Odessa-Komplott. Uwe Klausner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Odessa-Komplott - Uwe Klausner страница 5

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Odessa-Komplott - Uwe Klausner

Скачать книгу

Notizen und jede Menge Krimskrams. Schon komisch, was dieser Brillen-Heini so alles mit sich rumschleppte. Von konspirativem Material keine Spur. Bormann fluchte. Mit einer derartigen Ausbeute brauchte er bei Hitler gar nicht erst aufzukreuzen.

      Doch dann, als er den Inhalt von Himmlers Tasche sorgsam durchforstet hatte, fiel Bormanns Blick auf die Seitentasche, aus der die Ecke einer schwarzen Ledermappe herausragte. Bormanns Miene hellte sich auf, und sein Jähzorn verflog im Nu.

      Im fahlen Licht der Lampe, die der Detonationen wegen immer heftiger hin und her schaukelte, muteten die SS-Runen auf dem Einband wie ein Menetekel an, und Bormann musste sich überwinden, die Mappe aufzuklappen. Doch er wäre nicht der gewesen, für den man ihn hielt, hätte er dieser Versuchung widerstehen können.

      Er sollte es nicht bereuen.

      Die Akte mit der Aufschrift ›Gruppe W 45‹, das erste einer Reihe streng geheimer Dokumente, war ein wahrer Schatz, und während Bormann sie in seinem Schreibtisch verschwinden ließ, brach ein Lachen aus seinem Mund hervor.

      Es sollte ihm jedoch vergehen.

      Schneller, als er es sich hatte vorstellen können.

      5

      Führerbunker unter der Reichskanzlei | 30.04.1945, 15.45 h

      Um den Leichnam seines Führers verschwinden zu lassen, benötigte Bormann drei Dinge: genug Benzin, eine Fackel und einen möglichst tiefen Bombentrichter.

      Und jede Menge Zielwasser.

      Dass er nicht mehr ganz nüchtern war, bekamen die drei Männer, die neben ihm in Deckung gegangen waren, jedoch nicht mit. Jeder von ihnen, auch Bormann, wollte nur die eigene Haut retten, nur allzu verständlich angesichts des Granathagels, der sich über den Ministergärten entlud. Die Russen waren höchstens noch 300 Meter entfernt. Der Grund, weshalb das Quartett langsam nervös wurde.

      Da lag er nun, der Führer und Kanzler des Großdeutschen Reiches, direkt neben Eva Braun, Gattin für eineinhalb Tage. Eingehüllt in eine Decke und von den Leichen, die überall herumlagen, kaum zu unterscheiden. Nicht viel mehr als drei Meter vom Eingang entfernt, in den sich seine vier Paladine geflüchtet hatten.

      Zwei Generäle, Propagandaminister Joseph Goebbels und er, Martin Bormann, Reichsleiter und Sekretär des Führers. Der Mann mit dem Allerweltsgesicht. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, dachte er doch nicht im Traum daran, das Schicksal der übrigen Bunkergenossen zu teilen.

      Warten, bis ihn die Russen an die Wand stellen würden? Nicht mit ihm.

      Was bedeutete, dass er diese Sache hier schleunigst zu Ende bringen musste.

      Keine drei Meter von der Leiche entfernt, zückte Bormann sein Feuerzeug und hielt es gegen das zerknüllte Papier, aus dem er eine Art Fackel fabriziert hatte. Doch nichts geschah. Das Provisorium wollte und wollte kein Feuer fangen. Da half kein Fluchen, keine Zurechtweisung von Goebbels und schon gar nicht die Erkenntnis, wie gefährlich es hier oben war. Dieses Scheißding wollte einfach nicht brennen. Hitlers braune Eminenz geriet ins Schwitzen. Der Gestank nach Phosphor und Benzin, von dem mehr als 200 Liter für den Leichnam seines Chefs draufgegangen waren, raubte ihm fast den Atem. Ganz zu schweigen von dem Verwesungsgeruch, der über dem in eine Mondlandschaft verwandelten Garten der Reichskanzlei hing. Wo man auch hinsah, nichts als Trümmer, verkohlte Baumstümpfe und von Granaten zerfetzte Leichen. Eine Szenerie, gegenüber der die Wüste Gobi wohl wie ein Ziergarten aussah. Nicht zu vergessen war der Lärm, den die sowjetischen Raketen, Artilleriegranaten und Mörser fabrizierten.

      Schrecklich.

      Und dann, nach einem weiteren Granateneinschlag, wagte Bormann einen letzten Versuch, den Leichnam Hitlers in Brand zu stecken. Und hatte Glück. Die Fackel brannte. Endlich. Jetzt hieß es nur, ruhig Blut zu bewahren, richtig zu zielen und nach getaner Arbeit möglichst rasch abzuhauen. Wohin, würde sich noch zeigen.

      Kaum hatte Hitlers Privatsekretär das brennende Konstrukt in hohem Bogen ins Freie geschleudert, schoss aus dem Bombentrichter, in dem der Führer des Großdeutschen Reiches lag, eine grelle Feuersäule empor. »In Deckung!«, schrie Bormann, doch die anderen drei hörten nicht auf ihn. Wie gebannt von dem grausigen Spektakel, rührten sich Goebbels, die Generäle Burgdorf und Krebs nicht von der Stelle. Bis der Propagandaminister und die beiden Militärs Haltung annahmen, den rechten Arm emporreckten und sich schleunigst in Sicherheit brachten.

      Nicht so Bormann, Hitlers Schatten. Das Feuerzeug immer noch in der Hand, fingerte er eine Zigarettenschachtel aus seiner Brusttasche und begann in aller Seelenruhe zu rauchen. »Soviel zum Thema Verteidigungsabschnitt Zitadelle«, murmelte er in einem Anfall von Galgenhumor, den er sich angesichts eines neuerlichen Granathagels jedoch rasch verkniff. Dann warf er seine Kippe in den Trichter, drehte sich um und verschloss die Tür.

      Kanonenfutter für die Russen? Nicht mit mir, schwor sich Bormann und stieg die 40 Stufen in den acht Meter unter der Erde gelegenen Bunker hinab.

      Bevor er sich aus dem Staub machen würde, gab es noch etwas zu erledigen.

      Etwas, das keinen Aufschub duldete.

      *

      Sie hatte es satt. Gründlich satt. Die Durchhalteparolen, die stickige, von Dieselgestank getränkte Luft und das Gequatsche von den Wunderwaffen, die es nicht gab. Sollten ihr doch alle hier unten den Buckel runterrutschen. Und der Führer, der sich heute Nachmittag die Kugel gegeben hatte, mit dazu.

      Die dralle, mit hautengem Tüll, Nylons und Stöckelschuhen bekleidete Blondine rümpfte die Nase und stieß einen obszönen Fluch aus. Hier unten vor die Hunde zu gehen, während sich die Parteibonzen reihenweise dünn machten, das sah die 24-jährige Stenotypistin nicht ein. Dafür war ihr Überlebenswille, gepaart mit gesundem Erwerbssinn, einfach zu groß. Wenn die anderen nichts Besseres zu tun hatten, als dem Iwan in die Arme zu laufen, war das deren Problem. Sie jedoch, Lilian Matuschek, hatte nicht die geringste Lust dazu. Abhauen lautete die Devise, und zwar möglichst schnell.

      Wenn schon, dann aber nicht ohne ein Faustpfand, aus dem man nach dem Krieg Kapital schlagen konnte.

      Bormanns Büroschlüssel in der Tasche, den sie in einem unbeobachteten Moment hatte mitgehen lassen, stolzierte seine Sekretärin für gewisse Stunden den unterirdischen Korridor zwischen Vorratskeller und den Diensträumen des Reichsleiters entlang. Dies hier war sein Schattenreich, der Ort, an dem mehr Geheimakten lagerten als irgendwo sonst. Und es war Lilians Arbeitsplatz, weshalb das Bunkerpersonal, die hin- und hereilenden Ordonnanzen und Adjutanten kaum Notiz von ihr nahmen. Die hatten Wichtigeres zu tun, waren vollauf damit beschäftigt, die eigene Haut zu retten. Was bedeutete, dass sie inmitten dieses Tohuwabohus überhaupt nicht auffiel.

      Lilian Matuschek konnte das nur recht sein. Sie hatte etwas vor, für das sie sich noch vor Kurzem zu Tode geschämt hätte. Jetzt aber, da das Dritte Reich den Bach runterging, hatte sie keine Hemmungen mehr. Wollte sie den Schlamassel heil überstehen, musste sie ihre Schäflein ins Trockene bringen.

      So einfach war das.

      Vor dem Büro des Reichsleiters, zu dem nur eine Handvoll Leute Zutritt hatte, blieb Lilian Matuschek stehen, fischte den Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf. Die Abgebrühtheit, mit der sie zu Werke ging, war ihr selbst nicht geheuer, aber da ihr Entschluss feststand, schob sie sämtliche Skrupel beiseite. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, schoss es der adretten Stenotypistin durch den Kopf. In einer derartigen Situation durfte man einfach keine Nerven zeigen.

      Als

Скачать книгу