Die Botschaft der Bhagavadgita. Sri Aurobindo
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Wir Menschen des kommenden Tages stehen am Anfang eines neuen Zeitalters der Entwicklung, die zu solch einer neuen und umfassenderen Synthese führen muss. Unsere Berufung ist nicht, orthodoxe Anhänger einer der drei Schulen des Vedanta, des Tantra oder einer der theistischen Religionen der Vergangenheit zu sein, noch uns in den vier Ecken der Lehre der Gita zu verschanzen. Damit würden wir uns selbst eng begrenzen. Wir würden versuchen, unser spirituelles Leben aus Wesen, Wissen und Art anderer, aus dem der Menschen der Vergangenheit, zu erschaffen, anstatt es aus unserem eigenen Wesen und unseren eigenen Kräften aufzubauen. Wir gehören nicht zu den Morgendämmerungen der Vergangenheit, sondern zu den Mittagen der Zukunft. Eine Menge neuen Materials ergießt sich in uns hinein. Wir müssen uns nicht nur die Einflüsse der großen theistischen Religionen Indiens und der Welt und ein neugewonnenes Empfinden für die Bedeutung des Buddhismus einverleiben. Wir müssen auch den machtvollen, wenngleich begrenzten Offenbarungen moderner Erkenntnis und Forschung voll Rechnung tragen. Überdies kehrt die ferne, zeitlich unbestimmbare Vergangenheit, die tot zu sein schien, mit dem Aufblitzen vieler für das Bewusstsein der Menschheit lange verlorener lichtvoller Geheimnisse zurück und tritt jetzt wieder hinter dem Vorhang hervor. All das deutet auf eine neue, sehr reiche, sehr umfassende Synthese. Eine neue, weithin umfassende Harmonisierung all unserer Gewinne ist sowohl intellektuell wie spirituell notwendig für die Zukunft. Aber genauso, wie die bisherigen Synthesen die ihnen vorausgegangenen zu ihrem Ausgangspunkt nahmen, so muss auch die Synthese der Zukunft, wenn sie auf festem Grund weitergedeihen will, von dem aus fortschreiten, was die großen Gestaltungen spirituellen Denkens und spiritueller Erfahrung in der Vergangenheit gegeben haben. Unter diesen Gestaltungen nimmt die Gita einen höchst wichtigen Platz ein.
Wenn wir die Gita studieren, wird demnach unser Ziel nicht eine scholastische oder akademische Erforschung ihres Denkens sein, auch nicht die Einordnung ihrer Philosophie in die Geschichte der metaphysischen Spekulation. Auch werden wir mit ihr nicht auf die Art des analytischen Dialektikers umgehen. Wir nahen uns ihr, um von ihr Hilfe und Licht zu empfangen. Unsere Absicht muss sein, ihre wesentliche und lebendige Botschaft, also das in ihr zu unterscheiden, was sich die Menschheit für ihre Vervollkommnung und für ihr höchstes spirituelles Wohlergehen zu eigen machen muss. (3-11)
1 Man muss sich dessen erinnern, dass die gesamte Tradition der Puranas den Reichtum ihrer Inhalte aus dem Tantra bezieht.
2 Das kosmische Spiel.
1. Kapitel
Kurukshetra
1.1
Dhritarashtra sprach:
Als sie auf dem Feld von Kurukshetra versammelt waren, dem Feld der Ausarbeitung des Dharma, ungestüm zur Schlacht drängend, was taten sie da, O Sanjaya, mein Volk und die Pandavas?
Unter den großen religiösen Büchern der Welt stellt die Gita dadurch etwas Besonderes dar, dass sie nicht als ein Werk für sich gesondert dasteht, als die Frucht des spirituellen Lebens einer schöpferischen Persönlichkeit wie Christus, Mohammed oder Buddha oder einer Epoche rein spirituellen Forschens wie der Veda und die Upanishaden. Vielmehr steht sie vor uns als eine Episode in einer epischen Geschichte von Nationen, ihren Kriegen, ihren Männern und ihrer Taten. Sie entsteht aus einem kritischen Augenblick in der Seele einer ihrer führenden Persönlichkeiten, die vor einer Tat seht, die ihr Leben krönt, vor einem schrecklichen, gewalttätigen und blutigen Werk, und zwar an dem Punkt, da diese Person entweder vor diesem Werk zurückschrecken oder es bis zu seiner Vollendung unerbittlich durchführen muss. (12)
Darum darf die Lehre der Gita nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen spirituellen Philosophie oder ethischen Lehre betrachtet werden, sondern als einen Bezug auf eine durchführbare Entscheidung in der Anwendung von ethischen und spirituellen Prinzipien auf das menschliche Leben. (12)
Das Kampffeld von Kurukshetra: Das Kampffeld von Kurukshetra: Das ist das Feld, auf dem das Dharma ausgearbeitet werden muss; es ist das Feld menschlichen Wirkens – wie wir symbolisch den Ausdruck dharma-kṣetre kuru-kṣetre übersetzen könnten –, eine weltweite Zerstörung, die im Prozess des Zeit-Geistes eingetreten ist. (383)
Die Gita wählt zu ihrem Rahmen eine Übergangsperiode und Krise, wie sie die Menschheit in ihrer Geschichte periodisch erfährt, in der gewaltige Kräfte zusammenprallen zu einer ungeheuren Destruktion und Rekonstruktion auf intellektuellem, sozialem, moralischem, religiösem und politischem Gebiet. Diese finden in der gegebenen psychologischen und gesellschaftlichen Stufe der menschlichen Evolution gewöhnlich ihren Höhepunkt in einer gewalttätigen physischen Erschütterung von Kampf, Krieg oder Revolution. Die Gita geht von der Annahme aus, dass es in der Natur die Notwendigkeit für solche heftige Krisen gibt. Sie akzeptiert nicht nur den moralischen Aspekt, den Kampf zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, zwischen dem autonomen Gesetz des Guten und den Kräften, die seinem Fortschritt entgegentreten. Sie bejaht auch den physischen Aspekt, den aktuellen Krieg der Waffen oder anderer heftiger physischer Kämpfe zwischen den Menschen, die die gegnerischen Mächte vertreten. (48)
Ein Tag wird, ja er muss sicherlich kommen, an dem die Menschheit spirituell, moralisch und gesellschaftlich bereit ist für die Herrschaft universalen Friedens. Bis dahin müssen wir den Aspekt von Krieg, also die Natur und Funktion des Menschen als Krieger, annehmen und mit ihr in jeder praktischen Weltanschauung und Religion rechnen. Die Gita, die das Leben nimmt, wie es ist, und nicht nur, wie es in einer fernen Zukunft sein sollte, stellt die Frage: Wie können dieser Aspekt und diese Funktion des Lebens, die in Wirklichkeit Aspekt und Funktion der menschlichen Aktivität im Allgemeinen sind, mit dem spirituellen Dasein in Einklang gebracht werden? (49)
1.2
Sanjaya sprach:
Als der Fürst Duryodhana gesehen hatte, dass das Heer der Pandavas in Schlachtordnung aufgestellt war, trat er an seinen Lehrer heran und sprach folgende Worte:
1.3
„Schau auf dieses gewaltige Heer der Söhne von Pandu, O Acharya, das hier von deinem klugen Schüler, dem Sohn des Drupada, aufgestellt worden ist.
1.4-6
Da stehen in dieser mächtigen Armee Helden und berühmte Bogenschützen, die Bhima und Arjuna im Kampfe gleich sind; Yuyudhana, Virata und Drupada in seinem großen Kampfwagen; Dhrishtaketu, Chekitana und der tapfere Fürst von Kashi; Purujit,