Marktsegmente des Tourismus. Jürgen Schmude
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Hybride Touristen
Insgesamt zeigen die Konsumenten ein zunehmendes wechselhaftes Konsumverhalten. Dieses auch als hybrides Verhalten bezeichnete Agieren erschwert es der Anbieterseite, die Nachfrageseite und ihr Marktverhalten einzuschätzen (vgl. Boztug et al. 2015). Ursache hierfür ist einerseits die zunehmende Ausdifferenzierung der Reisemotive (z.B. Erholung, Kultur, Sport, Shopping), andererseits die damit in Wechselbeziehung stehende zunehmende Ausdifferenzierung der touristischen Angebote. Hieraus resultiert der hybride, multioptionale Tourist (vgl. Schmude & Namberger 2015, S. 70 und 81), dessen Konsumverhalten „sprunghaft“ ist und der eine deutlich reduzierte Destinations- und/oder Markentreue aufweist. Konsequenz hieraus ist u.a., dass Stammkunden und sog. Wiederkäufer an Bedeutung verlieren (Rajtajczak & Jockwer 2016) und sich das Konsumentenverhalten der Nachfragegruppen unterschiedlicher Marktsegmente (und auch innerhalb eines Marktsegments) deutlich voneinander unterscheidet.
1.4Fazit
Notwendigkeit zur Segmentierung… …und ihre Folgen
Erst die Identifikation und Abgrenzung von Marktsegmenten ermöglicht die Entwicklung zielgruppenspezifischen Marketingstrategien. Hierzu ist die exakte Kenntnis der Angebots- und Nachfrageseite notwendig. Die direkte Ansprache der Zielgruppe(n) ist in wettbewerbsintensiven Märkten wie dem Tourismus ein erfolgsrelevanter Aspekt. Allerdings liegen die Grenzen der Marktsegmentierung auf der Angebotsseite in einer limitierten Erfassbarkeit bzw. Abgrenzbarkeit von Marktsegmenten sowie nachfragebezogen in dem nur annäherungsweisen Verständnis des aktuellen und zukünftigen (Kauf-) Verhaltens von Menschen. Die hiermit verbundene Ausdifferenzierung der Konsumentennachfrage macht es zunehmend schwieriger, den Konsumenten einem Segment zuzuordnen. In der Folge entstehen immer kleinteiligere Zielgruppen, die zu immer kleineren Marktsegmenten führen. In diesem Zusammenhang wird auch (nicht nur im Tourismus) von der Atomisierung der Zielmärkte gesprochen (vgl. Jelinek 2013).
Aufbau des Lehrbuchs
Diese Entwicklung ist auch in der Tourismuswirtschaft zu beobachten. Allerdings existieren neben eher kleinen Marktsegmenten (z.B. Filmtourismus) durchaus auch noch größere Marktsegmente (z.B. Kreuzfahrttourismus). Entsprechend hat das Lehrbuch zum Ziel, die Angebots- und Nachfrageseite für fünf ausgewählte Marktsegment zu analysieren. Hierzu wird jeweils zunächst auf die Voraussetzungen bzw. grundlegenden Strukturen der ausgewählten Marktsegmente eingegangen, bevor jeweils die angebots- und Nachfrageseite analysiert werden. Ein Ausblick zur zukünftigen Entwicklung der Marktsegmente und die an sie gestellten Herausforderungen schließt die Vorstellung der einzelnen Marktsegmente ab. Dass die Vielzahl der existierenden Marktsegmente des Tourismus in diesem Lehrbuch nicht vollständig berücksichtigt werden kann, liegt auf der Hand. Die Auswahl der Marktsegmente orientiert sich an verschiedenen Aspekte: So werden nach Teilnehmerzahlen große (vgl. Kap. 2 und Kap. 3) sowie eher kleinere und spezielle Marktsegmente (vgl. Kap. 4 bis Kap. 6) vorgestellt. Mit dieser Auswahl ist auch gewährleitet, dass sowohl seit vielen Jahren prosperierende und eher in ihrer Reifephase befindliche als auch sich erst in jüngerer Zeit dynamisch entwickelnde Marktsegmente berücksichtigt werden. Dabei konzentriert sich die Darstellung bei allen behandelten Marktsegmenten – insbesondere in Hinblick auf die Nachfrageseite – mit wenigen Ausnahmen auf Deutschland. Ebenso ist offensichtlich, dass die Darstellung der hier behandelten Marktsegmente eher einen Überblickscharakter aufweist und nicht als „Pendant“ zu den zahlreichen Lehrbüchern gesehen werden kann, die sich jeweils auf ein Marktsegment konzentrieren. Durch Literaturhinweise können weiterführende Fragen und Probleme der jeweiligen Marktsegmente im Selbststudium erarbeitet werden. Grundsätzlich können die für die hier ausgewählten Marktsegmente eingesetzte Methoden auch auf andere Marktsegmente des Tourismus übertragen werden.
Fragen und Übungen
1.Erläutern Sie die Begriffe „Nischenspezialisierung“, „Marktspezialisierung“ sowie „selektive Spezialisierung“ und geben Sie Beispiele für Anbieter, die diese Marktbearbeitungsstrategien verfolgen.
2.Diskutieren Sie verschiedene Segmentierungsansätze für die touristische Nachfrage und ordnen Sie den identifizierten Teilmärkten bestimmte touristische Zielgruppen zu.
3.Stellen Sie die Unterschiede und Charakteristika von Geschäfts- und Privatreisen dar und recherchieren Sie die „Größe“ dieser Teilmärkte für Deutschland.
Literaturhinweise
Eisenstein, B.; Schmudde, R.; Reif, J.; Eilzer, C. (2017): Tourismusatlas Deutschland. Konstanz und München. S. 60–97.
Kompakte graphische und kartographische Darstellung der aktuellen Strukturen in ausgewählten Tourismussegmenten in Deutschland.
Freyer, W. (2015): Tourismus. Eine Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie. Berlin, München, Boston. S. 99–113.
Übersicht zur Typologisierung der Tourismusnachfrage unter besonderer Berücksichtigung von Urlaubs- und Geschäftsreisenden.
Hartmann, R. (2018): Marketing in Tourismus und Freizeit. München. S. 133–178.
Darstellung gängiger Segmentierungsmethoden allgemein, die auch in der Tourismuswirtschaft zur Anwendung kommen.
Schmude, J.; Namberger, Ph. (2015): Tourismusgeographie. Darmstadt. S. 14–21 sowie S. 62–67.
Überblick zur statistischen Erfassung des Tourismus in Deutschland sowie zu den Segmentierungsmöglichkeiten der touristischen Nachfrage.
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