Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland

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fast meinen ...

      Olga Finkenschläger protokollierte den dritten Anlauf von Kentenich. Zwei Mann vom Verkauf entschliefen sanft.

      6

      Sie las wie besessen. Speziell in dem einen Buch stand eine Menge über Tumoren und Karzinome. Es gab gutartige, therapierbare, operable, bösartige, mit und ohne Metastasen, stehengebliebene, auch inoperable. Das Spektrum reichte weit.

      Sie fühlte sich verunsichert, zeitweilig sogar beruhigt. Dann aber flackerte wieder die Angst auf. Was war, wenn ihre Erkrankung nicht mehr zu heilen war?

      Wie lange dauerte es dann noch? Monate, ein, zwei Jahre?

      Vielleicht wurde sie bettlägerig und ein Pflegefall.

      Sie lehnte sich auf, versuchte die Furcht zu verdrängen. Tina brauchte sie doch noch, Walter auch. In Haushaltsdingen war er rührend unbeholfen.

      Wenn sie aber sterben musste, heiratete er dann wieder?

      Der Gedanke tat ihr weh.

      Wahrscheinlich, schon wegen Tina. Der Beruf ließ ihm nicht die erforderliche Zeit für die Erziehung. Tina liebte die Schule nicht sonderlich, sie sah sie eher wie eine lästige Pflicht an und ging hin, weil alle Kinder zur Schule gingen. Vielleicht änderte sich das noch.

      Sie musste ständig dazu angehalten werden, die Schulaufgaben zu machen. An den Wochenenden nahm Walter ihr manchmal die Aufsicht ab und dann mogelten er und Tina; er sagte ihr die Lösungen vor.

      Sie hatte nie zu erkennen gegeben, dass sie den beiden längst auf die Schliche gekommen war. Das gute Vater-Tochter-Verhältnis war erfrischend und wohltuend und Ursache mancher lustigen Begebenheit.

      In der Nachbarschaft gab es zwei genau entgegengesetzt gelagerte Fälle. Die Mädchen waren in Tinas Alter. Väter und Kinder waren wie Feuer und Wasser.

      Ob er mit Tina dann immer noch im Herbst auf die Höhe spaziert und Drachen steigen lässt? Und die andere mitnimmt?

      Es schmerzte, daran zu denken.

      Wie würde die andere reagieren, wenn die beiden über frisch umgebrochene verregnete Äcker liefen, bemüht, den Drachen hochzubringen, und dann wie die Wildschweine aussehend nach Hause kamen, dampfend, verschwitzt, ermüdet, aber mit leuchtenden lachenden Augen?

      Und ob sie wohl die Einrichtung des Hauses so ließ? Oder ob sie alles umräumte?

      Ganz bestimmt warf sie die persönlichen Gegenstände der Vorgängerin hinaus, bis nichts mehr an sie erinnerte.

      Und dann bin ich einfach ausgelöscht? Nichts soll mehr die Gedanken dann und wann noch auf mich lenken?, dachte sie erschrocken.

      Ein Zorn auf die unbekannte andere erwuchs, gepaart mit leiser Wehmut.

      Wenn sie Walter ganz für sich einnahm, sein gesamtes Denken ausfüllte und allmählich ihr Bild aus seinem Herzen verdrängte? Und nicht gut zu Tina war?

      Sie klappte langsam das Buch zu und überlegte.

      Mach dich nicht verrückt, hatte Hermann am Telefon gesagt. Der hatte gut reden! Als Arzt war er sogar verpflichtet, Optimismus zu verbreiten. Der dachte vielleicht nur, dass sie ein weiterer medizinischer Fall war. Wie es aber in ihrem Herzen aussah, das interessierte ihn nicht.

      Sie war ungerecht und merkte es kaum.

      Ihr Blick fiel auf das Regal. Bücher waren umgekippt. Die Fotoalben standen schief.

      Die Alben! Die Bilder!

      Die konnte die andere Walter nicht nehmen. Er blätterte gern in den Alben. Früher hatte er viel fotografiert. In den letzten Jahren weniger. Schnappschüsse von Tina. Beim ersten Urlaub am Meer. Meist Dias.

      Wenn er eine gute Stunde hatte, kramte er den Projektor heraus und ließ die Diakassetten durchlaufen.

      Einige Dutzend Bildstreifen waren noch nicht geschnitten und in die Rähmchen gesteckt. Er hatte sich vorgenommen, diese Arbeit an den langen Winterabenden zu machen.

      Das war jetzt drei Jahre her. Dieser Tage erst waren ihr die Taschen mit den Bildstreifen in die Hände geraten.

      Er war nicht zum Rahmen gekommen. Aber wenn sie es machte? Sie hatte doch Geschick dazu.

      Dann hatte er ein paar Bilder mehr von ihr in seiner Diasammlung. Erinnerungen.

      Sie hoffte, dass es gute, schöne Erinnerungen waren.

      Und dass er nie zuließ, dass die Dias entfernt wurden.

      In seinem Arbeitszimmer standen zwei Kartons leere Rähmchen. Sie holte sie, räumte den Tisch ab, suchte die Bildtaschen und begann zu schnippeln.

      Eine Unrast überkam sie, der Wunsch, all die Reisen mit ihm noch einmal zu machen, die sie gemeinsam unternommen hatten.

      Leise Wehmut mischte sich unter ihre Gedanken. Es war zu spät.

      Aber die Bilder konnte sie betrachten.

      Sie schaffte den Projektor herbei, kam mit dem Gerät nicht klar. Walter hatte ihr oft gezeigt, wie die Kassetten eingeschoben wurden, hatte ihr eingeschärft, dass die Dias auf dem Kopf stehend eingeordnet werden mussten.

      Sie gab ihr Bemühen auf und holte die Alben.

      Bilder aus der Zeit, als sie miteinander gingen.

      Ferien am Meer – Italien, Frankreich, Rumänien. Die Reise nach Griechenland.

      In drei Alben hatte er noch die Bilder mit Unterschriften versehen, Eintrittskarten mit eingeklebt, Erinnerungen an besondere Begebenheiten. Dann war er auch dazu nicht mehr gekommen. Er hatte sich nur vorgenommen, es irgendwann nachzuholen.

      Bei diesem Vorsatz war es geblieben.

      Das Seidenpapier zwischen den Bildseiten raschelte leise.

      Eva-Maria saß, blätterte und schaute sehnsüchtig auf die Zeugen ihrer herrlichen, manchmal etwas unruhigen Jahre mit Walter, und ihre Gedanken gingen zurück.

      Zurück in eine Vergangenheit, die vielleicht bald ausgelöscht war.

      7

      Kentenich knetete und bekniete seine Zuhörerschaft über Stunden. Seine Argumente wurden nicht dadurch besser, dass er sie immer wieder vortrug. Zum Schluss war seine Stimme heiser und krächzend vom konsumierten Kaffee.

      Dumpfe Resignation überkam den Mann.

      Dieser verdammte Becker mit seinem Desinteresse an den angestrebten Neuerungen, das er durch hartnäckiges Schweigen dokumentierte, versaute die anderen Abteilungen.

      Niemand ging zwar mit fliegenden Fahnen zu Becker über, niemand zollte aber ihm, dem Geschäftsführer, dem verlängerten Arm der Firmenleitung, gebührenden Beifall. Auch der Verkauf nicht.

      Irgendwie

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