Vernehmungen. Heiko Artkämper

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Vernehmungen - Heiko Artkämper

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Praxistipp: 414 Der Zeuge sollte auf die Regelungen des § 69 Abs. 1 und 2 StPO verweisen; wird keine Frage gestellt, so besteht auch keine Notwendigkeit für eine Antwort (und erst recht nicht für eine Konversation).

       4.5.4.2.2Erforschung der Persönlichkeit und des Privatlebens

      415Eine Erforschung der Persönlichkeit findet häufig schon bei der Angabe der Personalien statt; der Zeuge wird – nach Angabe des Dienstortes – zu seinem Wohnort befragt oder diese Frage verkappt (z. B. als Frage nach der Angabe der Festnetztelefonnummer) gestellt.

Praxistipp:
416 § 68 StPO setzt hier eindeutige Grenzen.

      417Grundsätzlich zulässig sind hingegen solche Fragen, die sich auf den beruflichen Werdegang und möglicherweise erworbene Qualifikationen des Polizeibeamten beziehen; eine Grenze bilden hier solche Antworten, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen (§ 54 StPO).

      418Fragen zum Leumund (Vorstrafen, Disziplinarverfahren …) werden von den Gerichten regelmäßig zugelassen, obwohl sie nur in den Grenzen des § 68a Abs. 2 StPO zulässig sind: Es gibt keinen guten oder schlechten Leumund; dies gilt selbst dann, wenn der Zeuge einschlägige Vorstrafen (falsche Verdächtigung, Aussagedelikte …) aufweist.

      419Fragen, die den darüber hinausgehenden persönlichen Lebensbereich des Zeugen (Familienstand, Religion, Vereinszugehörigkeit …) betreffen, oder sich gar in dessen Intimbereich erstrecken (sexuelle Vorlieben …), sind nur zulässig, wenn deren Beantwortung zur Erforschung der Wahrheit unerlässlich ist. Beliebt sind auch – insbesondere bei weiblichen Zeugen – ausdrückliche oder stillschweigende Vorwürfe sexueller Großzügigkeit bei Vorgesetzten zur Förderung der Karrierechancen („Sie sind noch so jung und schon Kriminalhauptkommissarin! Haben Sie einen Mentor in Ihrer Behörde?”).

Praxistipp:
420 Einschlägig ist § 68a StPO. Die Norm lässt Fragen, die den persönlichen Lebensbereich betreffen, nur zu, wenn diese Befragung unerlässlich ist, was bedeutet, dass sonst die Wahrheit nicht aufgeklärt werden könnte.

      421Gleiches gilt letztlich für provokative und beleidigende Fragen; hier ist allerdings insbesondere darauf zu achten, ob überhaupt eine Frage oder nur eine Behauptung vorliegt.

Praxistipp:
422 Im Zweifelsfall mit Schweigen reagieren und – mit Blick auf den Vorsitzenden – dessen Reaktionen abwarten.

       4.5.4.2.3Rollenfremde Fragen

      423Rollenfremde Fragen zeichnen sich dadurch aus, dass der Zeuge nicht nur aus der Rolle des Zeugen in die des Angeklagten gedrängt, sondern

      –zu einem Sachverständigen gemacht werden soll, oder

      –er als Zeuge zu seinem Wissen (z. B. zu irgendwelchen Normen des Strafrechts) abgefragt und daher in die Rolle eines Prüflings versetzt wird.

Praxistipp:
424 Derartige Fragen muss und sollte der Beamte nicht beantworten und insoweit auf seine Rolle als Zeuge hinweisen, dessen Aufgabe es ist, von ihm Wahrgenommenes wiederzugeben.

       4.5.4.2.4Nach den §§ 240, 241 StPO unzulässige Fragen

      425Eine weitere Reihe von Fragen ist nach den §§ 240, 241 StPO unzulässig. Es handelt sich dabei insbesondere um

      –Wiederholungsfragen,

      –Wissensfragen,

      –ehrenrührige Fragen,

      –Suggestivfragen, wobei letztere teilweise als zulässig erachtet werden, ihrer Beantwortung allerdings grundsätzlich kein Beweiswert zukommt,

      –Fragen nach dem persönlichen Lebensbereich,

      –Fragen aus dem Persönlichkeits- und/oder Intimbereich und

      –(Ausforschungs-)Fragen, deren Beantwortung nicht von der Aussagegenehmigung gedeckt ist.

Praxistipp:
426 Eine Beanstandung macht nur Sinn, wenn durch die Fragestellung das System erkennbar wird, den Zeugen „kaputtfragen” zu wollen. Bei mehrfachen Wiederholungsfragen der Verfahrensbeteiligten beispielsweise sollte der Zeuge den Staatsanwalt und das Gericht darauf aufmerksam machen („Das habe ich jetzt schon dreimal erzählt …”).

       4.5.4.2.5Protokollierungsanträge und Suggestivbemerkungen

      427Eine weitere Struktur aggressiven Verhaltens besteht in der Stellung von Protokollierungsanträgen und der Häufung von suggestiven Bemerkungen („Sie müssten doch wissen …, ich weise Sie nochmals auf Ihre Wahrheitspflicht und die Strafbarkeit einer Falschaussage hin“, …).

      428Das Strafverfahren sieht an zwei Stellen die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit einer wörtlichen Protokollierung vor: So ist ein Protokoll zu erstellen, wenn eine Straftat in der Sitzung begangen wird (§ 183 GVG) oder wenn es – was praktisch kaum der Fall ist – auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung ankommt (§ 273 Abs. 3 S. 1 StPO). Letztendlich bestimmt allein der Vorsitzende, was in das Protokoll aufgenommen wird; er wird derartige Protokollierungsanträge regelmäßig zurückweisen.

Praxistipp:
429 Antragstellung und Hinweise sind nicht zu unterbinden und auch zulässig, sollen aber den Zeugen verunsichern und provozieren: Erfolgen keine Reaktionen des Gerichts, bleibt dem Polizeibeamten nur die Möglichkeit, ruhig und gelassen zu schweigen, zumal regelmäßig keine Fragen

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