Big Ideas. Das Film-Buch. John Farndon
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MORGEN WERDEN DIE VÖGEL WIEDER SINGEN
LICHTER DER GROSSSTADT / 1931
IM KONTEXT
GENRE
Stummfilmkomödie
REGIE
Charlie Chaplin
DREHBUCH
Charlie Chaplin
STARS
Charlie Chaplin, Virginia Cherrill, Harry Myers
FRÜHER
1921 Chaplin dreht seinen ersten Spielfilm Der Vagabund und das Kind mit der 13-jährigen Lita Grey, die er drei Jahre später heiratet.
1925 Chaplins Goldrausch wird der erste Kinohit, in dem ein Vagabund auftritt.
1927 Der Jazzsänger, erster vollständig vertonter Spielfilm, beendet die Stummfilmära.
SPÄTER
1936 Chaplins letzter Stummfilm Moderne Zeiten klagt die Arbeitsbedingungen während der Großen Depression an.
Charlie Chaplins Lichter der Großstadt – für den er das Drehbuch schrieb, Regie führte und als Darsteller wirkte – war einer der letzten großen Filme der Stummfilmzeit. Für viele ist er eine der besten Komödien aller Zeiten. Obwohl er 1931 herauskam, vier Jahre nach dem ersten echten Tonfilm Der Jazzsänger, produzierte Chaplin Lichter der Großstadt trotzig als Stummfilm, nur mit einigen wenigen verzerrten Toneffekten und eigener Filmmusik.
Tramp und Blumenmädchen
Die Geschichte beginnt in einer Großstadt, wo Chaplins Vagabund vor einem Polizisten flieht, der ihn wegen Landstreicherei festnehmen will. Auf der Flucht klettert er durch ein Auto und begegnet dem blinden Blumenmädchen (Virginia Cherrill). Mit seiner letzten Münze kauft er ihr eine Blume ab und nachdem das Mädchen die Autotür hört, hält es ihn für einen reichen Mann.
Nicht als Vagabund erkannt, verliebt er sich in das Mädchen und will der reiche und schöne Wohltäter sein, für den sie ihn hält. Er beschließt, sie aus der Armut zu retten, und als er hört, dass eine Operation ihr das Augenlicht zurückgeben könne, sucht er nach Wegen und Mitteln, um das Geld dafür aufzutreiben: er fegt u. a. die Straßen und lässt sich in einem Preisboxkampf zusammenschlagen – Gelegenheiten für Chaplin, seine Markenzeichen Slapstick, Doppeldeutigkeit und Melodram zu entfalten.
Das Plakat für die Erstaufführung des Films im Kino von 1931 baut ganz und gar auf den Wiedererkennungseffekt von Chaplin in der Rolle des Vagabunden.
Nachdem der Vagabund einen Millionär, der von seiner Frau verlassen wurde, vom Selbstmord abhält, erhält er von diesem zum Dank 1000 Dollar für das Mädchen. Leider schätzt der reiche Mann den Vagabunden nur als Freund, solange er betrunken ist. Wieder nüchtern, beschuldigt er ihn des Diebstahls. Der Vagabund flieht und kann dem Mädchen nur noch das Geld für die Operation geben, bevor er ergriffen und ins Gefängnis geworfen wird.
Berührende Begegnung
Nach seiner Entlassung steht er plötzlich vor einem Blumengeschäft, in dessen Fenster das Mädchen Blumen arrangiert. Sie hat sich die Augen operieren lassen und kann sehen. Voller Sympathie für den Vagabunden hebt sie die Blume auf, die Straßenkinder ihm aus der Hand geschlagen haben. Als sich ihre Hände berühren, erkennt sie ihn – alles andere als der charmante Prinz, den sie sich vorgestellt hat. Der Vagabund blickt dem Blumenmädchen ängstlich in die Augen und fragt: »Du kannst jetzt sehen?« »Ja«, erwidert sie, »ich kann jetzt sehen.«
Dieser rührende Wortwechsel gehört zu den berühmtesten Dialogen der Filmgeschichte – obwohl aus einem Stummfilm – und ist in vielerlei Hinsicht emblematisch für den ganzen Film. Das Mädchen sieht den Vagabunden zum ersten Mal und zugleich sieht es die Wahrheit, so wie auch der Zuschauer. In der lauten, grellen modernen Stadt sind die kleinen Leute, die Unterdrückten, vergessen und an den Rand geschoben. Nur in der Reinheit der Stille, Einfachheit und Blindheit können die Menschen ihre Sinne nutzen und klar sehen.
Hoffnung von morgen
Der Film hat eine konservative und sentimentale – manche finden auch kitschige – Botschaft, aber zweifellos traf er einen Nerv, als er nur zwei Jahre nach dem Börsenkrach von 1929 herauskam. Millionen Menschen in den USA durchlebten schwere Zeiten, die Armen, ja das ganze Land begann, die Große Depression zu spüren; Reiche wie Arme flohen in den Selbstmord, je tiefer die Krise wurde. Auch wenn der Film kein Heilmittel lieferte, so schenkte er doch Hoffnung. Nachdem der Vagabund den Millionär vor dem Selbstmord im Fluss bewahrt hat, drängt er ihn, die Hoffnung zu bewahren. »Morgen werden die Vögel wieder singen«, sagt er. Wie düster die Dinge heute auch aussehen mögen, man muss sich den Glauben daran bewahren, dass das Morgen erneut Freude schenkt – das scheint der Kern der Botschaft des Films zu sein.
Happy End?
Als das Blumenmädchen den Vagabunden schließlich als den erkennt, der er wirklich ist, hält Regisseur Chaplin die beiden auf Distanz. Wir wissen nicht, ob das Blumenmädchen ihn annimmt oder abweist, weil er so anders ist als der Mann ihrer Vorstellung. Es gibt kein klares Happy End.
Während das gewinnende Aussehen des Vagabunden für Pathos sorgt, wirkt es gleichzeitig komisch und erleichtert dem Publikum den Schmerz der möglichen Zurückweisung. Doch als das Blumenmädchen ihm nachblickt und die Zuschauer ihrem Blick ansehen, wie es in ihr arbeitet und etwas Hoffnung aufflackert, genügt das. Worin diese Hoffnung besteht, bleibt offen – sei es, dass sie ihr Glück mit diesem elenden Mann findet, sei es, dass sie beide ihrer Wege gehen, klüger, aber zufrieden. Wichtig ist allein, dass es Hoffnung gibt, von dem Gedanken inspiriert, dass die Vögel morgen singen, komme, was wolle.
»Ich bin geheilt. Du bist mein Freund fürs Leben.«
Der Millionär / Lichter der Großstadt
In der Boxszene, in der sich der Vagabund die meiste Zeit hinter dem Schiedsrichter versteckt oder seinem Gegner ausweicht, um den Kampf zu vermeiden, stellt Chaplin sein ganzes komödiantisches Können unter Beweis.
Charlie Chaplin Regisseur
Charlie Chaplin, Schauspieler und Regisseur, war der größte