Vom Müller-Hannes. Clara Viebig

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Vom Müller-Hannes - Clara Viebig

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kam ihm entgegen.

      Der Laufeld saß in der großen Stube zu ebener Erde am Zylinderbureau, über dem die große Lithographie des Abgeordneten Windthorst hing, und hatte durchs Fenster alles draußen gesehen. Was, der von der lumpigen Mühle kam zweispännig, der wollte sich wohl gar vermessen, er sei reicher wie er? Oho, wenn die Leute auch sprachen: »Der reiche Müller – der reiche Laufeld« – der einzig Reiche in Wahrheit war doch nur er, er allein! Mochte der Hannes nur immer draußen ein wenig warten.

      Mit leisen Schritten ging Jakob Laufeld rasch durch die Stube und machte die Tür zum Nebenzimmer breit auf, damit der Besucher die roten Plüschmöbel sehen könnte, die goldgerahmte Öldrucke an den Wänden und das breite Tafelklavier, das Prachtstück der Einrichtung, die im Dämmerlicht der immer geschlossenen Läden wie neu erschien.

      Es pochte.

      »Angtree!«

      Müller-Hannes trat ein.

      »Boschur,« sagte er unbefangen. Er hatte den schlechten Empfang wohl übel vermerkt, aber er war zu stolz, um das zu zeigen. »Boschur, Laufeld.«

      Jakob Laufeld tat sehr überrascht.

      »Ihr seid et, Hannes – nä, ech saon doch, esu en Üwerraschung! Ech haon neist gehört. Plaziert Eich! Wuh stechen dann de Knecht? Michel, Lorenz, Steffen!« Er machte die Tür zum Flur auf, und nun schrie er auch noch nach den Mädchen: »Bäbbche, Kättche, Adelheid! spannt dem Müller de Perd’ aus! Bringt des Bernkastler on zwei Gläser!«

      »Laoßt nor dat Ausspannen,« sagte Hannes hochfahrend. Er hatte sich nicht gesetzt, aber während der andere ihm den Rücken kehrte, einen Blick in die gute Stube nebenan geworfen. Hei, war die nobel, viel nobler als seine zu Haus! Und ein Klavierchen! Kotzdonner, wahrhaftig ein Klavierchen! Schwer riß er den Blick davon los.

      Aus der rechten Hosentasche zog er einen Beutel mit Geld, aus der linken auch einen. Mit einem Plumps ließ er beide auf die Platte des Zylinderbureaus fallen. »Hei, zählt noren, et stimmt,« sagte er nachlässig. »On dann, hei« – aus der Brusttasche brachte er nebst einem Bündel verknüllter Kassenscheine die ihm von der Bank vorgeschriebene Quittung zum Vorschein – »hei, unnerschreiwt dat, on dann sein mir quitt!«

      »Hm,« machte der Laufeld; und dann fing er an, nachzuzählen: »Zwanzig, vierzig, sechzig, achtzig, hunnert,« bis die Fünftausend voll waren. Dabei ärgerte er sich; wahrhaftig, der Hannes machte ein Gesicht, als seien die Fünftausend ein Gassendreck! War der wirklich reicher, als man dachte? Das hätte er gern gewußt. Er schlug auf den Strauch.

      »No, Müller-Hannes, Ihr seid sao gud geteert?«

      »Gud geteert, noch besser geschmeert,« sprach der.

      »Ihr haot woll dat gruße Los gezillt, dat Eich de Goldstückelcher esu ahfgiehn, wie annern Leit die Würm?«

      »Kann sein!« Der Müller-Hannes lachte: nun wußte er’s, der Laufeld ärgerte sich, hatte wohl gar gedacht, er solle kommen und betteln und jammern. »En Zehr-, en Ehr-, en Not-, en Wehrpfennig muß mer immer im Haus haon,« sagte er höchst ehrenwert und klapperte mit den Talern, die er beim Driesch eingenommen, in der Hosentasche, während der Laufeld sein Geld packte und sorgfältig ins Zylinderbureau verschloß.

      Die unterschriebene Quittung steckte nun Hannes gelassen ein und griff nach seinem Hut. Eben kam ein Mädchen herein, das die Flasche Bernkastler unterm Arm trug und ein Tablett mit zwei Gläsern vor sich her. Hinter ihr kam der Junge, der vorhin draußen auf der Bank gesessen.

      »Meine Joseph,« sagte der Laufeld, gleichsam vorstellend.

      Es gab Hannes einen Stich durchs Herz: was hatte der Laufeld für einen hübschen, strammen, kecken Jungen, und er – er hatte keinen! Alles Blut schoß ihm zu Kopf. Er starrte den Knaben an, und dieser starrte wieder mit dem dreisten Blick des verwöhnten Jüngsten. Die älteste von den Schwestern des Josephchen war verheiratet, die andere: Nönnchen im Kloster; der Junge wußte es wohl, ihm allein fiel hier das Anwesen zu.

      Draußen fing jetzt das Glöckchen der Kirche an zu läuten. Jakob Laufeld schlug rasch ein Kreuz und sah dann etwas verlegen nach Hannes hin: sollte er wegen dem da die Mittagsandacht versäumen, noch dazu am Tage des mildtätigen Heiligen, des Bischof Martinus?!

      Hannes bemerkte seine Unruhe.

      »Ech giehn schuns,« sagte er. Und dann mit gutmütigem Spott: »Lauft noren, Laufeld, lauft, dat Ihr net zu spiet kommt. Ech denken, dat sein net alleweil de Frömmsten, die in der Kerch dat größte Kreiz schlaon!«

      Dem Laufeld wurde heiß, gern wäre er dem frechen Lästerer übers Maul gefahren, aber er bezwang sich. Groß Maul und Übermut tun selten gut – der würde schon die Heimzahlung kriegen!

      Die Flasche Bernkastler blieb ungetrunken.

      Auf der Gasse fing jetzt plötzlich der Nero an, zu rumoren, sein wütendes Gebell mischte sich ins Gebimmel des Glöckchens und ins Gejauchze des Josephchen. Der Bube, der sich schnell wieder hinausgeschlichen, war auf einen hohen Stoß Klafterholz gestiegen und schoß nun von dort den fremden Hund mit Erbsen aus seinem Pustrohr.

      Als Hannes jetzt aus der Tür trat, sah er es und mußte laut lachen: ei, wi schoß der Jung’ so gut, und wie dumm war der Nero! ’s waren ja keine Schrote, nur Erbsen, die auf seinem dicken Fell abprallten!

      Aber jetzt, halt, das war ein Wehgeheul! Dicht am Auge war die Erbse angeprallt; wie von einem Schuß getroffen, wälzte sich das große Tier winselnd im Staub. Josephchen stieß ein Siegesschrei aus, aber Hannes sprang mit einem Fluch zu: das konnte dem Hund das Auge kosten!

      »Dau Biwak!« schimpfte er und drohte dem Knaben. »Maach! Ech verhauen Der dän Buckel!«

      Der Junge lachte und schnitt eine Grimasse, sein hübsches Gesicht, Augen, Wangen, Mund, Nase, alles schrumpfte zusammen wie bei einem Kautschukmännchen; und nun streckte er die Zunge heraus. Er fühlte sich auf dem Holzstoß sicher.

      Aber der große Mann langte hinauf und packte ihn bei den Beinen. Ehe das Josephchen sich’s versah, war es heruntergezogen, stand auf der Gasse, und die breite Hand des Müllers fiel ihm schwer auf die Kehrseite.

      Ind diesem Augenblick trat Jakob Laufeld aus der Tür; er wurde blaß und rot bei dem, was er sah.

      »Vadder!« schrie der Junge durchdringend.

      Aber Hannes ließ sich nicht beirren, wieder und wieder fiel seine schwere Hand nieder. »Exkusört,« sagte er entschuldigend, »de Jong hat meine Hund geschoss’, eweil moß hän sein Prüjel kriehn.«

      »Dat es meine Saach,« rief der Laufeld gereizt.

      »Vadder, Vadder,« kreischte der Junge dazwischen und schrie viel mehr, als die Prügel weh taten.

      »Laoßt de Jong los!«

      »Nä!« Hannes wurde nun auch gereizt durch den befehlenden Ton. »Wurscht widder Wurscht!« Die Empörung überkam ihn, als er jetzt, da Nero an ihm in die Höhe sprang, das blutende Auge des Tieres sah. »Wann dat Dier blind gieft, schicken ech Eisch de Rechnung. Äwer fürerscht soll Eiren dreckige Jong …«

      Seine aufs neue erhobene Hand wurde festgehalten; der Laufeld schrie ihn an, zitternd vor unterdrückter Wut:

      »Onnerstieht Eich! Wißt Ihr dann net, wän Ihr vor Eich haot?

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