Daddy Übernimmt Die Zügel. Kelly Dawson
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„Schau mal!“ In Annies Stimme klangen Stolz und Aufregung mit, als sie den hellblauen Babybody hochhielt, den sie gerade gestrickt hatte.
Bianca lächelte, doch sie war viel zu müde, um viel zu spüren. Die Erschöpfung war nicht nur körperlich, sie war auch mental vollkommen fertig. Das Fohlen in so einem furchtbaren Zustand zu sehen, war schwierig und ihr Vertrauen zu gewinnen, nicht einfacher gewesen. Und nach all ihrer Arbeit hatte Tom ihre Zukunft nicht garantieren können. Es wollte ihr das Herz zerreißen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie sich neben Annie setzte, um ihr von ihrem Tag zu erzählen.
„Du kannst ihr helfen, Bee; du hast eine Gabe.“
Bianca nickte. „Ich habe schon einiges geschafft heute. Ich hoffe nur, es ist genug.“
Annie lächelte nur. „Das hoffe ich auch.“
* * *
Obwohl sie vollkommen erschöpft ins Bett ging, wälzte sich Bianca die ganze Nacht hin und her. Sie bekam das Bild der traumatisierten Stute nicht aus dem Kopf, konnte ihre entsetzten Schreie nicht vergessen, als sie im Anhänger um sich trat. Das Bild, wie die Männer sie mit einem großen Stock aus dem Anhänger scheuchten, hatte sich eingebrannt. Und sie konnte Annie nicht vergessen, und wie schnell es mit ihr bergab ging. Jeden Tag wurde sie schwächer. Wie viel Zeit hatte sie noch?
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Kapitel Drei
Die morgendlichen Ritte und Stallarbeiten waren schnell erledigt und Bianca war im Stall, wo sie dem Stutfohlen getrocknetes Blut aus dem Fell bürstete, als sie Schritte auf sich zukommen hörte. Ihr Herz machte einen Sprung. Sie hatte ein schlechtes Gefühl im Magen. Das war nicht gut. Einige Sekunden später erschien Tom mit zwei gut gekleideten, professionell aussehenden Pärchen vor der Box, die hier im Stall fürchterlich fehl am Platz wirkten. Doch als sie den Ausdruck auf ihren Gesichtern sah – den schieren Horror, wusste sie sofort, wer sie waren. Offensichtlich waren sie Roses Besitzer. Die Stute begann in der Gegenwart der Männer zu zittern. Sie schnaubte laut durch geblähte Nüstern und stampfte mit den Vorderhufen. Bianca legte ihr beruhigend eine Hand auf den Hals, um sie zu trösten, ihr zu versichern, dass diese Menschen ihr nicht wehtun würden und sie hier sicher war. Sie sah, wie sich die Augen der beiden Frauen mit Tränen füllten.
„Armes Ding“, rief die eine. „Sie ist furchtbar missbraucht worden. Das beste wäre wohl, sie zu erlösen!“
Bianca beobachtete erschrocken, wie alle zustimmend nickten.
„Roger wird dafür bezahlen“, knurrte einer der Männer. „Wie kann er es wagen, einem Pferd so etwas anzutun?“ Er versuchte, die Box zu betreten, doch Rose wollte davon nichts wissen: Sie legte die Ohren an, zeigte ihre Zähne und mit der Schulter schubste sie Bianca zu Boden.
„Alles okay, Bianca?“, fragte Tom, der es nicht wagte, ihr zu Hilfe zu kommen. „Ich habe noch nie so ein traumatisiertes Pferd gesehen“, sagte er traurig. „Ich glaube, sie einzuschläfern wäre das Beste.“
„Nein!“, rief Bianca. „Ihr müsst ihr eine Chance geben! Bitte!“
„Ich glaube nicht, Süße“, sagte die andere Frau. „So ist es besser.“
Sie sprang auf die Füße und klopfte sich umständlich das Sägemehl von der Jeans, bevor sie zur Stute sprang, die sich zurückgezogen hatte und jetzt zitternd in der Ecke der Box stand. Sie stand am Widerrist und streichelte ihr den Hals, sprach sanft mit ihr und langsam entspannte sich Rose.
„Schaut doch!“, argumentierte sie und wusste, dass dies ihre einzige Chance war, um für das Pferd zu kämpfen. „Sie vertraut mir schon!“ Doch sie spürte, dass sie auf verlorenem Posten kämpfte – der Zweifel stand den Besitzern deutlich ins Gesicht geschrieben.
Clay brachte dann die Tierärztin herein und Bianca blieb mit Rose in der Box, um sie zu beruhigen, damit die Ärztin sie untersuchen konnte. Tom hatte extra nach einer Tierärztin gefragt und Rose hielt still, war jedoch angespannt und zitterte, obwohl Bianca bei ihr stand und sie beruhigte. Der Gesichtsausdruck der Ärztin war finster, als sie das Pferd untersuchte, und als sie aus der Box trat, schüttelte sie noch immer den Kopf.
„Sie ist sehr schwer misshandelt worden“, sagte die Tierärztin. „Sie ist sowohl physisch als auch psychisch verletzt“, sagte sie traurig, als sie die Verletzungen der Stute an den Fingern abzählte. „Ich bin mir nicht sicher, ob sie wiederhergestellt werden kann. Man könnte es versuchen, aber ich kann nicht garantieren, dass es funktioniert. Das beste wäre wohl, sie einzuschläfern.“
„Nein!“, protestierte Bianca und schlang ihre Arme schützend um die Stute. Erschrocken bäumte sich das Fohlen auf und zog Bianca mit sich in die Luft.
„Ja!“, antwortete einer der Männer. „Sie ist gefährlich. Ein gefährliches Pferd hilft doch niemandem.“ Er wandte sich seinen Begleitern zu, und obwohl sie nicht ausmachen konnte, was sie leise zueinander sagten, wusste sie doch, dass sie beschlossen, das Pferd einzuschläfern.
„Clay!“, rief sie und klang jetzt verzweifelt. Tränen liefen ihr übers Gesicht, als sie wieder vom harten, frisch gefegten Betonboden aufstand. „Sie hat doch nur Angst! Sag es ihnen! Sag ihnen, dass sie sie retten müssen! Ich werde sie in meiner Freizeit trainieren, nur bitte, gebt ihr eine Chance!“ Doch schon als sie die Worte aussprach und sich dieser Sache verschrieb, spürte sie einen Stich im Herz. Würde sie wirklich die Zeit mit ihrer Schwester dafür opfern? Würde Annie es denn verstehen?
Clay stand vor der Boxentür und winkte sie zu sich. Es kostete sie größte Überwindung, sich umzudrehen und von dem Pferd wegzugehen, sie allein ihrem Schicksal zu überlassen, doch sie folgte Clay ein paar Meter weiter in eine leere Box, wo sie relativ ungestört reden konnten.
„Warum willst du sie unbedingt behalten?“, fragte er. „Sie ist gebrochen. Es wäre wohl das beste, sie von ihrem Elend zu erlösen.“ Er lehnte sich lässig gegen die Wand, einen Fuß gegen den anderen Knöchel gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Wenn sie nicht so aufgebracht wäre, hätte sie ihn nur zu gerne beobachtet, so wie er hier vor ihr stand. Er sah so autoritär aus, als hätte er alles unter Kontrolle und sah dabei so unglaublich gut aus.
„Ich kann es nicht erklären“, antwortete sie. „Ich weiß nur, dass ich sie brauche. Es ist so, als ob wir aus einem bestimmten Grund hier sind. Wir sind beide gebrochen. Wir müssen beide heilen und wir beide brauchen eine Chance.“ Sie sah ihn mit großen, runden Augen an und hoffte, dass er sie verstand. „Du hast mir eine Chance gegeben, Clay, bitte gib ihr auch eine!“
Clay