. Diese Wut agieren sie aus, indem sie Schuldige suchen, die sie für das natürliche Ungleichgewicht des Lebens verantwortlich machen können. Wehe einer Gesellschaft, in der Herbert Grönemeyers Vision Wirklichkeit geworden ist. »Kinder an der Macht« bedeutet infantile Hybris der Allmächtigkeit, umgesetzt in einer totalen, technokratischen, alternativlosen Politik. In den globalen Narrativen der Neuzeit und in den Credos der Regierung finden wir genau dies: Lockdown, Maskenzwang und Massenimpfungen sind alternativlos. WHO-, UN- und EU-Vorgaben sind alternativlos. Nullzinspolitik und Bargeldabschaffung sind alternativlos. Kampf gegen CO2 und Energiewende sind alternativlos. Migrationspolitik und Multikulturalismus sind alternativlos. Globalisierung und humanistischer Universalismus sind alternativlos. Feminisierung und Gender-Mainstreaming sind alternativlos. Doch eine Gesellschaft ohne Alternativen wird ihre Freiheit, ihren sozialen Frieden, ihren Wohlstand und schließlich auch ihre Demokratie verlieren.
KAPITEL 1
Psychologischer Hintergrund
Top-down Journalismus
Ursprünglich war die Konzeption für dieses Buch bereits im März 2020 abgeschlossen. Aufgrund der regen Resonanz auf Die Wiedergutmacher erschien mir ein Anschlussbuch wünschenswert. Im vorangegangenen Werk skizzierte ich den psychologischen Mechanismus von Transtrauma, den Fokus der politischen Folgen legte ich auf eine unverantwortliche Migrationspolitik. Tatsächlich zeigen sich die gesinnungsethischen und realitätsfernen Politikansätze Deutschlands insbesondere auf zwei weiteren Politikfeldern: Gender-Studies und Klimapolitik. Mein Folgebuch sollte daher alle Politikfelder umfassen, auf denen sich die Übersteuerung einer transtraumageschädigten Politiker- und Journalisten-Generation am verheerendsten auswirkt: Klima-, Gender- und Migrationspolitik. Dann kam Corona.
In ungeahnter Weise und wie unter einem Brennglas verdichtete sich das Transtrauma-Psychogramm vieler Babyboomer im Zuge der Coronakrise. Freiheitsbedrohende und ethisch wie juristisch äußerst fragwürdige Konzepte wie Lockdown, Maskenpflicht, Social Distancing, Tracking-Apps und Massenimpfungen wurden selbst im Sommer 2020 kaum hinterfragt, obwohl die Pandemie auf dem Tiefpunkt war und neue Erkenntnisse zur tatsächlichen Gefährlichkeit von Corona vorlagen.
Noch kontrastreicher als auf den von mir anvisierten Politikfeldern deckte die Coronakrise Konformitätsdruck, Servilität und strukturelle Infantilität vieler Babyboomer auf: Je rigider und paternalistischer die politische Ansprache bei den sogenannten »Corona-Schutzmaßnahmen« war, desto höher stieg das Ranking der Politiker. Eine auf dem Weg zur Zwergenpartei befindliche CDU konnte ihre Prozentzahl in nur wenigen Wochen verdoppeln – zum Leidwesen der Grünen und der AfD. Der Sprachduktus der Bundeskanzlerin, ähnlich einer fürsorglichen, aber strengen Mutter, wurde im Angstraum Corona noch stärker goutiert als zuvor. Überfällige und längst notwendige Corona-Debatten verbat sich die Kanzlerin und bezeichnete sie als »Öffnungsdiskussionsorgien«. Schwarzpädagogische Sprachfloskeln, wie »Zügel anziehen« und »brachial durchgreifen«, kamen bei den deutschen Bürgern bestens an. Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, die eigentlich souverän für ihre Länder verantwortlich sind, wurden in wöchentlichen Telefonkonferenzen mit dem Kanzleramt zum Rapport bestellt. Eigentlich hatten die Alliierten 1949 einer derartigen Machtkonzentration vorbeugen wollen, indem sie souveräne Bundesländer etablierten. Nie wieder sollte Berlin (oder damals Bonn) allein die Geschicke Westdeutschlands bestimmen können. Aus gutem Grund ist eine Runde der Ministerpräsidenten, unter dem Vorsitz der Kanzlerin, kein vom Grundgesetz vorgesehenes Entscheidungsinstrument. Im Zuge der Coronakrise hat es einen enormen Machtzuwachs für die Kanzlerin gegeben, denn letztendlich nehmen gestandene Landespräsidenten Weisungen aus Berlin entgegen. Dieser bemerkenswerte Vorgang wird seitens der Presse jedoch keineswegs moniert. Schließlich hatte es wenige Wochen vor Corona weitaus drastischere Übergriffe der Kanzlerin gegeben. Noch aus dem fernen Afrika verfügte sie, die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten sei unverzeihlich und müsse umgehend korrigiert werden.
Nach meiner Einschätzung ist die Freiheit seit 1945 nicht mehr so konkret bedroht gewesen wie im Zuge der Coronakrise. Ein kleines Virus, das real existiert und unter besonderen Umständen auch real krank macht, trifft im Internetzeitalter auf eine entwurzelte, wertelose, globale Gesellschaft, in der kollektive Angst-Meme in ungeahnter Heftigkeit zünden. Politische Konzepte, um diese teils realen, teils halluzinierten Ängste zu befrieden, bergen ungeheure Versuchungen zum Machtmissbrauch. Gemäßigte und alle Folgen abwägende Politikansätze setzen sich kaum gegen freiheitsbedrohende, totalitäre Maßnahmen durch, da viele Bürger glauben, dass nur letztere Schutz versprechen. Wenn ich dem Corona-Kapitel in diesem Buch einen besonderen Raum im Reigen der globalen freiheitsbedrohenden Politikansätze zugestehe, so hat dies gute Gründe. Hinzu kommt, dass mir ein Beitrag zur Erweiterung der Perspektive aufgrund meiner ganzheitlich-medizinischen Vorbildung eine Herzensangelegenheit ist (siehe auch Nachtrag).
Eine Beschäftigung mit Corona lohnt sich jedoch nicht nur, um anhand der Krise spezifisch deutsche Muster der Willfährigkeit abzubilden, die im Zusammenhang mit dem Transtrauma stehen. Die weltweite Gleichschaltung von Narrativen, insbesondere in der Klima- und Coronakrise, sowie die kritiklose Bereitschaft, den Agenden supranationaler Organisationen zu folgen, gehen weit über deutsche Befindlichkeiten hinaus. Die Politik der Regierung folgt letztlich globalen Agenden, die seitens WEF, UN, WHO, IPCC und IWF vorgegeben werden. Dass diese Organisationen weder demokratisch legitimiert sind noch altruistische Ideale zum Wohle der Menschheit verfolgen, wird am Ende dieses Buches deutlich werden. Merkels national-skeptische und global-freundliche Politik wird seit 2015 von einer regierungsfreundlichen Presse flankiert. Auch die Corona-Politik macht da keine Ausnahme. Dank der besonnenen Führung einer umsichtigen und wohl informierten Kanzlerin habe Deutschland die Coronakrise einigermaßen glimpflich überstehen können. Selbst der nachhaltige Freiheitsverlust über die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes, mit der potenziellen Möglichkeit dauerhafter Beschneidungen der Grundrechte, stieß auf breite mediale Zustimmung. Wie bereits bei den supranational geforderten Agenden zur Migrations-, Klima- und Gender-Politik tat eine regierungsfreundliche Presse alles, um kognitive