Vernehmungen. Heiko Artkämper

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Vernehmungen - Heiko Artkämper

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der Häufung von Fragen und/oder einer nicht verstandenen Fragestellung den Vorsitzenden um Erläuterung bitten.

      –Keine provokativen Fragen beantworten, sondern Schweigen (oder den Vorsitzenden um Hilfe bitten).

      –Keine Fragen wie „aus der Pistole geschossen“ beantworten.

      –Sich nicht überraschen lassen.

      –Tatsächliche Fehler einräumen.

      –Ggf. das Gericht bitten, mitgeführte Unterlagen verwenden zu dürfen.

      –Ggf. das Gericht um kurze Pausen (Unterbrechungen) bitten.

      –Ggf. das Gericht bei unzulässigen Fragen um Entscheidung ersuchen.

       4.5.5.4Nachbereitung

      437Nach seiner Vernehmung sollte der Beamte nicht fluchtartig den Gerichtssaal verlassen und bei unerwünschtem Ausgang auf „die Justiz“ schimpfen. Zu einer sinnvollen und lehrreichen Nachbereitung gehören

      –Anwesenheit beim Plädoyer des Staatsanwalts und bei der Urteilsverkündung, da hier die Leistung des Zeugen gewürdigt wird.

      –Selbstkritische Reflektion des eigenen Verhaltens im Ermittlungsverfahren und vor Gericht im Hinblick auf das Ergebnis.

      –Weitergabe der Erfahrungen und Informationen an Kollegen.

      –Ggf. Gespräche mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht.

       4.6Der Polizeibeamte als Sachverständiger35

      438Die Tätigkeiten und Wirkungsfelder von Sachverständigen unterschiedlicher Fachrichtungen haben in den vergangenen Jahrzehnten im Rahmen des Strafverfahrens ständig an Bedeutung gewonnen, was auch auf neue Erkenntnisquellen der zugrundliegenden Wissenschaften zurückzuführen ist. Die Bereiche der Einschaltung von Sachverständigen, die von Staatsanwaltschaft und Gericht im Falle mangelnder eigener Sachkunde beauftragt werden, sind mannigfaltig – der Einsatz reicht von Fragen der Altersbestimmung bei Beschuldigten über DNA-Gutachten und Schuldfähigkeitsbegutachtungen bis hin zu Verkehrsunfallrekonstruktionen. Insbesondere weil eine Vielzahl kriminaltechnischer Untersuchungen durch Polizeibehörden durchgeführt wird, sind Polizeibeamte immer wieder als Sachverständige im Strafverfahren tätig und zunehmend auch Angriffen der Verteidigung ausgesetzt. So beschäftigen sich Verteidiger vor allem in Verfahren der Schwerkriminalität durchaus selbst eingehend mit der zugrunde liegenden Materie, lassen sich fachkundig beraten, holen Gegengutachten ein und stellen – teilweise auch unzulässige – Fragen, mit denen sich der Polizeibeamte auseinandersetzen muss.

      439Unter einem Sachverständigen wird grundsätzlich eine Person verstanden, die auf einem bestimmten Fachgebiet mit einer besonderen Sachkunde ausgestattet ist. EuroExpert, die European Organisation for Expert Associations, definiert den Begriff des Sachverständigen wie folgt: „Der Sachverständige ist eine unabhängige integre Person, die auf einem oder mehreren bestimmten Gebieten über besondere Sachkunde sowie Erfahrung verfügt. Der Sachverständige trifft aufgrund eines Auftrages allgemeingültige Aussagen über einen ihm vorgelegten oder von ihm festgehaltenen Sachverhalt. Er besitzt ebenfalls die Fähigkeit, die Beurteilung dieses Sachverhaltes in Wort und Schrift nachvollziehbar darzustellen.“

Praxistipp:
440 Das bedeutet jedoch nicht, dass der Sachverständige über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen muss – Sachverständiger kann letztlich jeder sein, der auf seinem Fachgebiet über Expertenwissen verfügt, also auch ein Angestellter, Handwerksmeister oder eben ein „ganz gewöhnlicher Polizeibeamter“.

      441Im Rahmen des Strafprozesses wird – unabhängig von der Sachkunde – jedoch nur als Sachverständiger tätig, wer aufgrund eines behördlichen Auftrages handelt, also von Gericht, Staatsanwaltschaft oder Polizei entsprechend herangezogen wird. Von der Verteidigung beauftragte Gutachter sind zunächst lediglich als sachverständige Zeugen zu bewerten.

       4.7Abgrenzung zum Zeugen

      442Die Funktion des Polizeibeamten als Sachverständiger ist grundsätzlich von der des Zeugen zu unterscheiden. Da die Pflichten und Rechte eines Zeugen von denen eines Sachverständigen erheblich abweichen, ist eine klare Zuordnung erforderlich, in welcher prozessualen Funktion eine Aussage erfolgt, wobei insbesondere Polizeibeamte, die als Zeuge geladen worden sind, sich aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse häufig unerwartet in einer Doppelrolle wiederfinden. Insoweit ist eine Begriffsklärung notwendig: Während der Zeuge über Wahrnehmungen aussagt, die er entweder mit besonderer Sachkunde ohne behördlichen Auftrag als sachverständiger Zeuge (vgl. § 85 StPO) oder ohne besondere Sachkunde mit oder ohne behördlichen Auftrag gemacht hat, ist Sachverständiger derjenige, der über Wahrnehmungen aussagt, die er im Auftrag des Gerichts, der Staatsanwaltschaft oder der Polizei aufgrund seiner Sachkunde gemacht hat.36

       Beispiel:

      443Wenig problematisch ist die Rollenzuordnung, wenn ein Beamter des BKA oder des LKA ein Gutachten zur Identität daktyloskopischer Spuren oder Werkzeugspuren erstatten soll – er (oder seine Behörde) wird dann selbstverständlich als Sachverständiger tätig. Schwieriger wird die Einordnung jedoch, wenn ein Polizeiarzt, der eine Blutprobe entnommen hat, nicht nur über den Eingriff und den Zustand des Beschuldigten während der Blutentnahme berichten soll (insoweit Sachverständiger), sondern auch über die bei dieser Gelegenheit gemachte geständige Einlassung des Beschuldigten.

      444Hinsichtlich der Angaben des Beschuldigten ist der Arzt nämlich als Zeuge zu vernehmen und entsprechend zu belehren.

       Beispiel:

      445Gleiches gilt für den Polizeibeamten, der als Zeuge über seine Wahrnehmungen hinsichtlich einer Trunkenheitsfahrt aussagt, sodann aber vom Gericht über die technische Funktionsweise eines Atemalkoholgerätes befragt wird.

      446Besteht ein behördlicher Auftrag, ist für die Einordnung letztlich maßgebend, über welche Art von Tatsachen eine Aussage erfolgt. Es ist zu unterscheiden zwischen Anknüpfungstatsachen, Befundtatsachen und Zusatztatsachen. Die beauftragende Behörde stellt dem Sachverständigen zunächst die sog. Anknüpfungstatsachen zur Verfügung, also die Umstände, von denen der Sachverständige in seinem Gutachten auszugehen hat. Der Sachverständige teilt sodann ggf. die Befundtatsachen mit, also die Wahrnehmungen, die er nach dem Inhalt des Auftrags aufgrund seiner Fachkunde gemacht bzw. ermittelt hat, um zu seinen Schlussfolgerungen zu gelangen. Befundtatsachen sind also beispielsweise naturwissenschaftliche Wahrnehmungen des Sachverständigen am Körper oder Verhalten einer Person oder am Tatort bzw. an Tatgegenständen. Insoweit wird der Gutachter ausschließlich in der Rolle des Sachverständigen tätig. Anders liegt der Fall, wenn der Polizeibeamte im Rahmen der Erfüllung seines Auftrages durch gezielte Ermittlung oder zufällig Wahrnehmungen macht, für die es nicht seiner besonderen Sachkunde bedarf, sondern

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