BERLIN. Eugen Szatmari
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In einer schnurgeraden Linie durchschneidet die Charlottenburger Chaussee den Tiergarten bis zum Bahnhof Tiergarten, und mündet dort in die Berliner Straße, rechts die berühmte Staatliche Porzellanmanufaktur und links die Technische Hochschule hinter sich lassend. Am Knie sind dann die Anlagen zu Ende. Die Stadt beginnt wieder. Das ist aber nicht mehr Berlin, sondern die Schwesterstadt Charlottenburg.
Der Zoo
Wir gehen nun die breite, schöne Hardenbergstraße hinunter, an der Hochschule für Musik und bildende Künste vorbei zum Bahnhof Zoo, der seinen Namen von dem Zoologischen Garten erhalten hat. Der »Zoo« gehört mit dem Aquarium zu den größten Sehenswürdigkeiten Berlins, und hat neuerdings durch die Errichtung des hochinteressanten Planetariums noch eine besondere Zugkraft bekommen. Er ist nicht nur eine Sehenswürdigkeit für den Fremden, sondern ist auch bei den Berlinern sehr beliebt, insbesondere bei den jungen und jüngsten Berlinern und Berlinerinnen, die ein Stammpublikum des Zoo bilden. Im Frühling verwandelt sich der Zoo in eine Filiale von Karlsbad. Dann spazieren Herren und Damen, die schlanker werden wollen, mit dem heilbringenden Wunderkelch in der Hand zwischen den Käfigen und verzehren nachher das echt Karlsbader Frühstück, von dem sie noch dicker werden.
Kurfürstendamm, Vergnügunszentrum der Berliner
In den letzten Jahren nach dem Krieg ist die Gegend um den Bahnhof Zoo herum ein zweiter Brennpunkt des Berliner Lebens geworden. Während die Friedrichstraße ihren Charakter als Vergnügungszentrum für die Fremden beibehielt, entwickelte sich die Gegend am Zoo zu einer Art Vergnügungszentrum der Berliner. Kinos, Tanzlokale, Dielen schossen wie Pilze aus dem Boden. Um die Gedächtniskirche herum kann man heute fünf große Kinos, sieben Cafés und einen großen eleganten Tanzpalast zählen. Der Autoverkehr schwillt hier in den Abendstunden geradezu drohend an, die Verkehrspolizisten haben alle Hände voll zu tun, Lichtfontänen blenden mit ihren Reklamen von allen Häuserfronten herab, und der Berliner nennt diese Ecke seinen BROADWAY. Diese Entwicklung ist aber nur die Folgeerscheinung einer anderen Entwicklung im Charakter Berlins – auch ein großer Teil des Geschäftslebens ist aus dem Zentrum der Stadt nach dem Westen abgewandert. Der Kurfürstendamm, der vor dem Krieg eigentlich nur eine Art Flanierstraße war, zieht wie ein Magnet große Geschäfte, Läden und Vergnügungslokale an, und es wird gewiss nur kurze Zeit dauern, bis das erste Warenhaus am Kurfürstendamm errichtet werden wird, um das Werk zu vollenden, das mit dem Verschwinden des Reitwegs vom Kurfürstendamm schon angedeutet wurde – um die schöne, breite Straße, die früher nur ein vornehmes Wohnviertel durchquerte, zu einer Geschäftsstraße ersten Ranges zu stempeln. Die Brüder Tietz haben schon vor Jahren das wertvollste Grundstück am Kurfürstendamm erworben, und sie warten offenbar nur auf die Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft, um an der Ecke Kurfürstendamm und Joachimstaler Straße ein neues Riesenwarenhaus zu errichten.
Von der Gedächtniskirche führt die Tauentzienstraße am Kaufhaus des Westens vorbei zum Wittenbergplatz und von dort aus geht die Kleiststraße zum Nollendorfplatz, dem Einfalltor des sogenannten Bayerischen Viertels, während die Budapester Straße von der Gedächtniskirche aus an dem eleganten Edenhotel vorbei zum Tiergarten zurückführt.
Aber am Abend …
Det ist Berlin!
Wer in Berlin mehr sehen will als die Gebäude und Denkmäler, wer sich auch für das Leben der Stadt, die er kennenlernen wollte, interessiert, dem rate ich aber, in den Abendstunden, etwa zwischen 6 und 7 Uhr, durch die Tauentzienstraße und über den Kurfürstendamm zu bummeln. Er wird glauben, dass er sich auf einem Pariser Boulevard befindet. Um diese Zeit, wenn die Linden bereits halbleer sind – wenn Untergrundbahn, Autobusse und Straßenbahnen die Menschen aus der einschlafenden City nach dem eben erst zu seinem nächtlichen Leben erwachenden Westen befördern, sind die beiden großen Geschäftsstraßen des Westens voll von Menschen, die Straßen wimmeln, die Konditoreien und Cafés sind überfüllt, vor den Kinos stehen die Menschen Schlange, in den Geschäften herrscht Hochbetrieb, denn hier beginnt das »Shopping« erst um fünf Uhr, und vor den Portalen der Tanzdielen geben die goldbetressten Portiers die bedauerliche Auskunft: »überfüllt«. Die Hast des Tages weicht der Hast des Abends. Wer sich tags beeilte, weil er eine Geschäftskonferenz hatte, beeilt sich jetzt, weil er ein Rendezvous hat. Die Sucht nach dem Vergnügen bricht sich Bahn. Man zerbricht sich den Kopf darüber, wo man hingehen könnte, was man sehen müsste, wo man sich am besten amüsieren werde. Der ganze Kurfürstendamm gleicht einem aufgeregten Ameisenhaufen, während die Fassaden der Häuser in dem schillernden Glanz der Lichtreklame schimmern.
Männlein und Weiblein sucht sich in dem Gewühl. Junge Leute, Studenten, Künstler, Volk aus dem Romanischen Café sieht man und aufgetakelte Berlin W-Damen, die durch goldene Lorgnettes die Schaufenster beäugen. Hunde werden spazieren geführt. Ecke Joachimstaler Straße warten drei Dutzend halbe Pärchen auf die zu spät kommende andere Hälfte. Zeitungsverkäufer verkünden die Titel ihrer Blätter – nur die Titel, denn das Ausrufen des Zeitungsinhalts ist in der Weltstadt Berlin polizeilich verboten, genauso wie in Kötzschenbroda. Alte Herren beraten während ihres abendlichen Spaziergangs die politische Lage, und Finanzfeldherrn in spe studieren, an die Litfasssäule gelehnt, das Kursblatt »Börsen-Courier«. Dazwischen klingelt die Straßenbahn, die Autohupen tuten, die schlecht geschmierten Bremsen quietschen, die gleißende Flut der Lichtreklame blendet das Auge, immer voller und stärker, schwärzer und hastiger quillt der Menschenstrom durch die Straßen, knäuelt sich zusammen und sondert sich ab – bis die Uhr der Gedächtniskirche acht geschlagen hat.
ZWISCHEN WILHELMSTRASSE UND PLATZ DER REPUBLIK
Regierungsviertel und Parlament –
Parlamentarische Stilblüten.
Am Wilhelmplatz, dort wo die Voßstraße von der Wilhelmstraße abzweigt, steht ein baumlanger, hagerer Schutzmann und regelt den Verkehr. Seine besondere Aufmerksamkeit widmet er den Lastkraftwagen, die er unbarmherzig nach der Voßstraße verweist. Zudem steht auch eine Tafel da, mit einem schwarzen Punktzeichen: Für Lastkraftwagen verboten. Lastkraftwagen sind also in diesem Teil der Wilhelmstraße nicht zugelassen. Und das ist richtig so. Denn die Männer, die Deutschlands Geschicke leiten, müssen in Ruhe arbeiten können, und schon die unvermeidlichen Autos machen Lärm genug.
Die Ministerien
Die Wilhelmstraße ist das »Regierungsviertel« Berlins. Die deutsche Downing