Daddy Übernimmt Die Zügel. Kelly Dawson
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Je länger er ihr zusah, desto mehr spürte er, wie stark er sich zu ihr hingezogen fühlte. Er musste vollkommen woanders mit den Gedanken gewesen sein, während er ihr zusah, denn schon war sie neben ihm und fummelte mit dem Riegel am Tor herum, während sie Roses Führstrick in einer Hand hielt. Er wollte das Meiste aus diesem Moment machen und streckte deshalb seine Hand aus und berührte sanft ihre Schulter, während er ihr tief in die Augen sah. Zuerst wich sie seinem Blick aus, doch er schaute nicht weg und schlussendlich erwiderte sie seinen Blick, es war eine Herausforderung.
„Du bist kein Freak“, sagte er sanft, aber nachdrücklich. „Wenn du mein wärst, würde ich dich übers Knie legen, weil du so über dich geredet hast“, rügte er sie.
Sie grinste nur. „Dann ist es ja nur gut, dass ich nicht dir gehöre, oder? Denn ich spreche immer so über mich! Ich bin ein Freak – das ist eben ein Teil meines Lebens.“
Er ließ seine Hand auf ihrer Schulter liegen und hielt sie zurück. „Nein“, argumentierte er.
„Doch“, behauptete sie und zuckte mit der Schulter, um seine Hand loszuwerden. „Kann ich jetzt gehen? Ich hab zu tun.“
Er trat zur Seite und ließ sie durch, bevor er den Anflug eines Lächelns auf ihrem Gesicht sah. Sie mochte also seine Aufmerksamkeit? Gut. Er mochte sie. Er hatte noch nie eine so mutige, furchtlose und tapfere Frau getroffen, die leider innerlich so gebrochen war. Sein Herz zog sich bei dem Gedanken daran zusammen, welchen Schmerz sie ertragen musste. Er seufzte frustriert auf, während er sich wünschte, sie wäre sein.
* * *
Schon wieder!, dachte Bianca aufgeregt. Er hatte schon wieder gesagt, dass er sie übers Knie legen würde! Es frustrierte sie aber, dass er immer nur darüber sprach, jedoch keine seiner Drohungen wahr machte. Wenn er ihr unbedingt den Hintern versohlen wollte, warum machte er es dann nicht einfach?
Jeden Tag fragte Annie sie, ob sie mit Rose weitergekommen war. Und danach fragte sie, ob sie Fortschritt mit Clay gemacht hatte. Jeden Tag war es die gleiche Antwort: Nein. Clay war nett zu ihr, wie alle Brüder. Und die meisten Leute im Stall. Doch außer dem normalen Small-Talk bei der Arbeit gab sich keiner besondere Mühe, mit ihr zu sprechen. Da könnte sie genauso gut nicht existieren.
Annie. Ihr Herz zog sich bei dem Gedanken an ihre Schwester zusammen. Unaufgefordert hatte sie das Bild ihrer gebrechlichen Schwester im Kopf. Annie hatte tapfer gekämpft – kämpfte immer noch – doch sie stand auf verlorenem Posten. Bei Krebs gab es einfach keine Gewinner. Nicht am Ende. Am Ende gab es nur Opfer. Opfer verheerender Chemotherapie und Bestrahlung, Opfer der Krankheit, die einen von innen heraus auffraß. Und schlussendlich waren die Opfer auch alle, die zurückblieben und den Verlust ihrer Lieben betrauerten. Annie lief die Zeit weg und statt sie mit ihrer Schwester zu verbringen, entschied sich Bianca dafür, bei einem Pferd zu bleiben. Tränen der Schuld brannten in ihren Augen, als ihr das klar wurde. Sie musste wirklich ihre Prioritäten richtig setzen – die Zeit mit ihrer Schwester war wichtig.
„Oh, Bianca!“, rief Clay, als sie die Stute zurück in ihre Box führte und die Tür schloss. „Roses Besitzer kommen morgen vorbei, um sie laufen zu sehen – auf Zeit, um zu sehen, wie schnell sie ist. Wenn sie schnell genug ist, kann sie bleiben. Wenn nicht ...“, Clays Stimme wurde leiser. Er musste den Satz nicht zu Ende bringen. Beide wussten, welches Schicksal die Stute erwartete, wenn sie nicht schnell genug lief. Die Besitzer hatten schon so viel Geld in die Rettung des Pferdes investiert, dass sie nicht noch mehr zahlen wollten, wenn sich ihre Investition nicht auszahlen würde.
„Sie ist schnell“, insistierte Bianca. „Ich habe ihre Kraft gespürt. Sie ist definitiv schnell.“
Clay nickte nur. „Wir werden sehen.“
* * *
„Du bist spät dran.“ Die anklagende Stimme war das erste, was Bianca hörte, als sie die Haustür öffnete. „Dein Vater ist noch im Pub, betrunken wie immer und du bist heute nicht nach Hause gekommen. Annie hat mir erzählt, dass du die letzten Wochen kaum Zuhause warst. Ist dir deine Schwester nicht mehr wichtig?“
Bianca wirbelte herum, sofort in Angriffsstellung, um die Frau zu konfrontieren, die sich vor Jahren entschlossen hatte, aus ihrem Leben zu verschwinden und jetzt versuchte, sich wieder hineinzudrängen.
„Entschuldigung?“, schrie sie, sobald ein heftiger Tic vorbei war. „Ich habe mich jahrelang um Annie gekümmert, während du durch die Welt gezogen bist und ganz vergessen hast, dass du überhaupt Töchter hast! Wie kannst du es wagen, hier aufzutauchen und mir vorzuwerfen, dass Annie für mich nicht an erster Stelle käme? Annie war schon immer der wichtigste Mensch in meinem Leben und wird es auch immer sein!“
Die beiden Frauen standen im Flur und schrien sich minutenlang an und bewarfen sich mit Beleidigungen. Ihr gemeinsame Wut war genug, um alle Geräusche zu überlagern; keine von ihnen hatte gehört, wie das Auto in die Einfahrt einbog, sich die Haustür öffnete und Biancas Vater die Tür öffnete und die zwei wütenden Frauen ansah. Biancas Mutter wandte sich ihm zu und Bianca nutzte die Chance zur Flucht. Sie stürmte den Gang entlang in das ruhige Zimmer ihrer Schwester.
Annie war hellwach, als Bianca hereinkam; die lauten Stimmen hatten sie geweckt. Tränen rannen ihr über die Wangen und Biancas Herz zog sich zusammen. Annie weinte nicht. Niemals.
„Du musst ihr vergeben, Bee“, flüsterte Annie. „Du kannst sie nicht für immer hassen.“
„Ihr vergeben?“ Bianca war skeptisch. „Niemals! Ich werde ihr nie vergeben, dass sie uns verlassen hatte, als wir sie am meisten gebraucht hätten!“
Annie klopfte auf das Bett neben sich. „Setz dich“, sagte sie leise und mit tränenerstickter Stimme. „Ich habe eine Entscheidung getroffen“, verkündete sie. „Ich gehe morgen ins Hospiz. Ich will keine Last mehr für dich sein.“
„Nein, Annie!“, protestierte Bianca. „Du bist doch keine Last! Ich werde öfter tagsüber nach Hause kommen, versprochen! Und ich werde auch am Abend früher kommen! Es tut mir leid, dass ich dich enttäuscht hab, Annie. Ich geb mir mehr Mühe, aber bitte geh nicht!“
Annie schüttelte nur ihren Kopf. „Du musst dein Leben leben“, sagte sie. „Du musst arbeiten, einen Mann verführen und ein Pferd retten. Da solltest du dir nicht auch noch Sorgen darüber machen müssen, wer sich gerade um mich kümmert.“
„Aber ich will mich doch um dich kümmern!“
„Aber ich will das nicht.“ Annies Stimme war hart und kalt, doch Bianca wusste, dass das nur geschauspielert war. Sie wusste, dass Annie mehr als bereit war, sich selbst zu opfern, um jemanden glücklich zu machen, und dieses Wissen ließ sie zusammenbrechen und weinen.
„Das meinst du doch nicht so, Annie“, sagte sie weinend. „Das weiß ich.“
„Doch“, sagte Annie entschlossen. „Ich habe mich entschieden. Ich gehe morgen ins Hospiz. Mum wird mich am Morgen hinfahren. Dann hab ich mich schon eingewöhnt, wenn du mich nach der Arbeit besuchst.“
Bianca