Stolz und Vorurteil. Jane Austen
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Читать онлайн книгу Stolz und Vorurteil - Jane Austen страница 19
Bei solchen Rivalen wie Mr. Wickham und den Offizieren schien Mr. Collins zur Bedeutungslosigkeit herabzusinken; in den Augen der jungen Damen galt er gar nichts. Aber hin und wieder hatte er in Mrs. Philips eine geduldige Zuhörerin, und infolge ihrer Aufmerksamkeit war er mehr als ausreichend mit Kaffee und Gebäck versorgt.
Als die Kartentische aufgestellt wurden, hatte er Gelegenheit, sich zu revanchieren, indem er sich ihr als Whistpartner erbot.
»Ich beherrsche das Spiel noch nicht gut«, sagte er, »aber ich werde mir Mühe geben, Fortschritte zu erzielen, denn in meiner Position …« Mrs. Philips nahm sein Angebot dankend entgegen, konnte aber auf seine Begründung nicht warten.
Mr. Wickham spielte beim Whist nicht mit und wurde am anderen Tisch zwischen Elizabeth und Lydia mit hellem Entzücken empfangen. Zunächst bestand die Gefahr, dass Lydia ihn gänzlich mit Beschlag belegen würde, denn sie redete gern und viel; aber da sie ebenso gern bei der Lotterie mitmachte, wandte sie sich mehr und mehr dem Spiel zu und war zu sehr damit beschäftigt, Einsätze zu machen und das Ausrufen der Gewinne lautstark zu begleiten, um noch für irgendjemanden ein Auge zu haben. Mr. Wickham hatte deshalb Muße, sich mit Elizabeth zu unterhalten, und sie hörte ihm bereitwillig zu, obwohl sie nicht zu hoffen wagte, das zu hören, was ihr vor allem am Herzen lag: die Geschichte seiner Bekanntschaft mit Mr. Darcy. Ja, sie traute sich nicht einmal, ihn zu erwähnen. Aber unerwartet wurde ihre Neugier befriedigt. Mr. Wickham selbst begann davon zu sprechen. Er fragte, wie weit Netherfield von Meryton entfernt sei, und erkundigte sich nach ihrer Antwort zögernd, wie lange sich Mr. Darcy dort schon aufhalte.
»Ungefähr einen Monat«, sagte Elizabeth und fügte, um das Thema nicht fallenlassen zu müssen, hinzu: »Ich habe gehört, er hat große Besitzungen in Derbyshire.«
»Ja«, erwiderte Wickham, »sein Besitz dort kann sich sehen lassen. Glatte 10000 pro Jahr. Sie hätten niemanden treffen können, der Sie darüber besser informieren könnte als ich, denn seit meiner Kindheit bin ich mit seiner Familie auf besondere Weise verbunden gewesen.«
Elizabeth konnte nicht umhin, überrascht zu blicken.
»Sie haben Grund, über diese Behauptung überrascht zu sein, Miss Bennet, nachdem Sie gestern vermutlich beobachtet haben, wie kühl wir uns gegrüßt haben. Kennen Sie Mr. Darcy gut?«
»Mehr als mir lieb ist«, rief Elizabeth erregt. »Ich habe vier Tage mit ihm unter demselben Dach verbracht, und ich kann ihn nicht ausstehen.«
»Ich habe kein Recht, meine Meinung im Hinblick auf seine Unausstehlichkeit zu äußern«, sagte Wickham, »das steht mir nicht zu. Ich kenne ihn zu lange und zu gut und bin kein fairer Richter. Ich kann unmöglich unparteiisch sein. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Urteil über ihn mit Überraschung aufgenommen wird. Vielleicht würden Sie anderswo nicht so offen sein. Hier sind Sie immerhin im Kreis Ihrer eigenen Familie.«
»Nein, ganz und gar nicht, ich würde überall dasselbe sagen wie hier, außer in Netherfield. Niemand mag ihn in Hertfordshire. Alle finden seinen Stolz geschmacklos, und keiner würde besser von ihm sprechen.«
»Ich bin durchaus der Meinung«, sagte Wickham nach einer kurzen Pause, »dass Leute nicht über Gebühr gelobt werden sollten. Aber im Falle Darcy, glaube ich, kann davon kaum die Rede sein. Alle Welt lässt sich von seinem Vermögen und seinem Selbstbewusstsein blenden oder von seinem hochmütigen und anmaßenden Wesen einschüchtern, und so sehen ihn alle seinen eigenen Wünschen gemäß.«
»Ich kenne ihn zwar nur kurz, aber ich halte ihn für einen ungezogenen Menschen.«
Wickham schüttelte nur den Kopf.
»Ich frage mich«, sagte er bei der nächsten Gelegenheit, »ob er sich wohl noch lange in dieser Gegend aufhält.«
»Ich habe keine Ahnung, jedenfalls wurde in Netherfield nie von seiner Abreise gesprochen. Ich hoffe, Ihre Pläne in Bezug auf das Oxfordshire Regiment leiden nicht durch seinen Aufenthalt in unserer Gegend?«
»O nein, ich lasse mich doch durch Mr. Darcy nicht vertreiben! Wenn er die Begegnung mit mir vermeiden will, muss er gehen. Wir stehen nicht gerade auf freundschaftlichem Fuß miteinander, schon sein Anblick berührt mich schmerzlich; aber ich kann vor aller Welt bekennen, weshalb ich Anlass hätte, ihm aus dem Weg zu gehen – er hat mich unglaublich schlecht behandelt, und es tut mir in der Seele weh, dass er ist, wie er ist. Sein Vater, Miss Bennet, der tote Mr. Darcy, war einer der nobelsten Männer unter der Sonne und der beste Freund, den ich je hatte; und ich kann einfach nicht mit Mr. Darcy zusammentreffen, ohne durch tausend liebevolle Erinnerungen tief betrübt zu werden. Er hat mich skandalös behandelt, aber ich glaube, ich kann ihm alles und jedes vergeben, außer, dass er die Hoffnungen seines Vaters enttäuscht und sein Andenken beleidigt hat.«
Das Thema zog Elizabeth mehr und mehr in Bann, und sie lauschte gespannt; aber es war zu heikel, als dass sie hätte zudringlich erscheinen mögen.
Mr. Wickham wandte sich nun allgemeineren Themen zu: Meryton, der Gegend, der Gesellschaft, und er war mit allem, was er bisher gesehen hatte, sehr zufrieden. Besonders von der Letzteren sprach er verständnisvoll und mit sehr verbindlichem Charme.
»Die Aussicht auf beständige Gesellschaft – und gute Gesellschaft«, fügte er hinzu, »hat mich hauptsächlich veranlasst, ins Oxfordshire Regiment einzutreten. Ich wusste, dass es ein höchst respektables und angenehmes Corps ist, und die Berichte meines Freundes Denny von ihrem gegenwärtigen Quartier, der ihnen in Meryton zukommenden außerordentlich großen Aufmerksamkeit und den erstklassigen Bekanntschaften haben mich zusätzlich gereizt. Ich gebe zu, ich brauche Gesellschaft. Ich bin im Leben zu oft enttäuscht worden, und mein Gemüt verträgt Einsamkeit nicht mehr. Ich brauche Beschäftigung und Gesellschaft. Es ist mir nicht an der Wiege gesungen worden, Soldat zu werden, aber nun haben die Umstände es ergeben. Eigentlich hätte ich Geistlicher werden sollen. Dazu bin ich erzogen worden, und ich hätte jetzt schon eine einträgliche Pfarrei, wenn es dem Herrn, von dem wir gerade gesprochen haben, nicht anders beliebt hätte.«
»Nicht möglich!«
»Ja, der verstorbene Mr. Darcy hat mir testamentarisch die zuerst frei werdende einträgliche Pfarrei vermacht. Er war mein Pate und mir außerordentlich gewogen. Ich kann seine Freundlichkeit nicht hoch genug loben. Er wollte für mich freigebig vorsorgen und glaubte, es getan zu haben, aber als die Pfarre frei wurde, bekam sie jemand anders.«
»Um Himmels willen!«, rief Elizabeth, »wie ist das möglich? Wie konnte sein Testament so missachtet werden? Warum haben Sie keine rechtlichen Schritte unternommen?«
»Das Vermächtnis war so formlos aufgesetzt, dass rechtlich nichts zu erreichen war. Ein Ehrenmann konnte die Absicht im Testament nicht bezweifeln, aber Mr. Darcy tat es trotzdem – oder jedenfalls knüpfte er Bedingungen an sie und behauptete, ich hätte jeden Anspruch darauf durch Verschwendung und Leichtsinn ein für alle Mal verwirkt – kurz, nichts und alles konnte man darunter verstehen. Tatsache ist, dass die Pfarre vor zwei Jahren frei wurde, genau zu dem Zeitpunkt, als ich alt genug für sie war, und dass ein anderer sie bekam; und ebenso ist Tatsache, dass ich mir nicht bewusst bin, etwas getan zu haben, was ihren Verlust rechtfertigt. Ich bin manchmal leidenschaftlich und unbeherrscht, und vielleicht habe ich meine Meinung über Mr. Darcy gelegentlich zu offen gesagt – sogar ihm selbst gegenüber. An Schlimmeres kann ich mich nicht erinnern. Aber Tatsache ist auch, dass wir sehr verschiedene Charaktere sind und er mich hasst.«
»Das ist ja unerhört! Er verdient, öffentlich bloßgestellt zu werden.«
»Das