Die Botschaft der Bhagavadgita. Sri Aurobindo

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Die Botschaft der Bhagavadgita - Sri Aurobindo

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seines Wesens nicht richtig herausgearbeitet, svadharmaḥ su-anuṣṭhitaḥ, hat er nicht nach dem vollen Maß seines Menschseins gehandelt, sondern eben so, wie das Tier handeln könnte... Der Mensch weiß mehr oder weniger unvollkommen, dass er seine rajasische und tamasische Natur durch seine sattwische Natur zu lenken hat und dass die Vervollkommnung seines gewöhnlichen Menschseins in diese Richtung strebt. Der Lehrer verdeutlicht dies in seiner Antwort auf die folgende praktische Frage Arjunas. (220-21)

      3.36

       Arjuna sprach:

       Was ist aber (wenn es nicht falsch ist, dass wir unserer eigenen Natur folgen) diese Macht in uns, die einen Menschen gleichsam mit Gewalt in die Sünde treibt, auch wenn er mit seinem ganzen Willen dagegen ankämpft, O Varshneya?

      3.37

       Der Erhabene sprach: Es ist das Begehren und dessen Gefährte, der Zorn. Sie sind die Kinder von Rajas, alles verschlingend und alles beschmutzend. Erkenne, dass das Begehren der große Feind der Seele ist (der erschlagen werden muss).

      Der kinetische Mensch wird durch kein Ideal zufriedengestellt, das nicht im Zusammenhang steht mit der Erfüllung dieser kosmischen Natur, des Spiels der drei Qualitäten dieser Natur, der menschlichen Aktivität von Mental, Herz und Körper. Die höchste Erfüllung dieser Aktivität, könnte er sagen, ist meine Idee von menschlicher Vollkommenheit, von der göttlichen Möglichkeit im Menschen. Nur ein solches Ideal könne das menschliche Wesen befriedigen, das den Intellekt, das Herz, das moralische Wesen befriedigt, also ein Ideal unserer menschlichen Natur in ihrer Aktivität. Er müsse etwas haben, das er in den Betätigungen seines Mentals, seines Lebens und Körpers suchen kann. Das sei seine Natur, sein dharma, und wie könne er durch etwas zur Erfüllung kommen, das außerhalb seiner Natur liegt? Denn jedes Wesen sei an seine Natur gebunden und müsse in ihr nach Vollkommenheit suchen. Unsere menschliche Vollkommenheit müsse im Einklang stehen mit unserer menschlichen Natur, und jeder Mensch müsse danach streben, im Einklang mit der Grundlinie seiner Persönlichkeit, svadharma, aber hier im Leben, im Handeln, nicht außerhalb von Leben und Handeln. Ja, darin liegt eine Wahrheit, erwidert die Gita. Die Erfüllung Gottes im Menschen, das Spiel des Göttlichen im Leben ist ein Teil der idealen Vollkommenheit. Wenn du dies aber nur im Äußeren suchst, im Leben, im Prinzip des Handelns, wirst du sie niemals finden. Du wirst dann nicht nur im Einklang mit deiner Natur handeln, was an sich eine Regel zur Vervollkommnung ist, sondern du wirst – und das ist ein Gesetz der Unvollkommenheit – ewig ihren Eigenschaften, ihren Gegensätzlichkeiten von Zuneigung und Abneigung, Schmerz und Freude und besonders dem rajasischen Prinzip des Begehrens und seinem Fallstrick Zorn, Kummer, Sehnsucht unterworfen sein, dem ruhelosen, alles-verzehrenden Prinzip des Begehrens, dem unersättlichen Feuer, das dein Handeln in der Welt bedroht, dem ewigen Feind der Erkenntnis, durch den sie hier in deiner Natur überdeckt ist wie das Feuer vom Rauch oder wie der Spiegel vom Staub. Diesen Feind musst du vernichten, um in der ruhigen, klaren, lichtvollen Wahrheit des Geistes leben zu können. (141-42)

      3.38

       So wie das Feuer umhüllt ist von Rauch, wie der Spiegel bedeckt ist von Staub, wie das Embryo im Mutterleib umhüllt ist von der Eihaut, so ist das Wissen eingehüllt durch das Begehren.

      3.39

       Umschlossen ist das Wissen, O Kaunteya, von diesem ewigen Feind des Wissens. In Gestalt des Begehrens ist er ein unersättliches Feuer.

      3.40

       Sinne, Mental und Intellekt sind der Sitz des Begehrens. Indem es durch sie das Wissen einhüllt, verwirrt es die verkörperte Seele.

      Sinne, Mental, Intellekt sind der Sitz dieser ewigen Ursache der Unvollkommenheit. Dennoch möchtest du dein Suchen nach Vollkommenheit auf den Bereich innerhalb der Sinne, des Mentals und Intellekts, dieses Spiels deiner niederen Natur, begrenzen. Dies Bemühen ist vergeblich. Die kinetische Seite deiner Natur muss zuerst trachten, die quietistische einzubeziehen. Dann musst du dich in den Bereich jenseits dieser niederen Natur zu dem emporheben, was oberhalb der drei Gunas liegt, was im höchsten Prinzip, in der Seele, seine Grundlage hat. Erst wenn du den Frieden der Seele erlangt hast, kannst du zu einem freien und göttlichen Wirken fähig werden. (142)

      3.41

       Darum sollst du, O Bester der Bharatas, die Sinne zuerst dadurch beherrschen, dass du dies sündhafte Wesen, das das Wissen zerstört, erschlägst (um in der stillen, klaren und leuchtenden Wahrheit des Geistes zu leben).

      3.42

       Erhaben (über ihre Gegenstände), sagt man, sind die Sinne. Erhaben über die Sinne ist das Mental. Erhaben über das Mental ist der intelligente Wille. Was aber über dem intelligenten Willen erhaben ist, ist er (der Purusha).

      Wir müssen uns an das psychologische System des Sankhya erinnern, das die Gita akzeptiert. Auf der einen Seite steht der Purusha, die Seele, still, untätig, unveränderlich, in sich eins, nicht der Evolution unterworfen. Auf der anderen Seite steht Prakriti oder die Natur-Kraft. Ohne die bewusste Seele ist sie träge. Aber aktiv ist sie nur durch ihr Zusammenstehen mit jenem Bewusstsein, sozusagen durch ihre Berührung mit ihm. Sie ist anfangs nicht so sehr etwas Geeintes als vielmehr etwas Unbestimmtes, dreifach in ihren Eigenschaften, fähig zu Evolution und Involution. Der Kontakt zwischen Seele und Natur erzeugt das Spiel von Subjektivität und Objektivität, das unsere Erfahrung des Seins ausmacht. Zuerst entwickelt sich das, was für uns das Subjektive ist, weil das Seelen-Bewusstsein die erste Ursache ist. Die nichtbewusste Natur-Kraft ist erst die sekundäre, abhängige Ursache. Aber es ist dennoch die Natur und nicht die Seele, die die Instrumente für unsere Subjektivität liefert. Zuerst in der Reihenfolge kommt Buddhi, die unterscheidende oder bestimmende Macht, die sich aus der Natur-Kraft entwickelt und, ihr untergeordnet, die Macht des selbst-unterscheidenden Ego. Dann entsteht als sekundäre Evolution aus diesen jene Macht, die die Unterscheidungen von Gegenständen bewirkt, das Sinnen-Mental oder Manas – wir müssen die indischen Namen erwähnen, weil die entsprechenden englischen Wörter nicht ihre wirklichen Äquivalente sind. Als eine tertiäre Evolution aus dem Sinnen-Mental haben wir die spezialisierenden organischen Sinne, zehn an der Zahl: fünf für die Wahrnehmung, fünf für das Handeln. (96-97)

      In der Evolution der Seele heraus aus Prakriti hin zu Purusha muss im Verhältnis zur ursprünglichen Natur-Evolution die umgekehrte Reihenfolge stattfinden. Deshalb stellen die Upanishaden, und ihnen folgend die Gita, die die Upanishaden beinahe zitiert, die aufsteigende Reihenfolge unserer subjektiven Mächte so fest. (98)

      3.43

       Indem du zu dem Höchsten erwachst durch jenes Verstehen, das noch über dem urteilenden Verstand steht, und Macht ausübst auf das Selbst durch das Selbst, um es fest und still zu machen, erschlage, O Starkarmiger, diesen Feind in Gestalt des Begehrens, den man so schwer zu fassen bekommt.

      Das Höchste: Dieses Akshara ist das Selbst, das höher ist als Buddhi. Es überragt sogar jenes höchste subjektive Prinzip der Natur in unserem Wesen: die befreiende Intelligenz, durch die der Mensch, der über sein ruhelos bewegtes Mental hinaus zum stillen ewigen spirituellen Selbst zurückkehrt, zuletzt frei wird vom ständigen Kreislauf des Geborenwerdens und der langen Kette des Wirkens, vom Karma. (437)

      Darum, sagt die Gita, ist es dieser Purusha, diese erhabene Ursache unseres subjektiven Lebens, den wir verstehen und dessen wir durch die Intelligenz gewahr werden sollen. Auf ihn müssen wir unseren Willen festlegen. So können wir mittels des größeren, wirklich bewussten Selbsts den ruhelosen, immer aktiven Feind unseres Friedens und unserer Selbst-Bemeisterung, das Begehren des Mentals, zerstören, indem wir unser niederes subjektives Selbst in der Natur mit aller Kraft ausgeglichen und still

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