Die Macht der virtuellen Distanz. Karen Sobel Lojeski
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Einführung in das Konzept der virtuellen Distanz
Einfach ausgedrückt: Virtuelle Distanz ist eine messbare soziale und emotionale Trennung (bewusst oder unbewusst), die entsteht, wenn wir uns zunehmend auf digital übermittelte Kommunikationstechnologien verlassen. Das Konzept der virtuellen Distanz wird im dritten Kapitel ausführlich beschrieben; an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die Kernkomponenten:
Physische Distanz: Arbeitsplatzmerkmale, die an Raum und Zeit gebunden sind, wie geografische Entfernungen, Zeitzonen, Unterschiede sowohl im Terminmanagement als auch in der Organisationsanbindung.
Operative Distanz: Die Störfaktoren im Arbeitsalltag, die eine flüssige, tiefgründige Kommunikation beeinträchtigen.
Affinitätsdistanz: Probleme, die ein Hindernis für die Entwicklung tiefer, dauerhafter und substanzieller Arbeitsbeziehungen darstellen, gestützt auf gemeinsame Werte und wichtige menschliche Interdependenzen.
Abb. V.1: Modell der virtuellen Distanz
Wie wir später noch sehen werden, hat die physische Distanz, die als Erstes in den Fokus rückt, überraschenderweise die geringste Auswirkung auf die Unternehmensergebnisse. Aus quantitativer Sicht erreicht das Ausmaß der standortverteilten Arbeit, verglichen mit den Schlüsselindikatoren der Unternehmensleistung nur selten eine Ebene, die statistisch von Bedeutung wäre.
Es ist die Affinitätsdistanz, die am meisten ins Gewicht fällt – diejenigen Aspekte der Arbeit, die uns als menschliche Wesen voneinander trennen –, ungeachtet dessen, ob wir uns tausende Kilometer voneinander entfernt oder am selben Schreibtisch befinden.
Welche verblüffenden Auswirkungen mit dem Anstieg der virtuellen Distanz und insbesondere die Affinitätsdistanz verbunden sind, geht aus unseren Daten hervor, die mehr als ein Jahrzehnt umfassen (siehe Tabelle V.1).
Wenn alle Faktoren der virtuellen Distanz relativ groß sind, werden die Schlüsselergebnisse erheblich beeinträchtigt | Wenn nur die Affinitätsdistanz relativ groß ist, werden die Schlüsselergebnisse in noch höherem Maß beeinträchtigt |
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Erfolgsrate sinkt um 82% Zufriedenheit nimmt um 80% ab OCB (altruistisches Verhalten in der Arbeitsumgebung) um 75% geringer Vertrauen schwindet um 71% Lernaktivitäten um 70% reduziert Führungseffektivität geht um 68% zurück Innovationrate flaut um 63% ab Mitarbeiterengagement verringert sich um 58% Rollen‐ und Zielklarheit geht um 53% zurück Strategische Wirkung nimmt um 41% ab | Erfolgsrate sinkt um 85% Zufriedenheit nimmt um 85% ab OCB um 86% geringer Vertrauen schwindet um 86% Lernaktivitäten um 78% reduziert Führungseffektivität geht um 77% zurück Innovationrate flaut um 73% ab Mitarbeiterengagement verringert sich um 66% Rollen‐ und Zielklarheit geht um 54% zurück Strategische Wirkung nimmt um 50% ab |
Tabelle V.1: Die Auswirkung der virtuellen Distanz auf die Unternehmensergebnisse
Die erste Spalte in Tabelle V.1 zeigt die Auswirkungen der generellen virtuellen Distanz (aller drei Faktoren zusammen). Die zweite Spalte vergleicht die Schlüsselergebnisse mit dem wichtigsten Element der virtuellen Distanz: der emotionalen Distanz.
Hintergrund
Im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte haben die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten Vorteile sowohl auf individueller als auch auf Unternehmensebene mit sich gebracht. Die »smarten« digitalen Geräte (Smart Digital Devices = SDDs), die flexible Arbeit ermöglichen, gestatten den Menschen den Aufbau eines Lebens, in dem sie sich besser an den stetigen Wandel der Szenarien anpassen können, dem sich heute viele gegenübersehen: die Betreuung betagter Eltern, die Berücksichtigung unterschiedlicher Terminpläne derjenigen Familienangehörigen, die Einkommen produzieren, oder die Option der Beschäftigten, am Ort ihrer Wahl zu leben.
Auf organisatorischer Ebene konnten sich Unternehmen besser im Wettbewerb positionieren, indem sie auf Talente von überall auf der Welt zurückgriffen, die Kosten für feste Bürostandorte senkten und die Reichweite ihrer Marke vergrößerten, indem sie Mitarbeiter vor Ort platzierten – ganz egal, wo sich die Kunden befinden. Es besteht kein Zweifel, dass die Entwicklung der Arbeit auf diese Weise eine Win‐win‐Situation darstellt.
Das ist jedoch nur ein winziger Ausschnitt aus einer viel größeren Geschichte. Viele Führungskräfte halten an der falschen Vorstellung fest, dass die geografische Streuung die Ursache für die meisten Herausforderungen im Personalbereich ist, was zu einer ganzen Reihe von unbeabsichtigten Konsequenzen führt.
In den letzten zehn Jahren gab es eine Vielzahl von Artikeln, neuen Unternehmensgründungen und Initiativen zu organisatorischen Veränderungen, die sich mit den Problemen befassten, die bei Remote‐Arbeit auftreten. Diese Sichtweise auf die Art und Weise, wie wir arbeiten, schränkt jedoch unser Wahrnehmungsfeld ein, bezogen auf die viel größere Verschiebung der Aufmerksamkeit bei der gesamten Belegschaft.
Deshalb betonen wir:
Das oberste Prinzip der virtuellen Distanz
Jeder ist jetzt virtuell aktiv, deshalb betrifft die virtuelle Distanz jeden, überall.
Jeder, der hauptsächlich mit einem smarten virtuellen Gerät arbeitet, ist abhängig von Maschinen, die
getippte, akustische oder andere sensorische Eingaben von einer Person aufnehmen und dann
in digitale Signale (Einsen und Nullen) umwandeln, die das Gerät erkennen kann,
im Anschluss diese durch Drähte und andere mechanische Dinge bewegen und
als Ausgabe an andere Personen senden.
Deshalb sind alle, die unter solchen Umständen ihrem Beruf nachgehen, bis zu einem gewissen Grad von anderen virtuell getrennt.
Typisches Beispiel
Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Sie befinden sich in einem Restaurant oder zu Hause beim Essen, und alle Beteiligten starren auf das Display ihres Smartphones – schicken sich SMS, obwohl sie am gleichen Tisch sitzen, oder tauschen Nachrichten mit unsichtbaren Kommunikationspartnern aus.